# taz.de -- Liegenschaftspolitik in Berlin: Volksentscheid als letzter Ausweg | |
> Der runde Tisch stellt 13 Forderungen auf: Auch die Regel, landeseigene | |
> Grundstücke nur zum Höchstpreis zu verkaufen, müsse endlich fallen. | |
Bild: Wo kann in Berlin bald billig gebaut werden? | |
Der runde Tisch zur Liegenschaftspolitik, dem auch Abgeordnete aller | |
Fraktionen angehören, drängt darauf, den viel beschworenen neuen Umgang mit | |
landeseigenen Grundstücken Wirklichkeit werden zu lassen. 13 Punkte listet | |
ein Forderungskatalog auf, den die Gruppe am Mittwoch vorstellte. Falls die | |
ignoriert werden, drohte der Koordinator der Runde, Florian Schmidt, mit | |
einem „Volksentscheid als Ultima Ratio“. | |
Der Zusammenschluss, an dem sich neben Kultur- und Kunstschaffenden, | |
Abgeordneten und Stadplanern auch Vertreter des Mietervereins und der | |
Industrie- und Handelskammer (IHK) beteiligen, hatte sich Ende 2012 | |
gegründet und tagte bislang achtmal. Zu den Teilnehmern gehört auch | |
Staatssekretär Ephraim Gothe (SPD) von der Stadtentwicklungsverwaltung. Er | |
ist allerdings kein Unterzeichner des Forderungskatalogs – dafür aber die | |
stadtentwicklungspolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen, Ellen | |
Haußdörfer (SPD) und Stefan Evers (CDU). | |
Im Zentrum der Kritik steht die Senatsverwaltung für Finanzen, der man | |
nicht abnimmt, dass sie tatsächlich vom alten Grundsatz wegwill, nach | |
höchstem Gebot zu verkaufen. Einen jüngsten Beleg dafür sieht der runde | |
Tisch darin, dass der Liegenschaftsfonds, der der Finanzverwaltung | |
unterstellt ist, bei der Immobilienmesse Expo Real in München vergangene | |
Woche weiterhin landeseigene Grundstücke zum Höchstpreis angeboten habe. | |
„Das ist ein kleiner Skandal“, sagte Koordinator Schmidt. Zu den | |
Forderungen des runden Tischs gehört daher, dass nicht die Finanz-, sondern | |
die Stadtentwicklungsverwaltung an zentraler Stelle das Sagen haben soll – | |
im geplanten Portfolioausschuss. | |
Das Abgeordnetenhaus hatte bereits 2010 einen grundsätzlich anderen Umgang | |
mit den landeseigenen Grundstücken beschlossen. Einen Senatsbeschluss zu | |
einem neuen Konzept gab es jedoch erst im vergangenen Dezember. Der für die | |
Finanzen zuständige Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses billigte diesen | |
Beschluss im Januar. | |
Die angesprochenen Senatsverwaltungen mochten die Forderungen gegenüber der | |
taz nur knapp kommentieren. „Es gibt ja ein gültiges Liegenschaftskonzept“, | |
sagte Jens Metzger, Sprecher des parteilosen Finanzsenators Ulrich Nußbaum. | |
Zwischen ihm und Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD), obwohl | |
beide von der SPD-Seite gestellt, kam es seit Senatsbildung Ende 2011 immer | |
wieder zum Streit. Müllers Sprecherin Daniela Augenstein sagte, man sei | |
natürlich an einer Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik interessiert. | |
„Die Finanzverwaltung arbeitet derzeit an einer Neuausrichtung, wir sind in | |
einem konstruktiven Dialog“, sagte sie. | |
Zu den weiteren Forderungen des runden Tischs gehört ein „Rat der Räume“ | |
als Beratungsgremium, der auch Stimmrecht im geplanten Portfolioausschuss | |
haben soll. Eine größere Rolle soll auch das Erbbaurecht spielen – dann | |
würden Grundstücke nicht verkauft, sondern nur langfristig vergeben. | |
Außerdem soll nicht nur der Preis, sondern auch die Nutzung bei einer | |
Vergabe entscheiden, was sich im Kern auch in den bisherigen | |
Senatsüberlegungen als „Konzeptverfahren“ wiederfindet. | |
Für ein solches Verfahren als Möglichkeit sprach sich auf Antrag der | |
rot-schwarzen Koalition auch der wenig später tagende Bauausschuss des | |
Abgeordnetenhauses aus. Er machte aber auch klar: Bei Grundstücken mit | |
„Verkaufsperspektive“ geht es weiter nach höchstem Angebot. | |
17 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
## TAGS | |
Berliner Senat | |
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