# taz.de -- Streit um Grundstücksvergabe: Der Liegenschaftsfonds soll sterben | |
> Die SPD will den umstrittenen Liegenschaftsfonds jetzt abschaffen. | |
> Vertreter der Opposition glauben nicht so recht an einen Neuanfang. | |
Bild: In der Debatte um steigende Mieten geht es auch um den Liegenschaftsfonds. | |
Die SPD will den Berliner Liegenschaftsfonds auflösen. Das ist der Inhalt | |
eines Antragsentwurfs der Abgeordnetenhausfraktion, der der taz vorliegt. | |
Damit würden die Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik und die Abkehr vom | |
vorrangigen Verkauf von Landesgrundstücken „politisch abgebildet“, heißt … | |
in der Begründung. „Es geht künftig nicht mehr um das Verkaufsprinzip, | |
sondern um einen Vorrang des strategischen Haltens landeseigener | |
Grundstücke“, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh am Freitag der taz. | |
Seit seiner Gründung im Jahr 2001 hat der Liegenschaftsfonds fast 7.000 | |
landeseigene Immobilien verkauft und damit 2 Milliarden Euro in die klammen | |
Kassen gespült. Doch diese Verkaufspolitik kritisieren seit Jahren viele – | |
innerhalb und außerhalb des Parlaments. Ihr Argument: Berlin beraube sich | |
damit selbst der Möglichkeit, öffentlichen Raum für soziale, kulturelle und | |
stadtentwicklungspolitische Ziele zu nutzen. Deshalb soll das Konzept | |
„Transparente Liegenschaftspolitik“ von Finanzsenator Ulrich Nußbbaum | |
(parteilos) einen Paradigmenwechsel einläuten. Erst Anfang Februar haben | |
die Fraktionen der Koalitionäre SPD und CDU diesem Konzept ihren Segen | |
gegeben. | |
Dabei ist umstritten, inwieweit Nußbaums Plan tatsächlich einen | |
Paradigmenwechsel darstellt. Die Linke kritisiert, es gehe dem Senat in | |
Wirklichkeit nur darum, die Verkaufspolitik zu optimieren. Das jetzt von | |
der SPD geforderte Ende des Liegenschaftsfonds sei übereilt und nicht | |
durchdacht, sagte die Linken-Sprecherin für Stadtentwicklung, Katrin | |
Lompscher, der taz: „Die Liegenschaftspolitik der Koalition besteht weiter | |
aus purem Aktionsimus.“ Beim Koalitionspartner CDU hingegen will man bisher | |
von gar nichts wissen: „Der Vorschlag zur Auflösung des Liegenschaftsfonds | |
ist mit uns nicht abgestimmt, es liegen uns auch keine Antragsinitiativen | |
dazu vor“, so Fraktionssprecher Michael Thiedemann. | |
Dabei sind die neuen SPD-Pläne schon recht ausgereift: Demnach sollen Teile | |
des Liegenschaftsfonds, etwa die Abteilung, die zurzeit 1.300 vom Land | |
abgeschlossene Erbbauverträge verwaltet, in der landeseigenen Berliner | |
Immobilienmanagement GmbH (BIM) aufgehen. Die kümmert sich bereits um die | |
Verwaltung und energetische Sanierung von 1.500 Gebäuden, von denen die | |
meisten dem Land gehören und an dessen Verwaltungen vermietet werden. Der | |
mit Regierungs-, Oppositions-, Bezirks- und Wirtschaftsvertretern besetzte | |
Aufsichtsrat des Liegenschaftsfonds soll zum Kontrollgremium der BIM | |
mutieren. | |
## Auch weiterhin Verkäufe | |
Schon zu Wochenbeginn hatte Finanzsenator Nußbaum erklärt: „Wenn wir nicht | |
mehr so viel verkaufen, müssen wir auch den Aufgabenzuschnitt und eventuell | |
die Zahl der Mitarbeiter des Liegenschaftsfonds in den unterschiedlichen | |
Bereichen anpassen.“ Grundstücke sollten aber weiterhin verkauft werden | |
können, zum Beispiel „an Investoren, die einen neuen Unternehmensstandort | |
aufbauen, Wohnraum schaffen oder ein Kulturprojekt umsetzen“. Auch um diese | |
Verkäufe soll sich nach Vorstellung der SPD-Fraktion künftig die BIM | |
kümmern. | |
Der Sprecher der Freiraum-Initiative „Stadt neudenken“, Florian Schmidt, | |
begrüßte das anvisierte Ende des Fonds als „Chance zum Neuanfang“. Die | |
Gestaltung des künftigen Umgangs mit Landesgrundstücken stehe erst am | |
Anfang, sagte Schmidt, der mit anderen BürgerInnen und Abgeordneten am | |
Runden Tisch zur Liegenschaftspolitik sitzt. „Deshalb ist es enorm wichtig, | |
das die Neuausrichtung im ehrlichen Dialog mit der Zivilgesellschaft | |
stattfindet und nicht Sache einer Handvoll Politiker bleibt“. | |
15 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Puschner | |
## TAGS | |
Berliner Senat | |
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