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# taz.de -- Tod im Vergewaltigerprozess in Indien: Anwälte zweifeln Selbstmord…
> Wie starb Ram Singh? Die Anwälte des Angeklagten im Prozess um eine
> Gruppenvergewaltigung glauben nicht an einen Freitod. Kameras gab es in
> der Zelle nicht.
Bild: Anwalt Anand im Zentrum des Medieninteresses.
NEU DELHI taz | Es war ein Wächter, der Ram Singh um 5 Uhr morgens tot in
seiner Zelle fand. Er wollte ihn für seinen Verhandlungstermin vor Gericht
abholen.
Singh war einer der Hauptangeklagten im Prozess um [1][die brutale
Vergewaltigung einer Delhier Medizinstudentin], die vor wenigen Wochen ganz
Indien erregt hatte. Der 33-jährige Busfahrer war des Mordes beschuldigt,
ihm drohte die Todesstrafe.
Singh soll sich nach Angaben der indischen Gefängnisbehörden an einem
Kleidungsstück erhängt haben. Weder seine weiteren Zelleninsassen noch das
reguläre Aufsichtspersonal sollen seinen Tod vorher bemerkt haben. Dabei
galt Singh offiziell als selbstmordgefährdet und stand deshalb unter
besonderer Überwachung. Angehörige und Anwälte des Toten zweifeln an der
Selbstmordtheorie der Behörden.
Noch am gleichen Morgen ordnete der indische Innenminister Sushilkumar
Shinde eine Untersuchung der Todesumstände an. Offenbar gab es keine
Kameraüberwachung in der Zelle, obwohl sich Singh in einem so genannten
Hochsicherheitstrakt befand.
Singh wurde vorgeworfen, am 16. Dezember vergangenen Jahres mit vier
anderen Männern und einem Jugendlichen die 23-jährige Medizinstudentin in
seinen Bus gelockt, mehrfach vergewaltigt und mit einer Eisenstange in der
Vagina schwer misshandelt zu haben. Die Studentin starb zwei Wochen später
an ihren inneren Verletzungen.
## Foltervorwürfe erhoben
Angehörige und der Anwalt des Angeklagten schlossen einen Selbstmord aus.
Singh trug seit Jahren eine Schiene in der rechten Hand und konnte diese
nicht bewegen. „Er hätte sich mit einer Hand nie das Leben nehmen können“,
sagte Mange Mal Singh, der Vater Ram Singhs. Die Familie lebt in einem Slum
im Süden Delhis. Seine Mutter Kalyani Devi berichtete, dass ihr Sohn über
Folter in der Haft geklagt und ihr Schlag- und Schürfstellen gezeigt hatte.
Auch Singhs Anwalt V. K. Anand behauptete, sein Mandant sei in den letzten
zwei Monaten häufig in der Haft gefoltert worden. „Ich hatte mit ihm
zuletzt täglich zu tun. Wenn er Selbstmord verübt hätte, hätte er ein
Schreiben hinterlassen“, bezweifelte auch Anand die Selbstmordthese der
Behörden.
Er und die Anwälte der drei anderen Angeklagten im Vergewaltigungsprozess
forderten eine Verlegung des Prozesses an einen Ort außerhalb Delhis. Das
Tihar-Gefängnis in Delhi, wo die Angeklagten einsäßen, sei für sie kein
sicherer Ort mehr. Aus Protest nahmen die Anwälte am Montag nicht am
Verhandlungstermin vor Gericht teil. Der Prozess findet seit Ende Januar
vor einem Schnellgericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
## „Jetzt wird es schwer, ein Exempel zu statuieren“
Unabhängige Beobachter wie die ehemalige Delhier Polizeichefin Kiran Bedi
mahnten im Fall Singhs den Autopsie-Bericht abzuwarten. Enttäuscht
reagierte der Bruder des Vergewaltigungsopfers: „Ich wollte, dass Singh
öffentlich gehängt wird“, sagte der 20-Jährige.
Aber auch Frauenorganisationen waren entsetzt: „Die Justiz hätte ihren Weg
gehen und ein gerechtes Urteil sprechen müssen. Jetzt wird es schwer, mit
dem Prozess ein Exempel zu statuieren“, sagte Kavita Krishnan von der All
India Progressive Women‘s Association.
11 Mar 2013
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## AUTOREN
Georg Blume
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