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# taz.de -- Prekäre Kinderbetreuung: Tageseltern warten wieder
> Der Unmut bei Tagesmüttern und -vätern wächst: Viele von ihnen haben am
> ersten August weder Bewilligungen für ihre Betreuungskosten noch Geld
> bekommen .
Bild: Eine Tagesmutter betreut Kinder. Ob sie außer der Freude an deren Bilder…
Seit dem ersten August gelten für Tagesmütter- und väter in Bremen neue
Regelungen, denn Eltern, die ab sofort einen Rechtsanspruch auf einen
U-3-Kitaplatz haben, sollen ihre Kinder zu den gleichen Bedingungen bei
einer „Tagespflegeperson“ abgeben können. Die neuen Konditionen, beklagen
die Tageseltern, seien für sie jedoch schlechter als bisher (die taz
berichtete) – und hinzu kommt nun auch noch: Viele der Tageseltern haben am
ersten August kein Gehalt bekommen.
Konnten die Tagesmütter und -väter bisher frei entscheiden, ob sie
zusätzlich zu den kommunal festgelegten Stundenpauschalen den Eltern ihrer
Schützlinge zum Beispiel Aufschläge für Essen oder Miete in Rechnung
stellten, dürfen sie das nun nicht mehr. Dafür ist die Pauschale erhöht
worden. „Aber“, sagt dazu Tagesmutter Elisabeth Lahusen, „die Betreuung in
den Abendstunden ist dabei nicht vorgesehen.“
Zum Beispiel bei einer Alleinerziehenden im Schichtdienst, die erst um 22
Uhr zuhause ist: „Ihr Kind betreue ich logischerweise alleine und in ihrer
Wohnung, nicht gemeinsam mit drei oder vier anderen Kindern bei mir“. Für
ein Kind bekomme sie aber pro Stunde nur die ganz normale Pauschale von
3,90 Euro. „Bisher konnte ich mir die von der Mutter so aufstocken lassen,
dass ich auf einen vernünftigen Stundenlohn gekommen bin, aber jetzt darf
ich das nicht mehr“, sagt Lahusen. Also macht die ehemalige
Vollzeit-Tagesmutter das auch nicht mehr: „Ich betreue nur noch ein Kind
für 15 Stunden in der Woche, ansonsten arbeite ich jetzt in einem Betrieb
als Schreibkraft.“
Auch Katja Regnier war kurz davor hinzuschmeißen, denn sie wartet seit
April auf die Bewilligung der Anträge zur Verlängerung der Kostenübernahme
ihrer vier Tagespflege-Kinder durch die Wirtschaftliche Jugendhilfe (WJH)
beim Amt für Soziale Dienste. Werden die alten Anträge nicht bis Ende Juli
verlängert, steht die Tagespflegeperson ohne Geld da.
Nachdem Regnier Anfang dieser Woche aufgrund der noch immer fehlenden
Verlängerungen an die Öffentlichkeit gegangen war, „war plötzlich das Geld
für drei Kinder auf meinem Konto“, erzählt sie. „Aber für das vierte Kind
fehlt es noch immer, und Bescheide habe ich überhaupt noch nicht bekommen.“
Jedes Jahr sei es das Gleiche: „Im letzten August wurde meine
Krankenversicherung nicht abgebucht, weil mein Geld noch nicht da war –
wenn ich keinen berufstätigen Ehemann hätte, würde ich das gar nicht mehr
machen.“
Matthias Schadwinkel hingegen ist alleinerziehender Vater von zwei Söhnen
und wartet ebenfalls noch auf die Bescheide, „und wenn mein Geld nicht bis
morgen da ist“, sagte er gestern, „dann wird die Miete zurückgebucht.“ S…
April 2012 ist er Tagesvater, und bis vor Kurzem hat er noch aufstockend
Hartz IV bekommen, denn erst seit Anfang des Jahres betreut er vier Kinder:
„Vorher waren es drei, und davon konnte ich nicht leben.“
Auch sein jetziges Gehalt reiche kaum aus: „Um Reserven beiseite schaffen
zu können, zum Beispiel für eine neue Waschmaschine, bräuchte ich fünf
Kinder.“ Aber er ist zufrieden, „denn der Job macht mir sehr großen Spaß …
wenn da nicht diese Existenzängste wären.“ Eine Kollegin habe 2012 über
sechs Monate auf ihre Bescheide warten müssen. „Man hat das Gefühl“, sagt
Schadwinkel, „dass wir in der Kinderbetreuung das Billigangebot sind und
auch so behandelt werden.“
Bernd Schneider, Sprecher der Sozialsenatorin, sagt indes, „dass die
Anträge aufgrund der Neuregelungen doppelt bearbeitet werden und es deshalb
vereinzelt zu Verzögerungen kommen kann“ – die außerdem „überdramatisi…
würden: „Es handelt sich um eine Verspätung von wenigen Tagen“. Dass die
Bescheide auch schon in den letzten Jahren zu spät kamen, räumt er ein,
„aber die neuen Berechnungen sind viel unkomplizierter, und im nächsten
Jahr muss ja nichts mehr doppelt bearbeitet werden“.
Überhaupt, sagt er, sei ihm kaum ein Bereich bekannt, „wo eine so selektive
Darstellung der Tatsachen herrscht wie bei der Tagespflege“. Denn vieles
sei sehr viel besser geworden: „Und berechtigt begründete Mehrkosten werden
auch nach wie vor von uns übernommen – die Tagesmutter muss dafür aber auch
einen Antrag stellen.“
1 Aug 2013
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
Bremen
Tagesmütter
Kita
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