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# taz.de -- Mordfall Burak B.: Keine Spuren, kein Verdacht
> Vor einem Jahr wurde Burak B. in Britz erschossen, die Ermittlungen
> stagnieren. Innensenator Henkel besucht die Familie, eine Initiative ruft
> zu einer Demo auf
Bild: Bislang ist unklar, wer Burak B.tötete.
Es ist ein fast skurriler Auftritt, auch wenn man Innensenator Frank Henkel
(CDU) seine Bewegung anmerkt: 50 JournalistInnen, Fotografen, Kameraleute
erwarten den Senator am Mittwoch vor dem Haus der Familie B., deren Sohn
Burak vor genau einem Jahr in Neukölln erschossen wurde.
Von einem „furchtbaren Anlass“ für seinen Besuch spricht Henkel dann, von
einem Verlust für die Stadt, die „einen jungen Mann verloren hat, den sie
gut gebraucht hätte“. Seine leisen Sätze werden fast übertönt vom Lärm
elektrischer Gartengeräte in der Nachbarschaft: Vorfrühlingsalltag in der
idyllischen Einfamilienhaussiedlung im Ortsteil Britz.
Hier hat sich traditionell der Neuköllner Handwerker sein kleines Häuschen
gebaut, und deshalb passt auch die Familie B. hierher: Einwanderer aus der
Türkei, der Vater selbstständiger Fernsehtechniker, die Mutter
Krankenpflegerin, die drei Kinder in der Schule oder Ausbildung.
Und hier wurde ihre heile Welt vor einem Jahr zerstört: Nur wenige hundert
Meter vom Haus der Familie entfernt erschoss ein Unbekannter in der Nacht
vom 4. auf den 5. April 2012 den damals 22-jährigen Burak. Zwei seiner
Freunde wurden ebenfalls angeschossen und schwer verletzt, zwei weitere
blieben unverletzt. Die fünf jungen Männer russischer, türkischer und
arabischer Abstammung standen an einer Bushaltestelle. Der Schütze war dort
plötzlich auf sie zugekommen und entkam nach der Tat unerkannt. Bis heute
gibt es keinen Hinweis darauf, wer er war.
Buraks Vater Ahmet steht neben Henkel, seine Unterlippe zittert, sein
Gesicht ist weiß. Er sagt nichts, nach Henkels Statement gehen die Männer
ins Haus. Auch Polizeipräsident Klaus Kandt ist da, auch er schweigt.
Es ist wohl der „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak B.“ zu
verdanken, dass der Senator an diesem Tag die Familie besucht. Zu ihr haben
sich Freunde des Getöteten, antirassistische Initiativen und Vereine und
die Opferberatungsstelle ReachOut zusammengeschlossen. Sie wollen, dass der
Fall nicht in Vergessenheit gerät.
## Nazipresse rief zur Rache auf
„Wir hören jetzt seit einem Jahr, dass in alle Richtungen ermittelt werde“,
sagt Helga Seyb von ReachOut, die Sprecherin der Initiative. „Wir hören
aber nichts darüber, welche Richtungen das sind und welche ausgeschlossen
werden.“ Man wolle nicht behaupten, dass es sich „bei dem Mord um einen
rassistischen Akt“ handele, heißt es in einer Erklärung der Initiative.
Doch es könne sein, dass „die rassistische NSU-Mordserie als Vorbild
gedient“ habe.
Dass 20 Jahre zuvor ein Neuköllner Neonazi bei einer Auseinandersetzung mit
AntifaschistInnen getötet worden war und die „Nazipresse“ 2012 zur Rache
aufgerufen hatte, dass wegen einer antifaschistischen Veranstaltung am
Abend des Mordes „bekannte gewaltbereite Neonazis“ in Neukölln unterwegs
gewesen seien: Diese Informationen hat die Initiative zusammengetragen und
der Polizei gegeben.
„Ob das zur Kenntnis genommen wird, wissen wir nicht“, sagt Seyb. Die
Informationspolitik der Ermittlungsbehörden auch gegenüber der Familie sei
„katastrophal“. Aus der Pressestelle der Generalstaatsanwaltschaft heißt es
auf Anfrage der taz, den Hinweisen sei nachgegangen worden: „ergebnislos“.
Den Vorwurf schlechter Informationspolitik weist man zurück: Die Familie
sei „über den üblichen Umfang hinaus über den Stand der Ermittlungen
informiert“ worden. Es gebe „keinerlei Hinweise“ auf ein
rechtsextremistisches Motiv. „Weil der Täter weiterhin unbekannt ist, kann
ein solcher Hintergrund jedoch bis auf Weiteres nicht ausgeschlossen
werden“. Am Samstag will die Initiative mit einer Demonstration auf den
Fall aufmerksam machen. Die beginnt um 14 Uhr am Friedhof am Columbiadamm.
3 Apr 2013
## AUTOREN
Alke Wierth
## TAGS
Berlin
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
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