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# taz.de -- Kinderbetreuung: Etwas Besseres als Penny …
> TagespflegerInnen arbeiten selbstständig, für weniger als den
> Mindestlohn. Das legte die Sozialdeputation fest. Dabei ist Bremen auf
> sie angewiesen.
Bild: Das Tagesmütter-Modell hat Vorteile - für Kinder, Eltern und die Stadt.
Wo zu wenig beginnt, und wo zu viel endet, das sind so
Gerechtigkeitsfragen, bei Gehältern. Oder auch bei Entgelten, wie es hier,
im Falle der Tagesmütter, korrekter heißen muss. Denn die sind ja keine
Angestellten, sondern, das ist auf Bundesebene 1999 verfügt worden,
Selbstständige. Folglich gibts keinen Tarifvertrag für sie. Es gibt aber
auch keine Gebührenordnung. Stattdessen bekommen Tagespflegepersonen (TPP)
eine „Geldleistung“, so steht’s im Sozialgesetzbuch. Die soll den
Sachaufwand erstatten plus „einen Betrag zur Anerkennung der
Förderleistung“. Und der sei „leistungsgerecht auszugestalten“.
Leistungsgerecht – was das heißt, darüber gibt es unterschiedlichste
Vorstellungen. In Bremen wird’s von der Sozialdeputation festgelegt,
nämlich 1,95 Euro pro Stunde pro Kind: Beraten hat die Sozialdeputation
allerdings nur über einen kumulierten Gesamtbetrag in den die
Sachleistungen und Pflichtversicherung eingerechnet waren: also 3,90 Euro
pro Stunde pro Kind.
Das muss sich nach viel angehört haben für die Betroffenen, die da waren,
bei der Sitzung Mitte Februar. Aber je mehr sie gerechnet haben, desto
weniger ist von der anfänglichen Freude geblieben. Denn, außer wenn sie
fertig ausgebildete Erzieherin ist – das sind nur 20 Prozent der
Tageseltern – darf eine TPP nicht mehr als vier Kinder aufnehmen. Pro
Stunde bekommt sie bei einem Satz von 1,95 also 7,80 Euro – 70 Cent weniger
als im Land Bremen als Mindestlohn gelten. Und da wiederum Flexibilität der
große Trumpf dieses Betreuungsmodells ist, verbringen die Tageseltern meist
nur eine schmale Kernzeit mit dem Maximum an Betreuungsgästen: Die eine
Familie bringt ihr Kind ab 6.30 Uhr, aber es wird noch vorm Mittagsschlaf
geholt. Bei der nächsten ist erst um 17 Uhr Schicht. Die Kita passt ihre
Schließzeiten nicht an. Die Tagesmutti schon.
Mittlerweile wächst der Zorn: „Da gibt es viel Aufregung“, bestätigt die
Geschäftsführerin von Pflegekinder in Bremen, Monika Krumbholz, „wir sitzen
da genau dazwischen“. Die gemeinnützige GmbH hat eine Art Maklerfunktion
zwischen Stadt und den 330 Tagespflegepersonen (TPP) übernommen. Sie sorgt
für deren Qualifikation, kontrolliert ob ihre Räume sich eignen – und
vermittelt die Kinder. Knapp 1.000 sind es in der Stadt, 718 davon aus dem
Segment unter drei Jahren: Kinder also, für deren Betreuung es ab 1. August
einen neuen Rechtsanspruch gibt. Aber noch nicht ausreichend Plätze.
„Von mir aus könnten die TPP auch das Doppelte bekommen“, sagt Krumbholz am
Telefon, „sofort“. Insgesamt aber wirkt das Wohlwollen gegenüber den TPP so
ausgeprägt nun auch wieder nicht. So stellt Krumbholz auch klar, dass diese
sich „immer benachteiligt fühlen“. Und bei einem „Runden Tisch“ zum Th…
war’s Ende vergangener Woche richtig hoch hergegangen: „Wenn Sie einen
Arbeitsvertrag wollen, dann gehen Sie doch zu Penny an die Kasse!“, hatte
Susanne Kuhnke, die Abteilungsleiterin Kinderpflege bei PiB den
aufgebrachten Tageseltern entgegengeschleudert. Ähnliches ist aus dem
Sozialressort zu hören: „Als Gesamtpaket scheint das Modell so viele
Vorteile zu haben, dass es doch eine ganze Reihe Leute machen“, informiert
Senatorinnensprecher Bernd Schneider die taz. Eine Gleichstellung zwischen
einem ErzieherInnengehalt nach Tarif und dem Entgelt einer TPP wäre
„politisch nicht durchsetzbar“ – obwohl beide laut SGB gleichwertig den
Rechtsanspruch auf Betreuung erfüllen, also gleiche Leistung erbringen. Die
Frage, ob die Bezahlung dem Bremischen Mindestlohngesetz entspreche, stellt
sich laut Schneider nicht: „Es sind ja keine Angestellten.“ Das klingt nach
einer bequemen Ausflucht.
Tatsächlich ist auch nach Stefan Sell „dieser freundlich gesagt
Hybrid-Status“ ein wichtiges Hemmnis für eine gerechtere Vergütung: Der
Direktor vom Koblenzer Institut für Bildungs- und Sozialpolitik hat gerade
eine bundesweite Vergleichsstudie zur „leistungsorientierten Vergütung in
der Kindertagespflege“ vorgelegt – „vom Wort leistungsgerecht haben wir
eigenmächtig Abstand genommen“, erklärt der Professor der taz. Die
Vergütungsstrukturen würden von sehr vielen TPP als demotivierend
empfunden: „Besorgniserregend“ sei, dass sich infolge dessen viele einen
längeren Verbleib im Bereich der Tagespflege „nicht vorstellen können“.
12 Mar 2013
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
Benno Schirrmeister
## TAGS
Tagesmütter
Bremen
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