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# taz.de -- Guttenberg-Satire auf Sat.1: Gutti, Forpel, Donnersdings
> In der Guttenberg-Satire „Der Minister“ hebt sich zwischen albernen
> Namenswitzchen und Trottel-Klamauk nur Frau Murkel ab. Für den Namen kann
> sie ja nichts.
Bild: Kai Schumann als tumber von und zu Donnersberg und Katharina Thalbach als…
BERLIN taz | Ja, die Bild war auch vor Ort. Gut, das ist keine
Überraschung, wenn in Berlin eine Premierenfeier ansteht, auf der Frauen
mit großen Ohrringen und passend zur Farbe der Schuhe lackierten
Fingernägeln rumlaufen und ständig kichern müssen, wenn sie M&M’s aus den
Porzellanschalen fingern. Die Damen wissen: Erlaubt ist das nicht, aber
heute Abend, ach, da lassen wir den Guttenberg mal Donnersberg sein, die
Merkel mal Murkel. Das hungern wir morgen wieder runter.
Zwischen diesen vielen Frauen schleicht also ein kleiner Mann von Bild
umher: Ernst Elitz, der Meinungskastenonkel der Boulevardzeitung, der sich
selbst gern als „Gründungsintendant des Deutschlandradios“ bezeichnende
Nicht-Gründungsintendant des Deutschlandradios. Die Bild zeigt Präsenz.
Dabei kommt das in „Der Minister“ als „Blitzkurier“ bezeichnete Blatt im
Film am schlechtesten weg. Na gut, am zweitschlechtesten – nach
Karl-Theodor zu Guttenberg.
Der wird in dem Werk von Uwe Janson (Regie) und Dorothee Schön (Buch) als
so blöd dargestellt, dass es einen nicht gewundert hätte, wenn dieser tumbe
Franz Ferdinand von und zu Donnersberg (Kai Schumann) irgendwann aus
Versehen das Atmen vergessen hätte – und einfach in seinen dekadenten Pool
geplumpst wäre. Ist er aber nicht. Stattdessen wird aus der Sicht seines
Ghostwriters Max Drexel (Johann von Bülow) der Aufstieg und Fall dieses
Blenders aus der fränkischen Provinz erzählt.
Diese Erzählperspektive ist der einzige dramaturgische Kniff, der Autorin
Schön einfiel respektive einfallen durfte. Ansonsten wird schlicht
überspitzt nacherzählt, was wir alles schon gesehen und gelesen haben. Es
werden Guttenbergs reale Steilvorlagen verwertet, neue Spielzüge oder gar
eigene Kabinettstückchen versuchen die Macher gar nicht erst aufzuführen.
## Forpel und weitere Namenswitzchen
„Dieser Film hat ja schon für sehr viel Furore gesorgt“, rühmte sich
Sat.1-Geschäftsführer Nicolas Paalzow vor der Aufführung auf der Bühne des
Delphi Filmpalasts. Dabei hatte der Film eigentlich nur für Angst und
Schrecken gesorgt, als herauskam, dass eine Satire über Guttenberg mit dem
Namen von und zu Donnersberg, mit einer Kanzlerin Angela Murkel, dem
Autohersteller Forpel und weiteren Namenswitzchen entstehen würde.
Gutti – oder in diesem Fall Donni – entschließt sich Politiker zu werden,
obwohl er keine eigene Meinung oder Agenda oder Können hat, aber sein Vater
will es halt so. Donnersberg zieht in den Bundestag ein (weil ihm sein
Ghostwriter Max die Worte in den Mund legt), Donnersberg wird
Wirtschaftsminister, Donnersdings will den Autobauer Forpel insolvent gehen
lassen (weil Max ihm das gesagt hat), Donnerstag lässt sich am Times Square
fotografieren, Donnermolke wird Verteidigungsminister und setzt die
Wehrpflicht aus (weil Max ihm das geraten hat), Donnerundblitz fliegt mit
Frauchen (Alexandra Neldel) nach Afghanistan (weil ihm das
„Blitz“-Chefredakteur Breitmann eingeredet hat), Donnerlittchen will
Kanzler werden (wieder eine Idee von „Blitz“-Boss Breitmann) und stolpert
am Ende über eine Dissertation, die er nicht selbst geschrieben hat
(sondern sein Ghostwriter Max).
## Katharina Thalbach wirklich amüsant
Die einzige, die sich von dem ganzen
Haha-wir-zeigen-wie-Zweitklässler-mit-dem-Finger-auf-den-hingefallenen-Trot
tel-Klamauk wohltuend abhebt, ist Katharina Thalbach als Kanzlerin – für
den Namen Murkel kann sie ja nichts. Wie sie mit hochgezogenen Schultern in
ihren Sakkos die Kabinettsrunden leitet oder ihrem Mann gegenüber bei
Brötchen und Aufschnitt die Minister abwatscht, das ist wirklich amüsant.
Vermutlich weil Thalbach als einzige ihre Figur ernst nimmt, ihr dadurch
eine gewisse Würde verleiht und so eine Fallhöhe für Scherze schafft: „Es
gibt Dinge, von denen wollen die Menschen nicht genau wissen, wie sie
gemacht werden: Gesetze und Kriege – und Wurst.“ Thalbach bekam zurecht den
lautesten und längsten Applaus.
Und zum Schluss bedankte sich Produzent Nico Hofmann noch bei Sat.1: „Kein
anderer Sender hat den Film gewollt.“ Er meinte, dass das für den Mut von
Sat.1 spreche. Vielleicht spricht es aber auch nur für alle anderen Sender.
## „Der Minister“, Dienstag, 12. März, 20.15 Uhr, Sat.1
5 Mar 2013
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
Sat.1
Fernsehen
TV
Karl Theodor zu Guttenberg
Satire
Christian Wulff
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