# taz.de -- NSU-Streit in Berlins Innenausschuss: Jede Menge offene Fragen | |
> Die Opposition kritisiert Innensenator Henkels Aufarbeitung des | |
> NSU-Terrors scharf. Polizeipräsident Kandt: 15 Berliner Rechtsextreme | |
> untergetaucht. | |
Bild: Wo sind die 15 untergetauchten Neonazis hin, fragt sich Polizeipräsident… | |
Das Urteil der Opposition ist harsch, wenn es um die NSU-Aufarbeitung von | |
Innensenator Frank Henkel (CDU) geht. „Auskunftsverweigerung“ nannten | |
Grüne, Linke und Piraten am Montag im Innenausschuss Henkels Haltung oder | |
„politisch motivierte Aufklärungsbehinderung“. | |
Im September war bekannt geworden, dass die Berliner Polizei mit Thomas S. | |
einen V-Mann führte, der engen Kontakt zum späteren Neonazi-Mördertrio | |
„Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) hielt. Ein Hinweis von S. an | |
seine V-Mann-Führer zum Aufenthaltsort der Untergetauchten versickerte. | |
Henkel versprach danach „Aufklärung mit größtmöglichem Engagement“. | |
Das, kritisierte der Grüne Benedikt Lux, habe der Senator nicht eingelöst. | |
Fragen zum V-Mann seien „nicht ansatzweise beantwortet“, versprochene | |
Berichte blieben aus, die Anhörung der V-Mann-Führer und des damaligen | |
LKA-Chefs würden verweigert. Auch bleibe unklar, welche Rolle ein zweiter | |
Berliner V-Mann aus der rechten Szene, geführt als „VP 620“, im NSU-Komplex | |
gespielt habe. „Auf dieser Grundlage“, so Lux, „ist keine Aufklärung zu | |
leisten.“ | |
Linken-Fraktionschef Udo Wolf kritisierte zudem die „unsägliche | |
Geheimniskrämerei“ des Senats. Zwar seien letzte Woche 18 neue Aktenordner | |
zur Verfügung gestellt worden. Darin seien aber selbst Protokolle von | |
öffentlichen Ausschusssitzungen als vertraulich gekennzeichnet. „Absurd“, | |
schnaufte Wolf. Auch am Montag fand der letzte Teil des Innenausschusses im | |
„Geheimschutzraum“ statt, Auskünfte zu V-Mann „620“ gab es nur dort. N… | |
taz-Informationen war dieser von 2001 bis 2003 Informant des LKA, lieferte | |
Informationen zur rechten Musikszene, auch zum NSU-Helfer Jan W. | |
Allein: Die Opposition hatte gut schimpfen – Adressat Henkel war gar nicht | |
im Ausschuss. Er war auf Kroatienreise für den Bundesrat. Henkels | |
Staatssekretär Bernd Krömer (CDU) nannte die Vorwürfe „Mythologien“: Alle | |
Anfragen seien doch beantwortet, diverse Akten zur Verfügung gestellt, der | |
Bericht eines Sonderermittlers liege vor. Die Geheimhaltung begründete | |
Krömer auch damit, nicht das in einem Monat beginnende Verfahren gegen | |
NSU-Mitglied Beate Zschäpe gefährden zu wollen. | |
Auch Polizeipräsident Klaus Kandt bekräftigte, es gebe keine weiteren | |
Berliner Tatverdächtige oder V-Leute mit NSU-Bezug. Er nannte allerdings | |
eine andere interessante Zahl: 15 Neonazis mit Berlin-Bezug seien derzeit | |
untergetaucht. Kürzlich wurde bekannt, dass bundesweit 266 Rechtsextreme | |
gesucht werden. Auch das NSU-Trio lebte jahrelang im Untergrund. Im | |
Dezember seien noch 26 der Abgetauchten aus Berlin gewesen, teilte Kandt | |
mit, 11 inzwischen gefasst. Sie wurden wegen Propaganda-Delikten oder | |
Beleidigung gesucht, einer auch wegen Raubes, ein zweiter wegen Diebstahls | |
mit Waffen. | |
Udo Wolf kritisierte, dass die Zahlen schon Ende 2011 von seiner Fraktion | |
abgefragt wurden – ohne Auskunft. Dass es mehr als ein Jahr für die Antwort | |
brauche, zeige, dass die Sicherheitsbehörden beim Rechtsextremismus ein | |
„strukturelles Problem“ hätten. Der Opposition bleibe daher nichts weiter, | |
so Wolf, als das Thema NSU „immer und immer wieder im Parlament | |
aufzurufen“. | |
18 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
## TAGS | |
Polizei Berlin | |
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