# taz.de -- Fairere Verfahren vor Gericht: Richterabprachen verboten | |
> Informelle Absprachen von Richtern sind unzulässig. Das Urteil des | |
> Bundesverfassungsgerichtes stärkt die Rechte von Beschuldigten. | |
Bild: Das Bundesverfassungsgericht bei der Urteilsverkündigung. | |
KARLSRUHE afp | Das Bundesverfassungsgericht hat für die in Strafprozessen | |
üblichen Absprachen zwischen Gericht und Angeklagten strenge Vorgaben | |
gemacht. Einem am Dienstag in Karlsruhe verkündeten Urteil zufolge können | |
Richter künftig nicht mehr auf ein Pauschalgeständnis drängen, sondern | |
müssen weiterhin in einer Beweisaufnahme die Schuld eines Angeklagten | |
aufklären und dessen Geständnis „zwingend auf seine Richtigkeit“ prüfen. | |
Zugleich wies das Gericht den Staatsanwälten ein Wächteramt als | |
Kontrolleure von Absprachen zu (Az. 2 BvR 2628/10 u. 2 BvR 2883/10). Die | |
bei vielen Richtern beliebten sogenannten informellen Absprachen noch vor | |
Prozessbeginn und außerhalb des Gesetzes sind unzulässig, betonten die | |
Richter. | |
Grund dafür, dass diese Praxis so verbreitet ist, sei vermutlich ein „nur | |
unzureichend ausgeprägtes Bewusstsein“, so der Strafrichter, „dass es | |
Verständigungen ohne Einhaltung der gesetzlichen Regelungen nicht geben | |
darf“. | |
In einer Umfrage für das Gericht hatten knapp 60 Prozent der Richter | |
eingeräumt, mehr als die Hälfte ihrer Absprachen informell und damit | |
illegal vorgenommen zu haben. Als Hauptgrund hatten sie angegeben, | |
langwierige Beweisaufnahmen vermeiden zu wollen. | |
## Absprachen werden Revisionsgrund | |
Solch ein verkürzter Prozess ist laut Urteil künftig ein absoluter | |
Revisionsgrund. Das Gericht stärkte mit diesem und weiteren | |
Revisionsgründen die Rechte von Angeschuldigten auf ein faires Verfahren, | |
damit sie „Übergriffe staatlicher Stellen angemessen abwehren können“. | |
Laut Urteil kommt der Kontrolle von Absprachen durch die Staatsanwaltschaft | |
nun „eine herausgehoben Bedeutung“ zu. Die Staatsanwälte dürfen sich | |
demnach nicht mehr an informellen Absprachen beteiligen und müssen künftig | |
sogar Rechtsmittel gegen Urteile einlegen, die darauf beruhen. Weil | |
Staatsanwälte an die Weisungen ihrer Dienstherren gebunden sind, kann | |
„diese Kontrollfunktion“ laut Urteil künftig auch nach einheitlichen | |
Standards erfolgen. | |
19 Mar 2013 | |
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