# taz.de -- Nahverkehrschaos: Der S-Bahn fehlen Ersatzteile | |
> Weil ein Hersteller Federn nicht liefern konnte, kam es bei Hamburgs | |
> S-Bahn zu überfüllten Zügen und verlängerten Wartezeiten. | |
Bild: Nur ausnahmsweise unzuverlässig (sagen ihre Betreiber): Hamburgs S-Bahn. | |
S-Bahn-Züge, die zu kurz sind oder ganz ausfallen, Fahrgäste, die sich in | |
überfüllten Waggons drängeln und zu spät ans Ziel kommen: Die Hamburger | |
S-Bahn hatte in der vergangenen Woche Probleme, wie sie eher aus Berlin | |
bekannt sind. Der Grund: Ersatzteilmangel. Doch Bahnsprecher Egbert | |
Meyer-Lovis schwört Stein und Bein, dass es sich im eine Ausnahme handele – | |
und schon wieder vorbei sei. „Für die Kunden hat sich das bereits | |
erledigt“, versichert er. | |
Vor „Berliner Verhältnissen“ warnen derweil Hamburgs Grüne und Linke: In | |
der Hauptstadt waren 2009 reihenweise Züge ausgefallen, weil der Chef der | |
örtlichen S-Bahn den Betrieb auf Rendite getrimmt und bei der Wartung | |
gespart hatte. Der volkswirtschaftliche und verkehrspolitische Schaden war | |
groß. Die Berliner wie die Hamburger S-Bahn gehören zur DB-Regio, einer | |
Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn, die die Schröder-Regierung an die | |
Börse bringen wollte. | |
„Die Bahn muss sich die Frage gefallen lassen, ob sie bei der regulären | |
Wartung und Instandsetzung geschlampt hat“, sagt nun der | |
Bürgerschaftsabgeordnete Till Steffen (Grüne). Der Senat müsse bei | |
Fehlentwicklungen frühzeitig und hart eingreifen, fordert Heike Sudmann | |
(Linke). „Eine Bahn, die nicht fährt, ist nichts wert“, sagt Sudmann. Es | |
werde bald nicht mehr nur an Ersatzteilen fehlen, sondern auch an | |
Fahrgästen. | |
Bahnsprecher Meyer-Lovis versichert, dass die Lieferprobleme zum ersten Mal | |
aufgetreten seien. Die Schäden an den Federn seien im Zuge einer regulären | |
Prüfung aufgefallen. „Man hat nicht immer alle Teile auf Lager“, sagt er. | |
Die S-Bahn und der Hersteller hätten Sonderschichten eingelegt, um ihre | |
Flotte flott zu halten. | |
Rainer Vohl vom Hamburger Verkehrsverbund (HVV), dem Auftraggeber der | |
S-Bahn, erinnert daran, dass die Hamburger Gleichstrom-S-Bahn ein | |
einzigartiges System sei. Bei den Zügen handele es sich um | |
Einzelanfertigungen. Die Ausfälle bezeichnet er als weder neu noch | |
sensationell. Sie kämen immer wieder mal vor. „Ich habe nicht den Eindruck, | |
dass es im Moment ein besonders großes Problem ist.“ Er habe auch nicht von | |
einer Zunahme an Beschwerden gehört. Ausgefallen seien lediglich fünf von | |
160 Zügen. | |
In seinen Qualitätsberichten der vergangenen Jahre bescheinigt der HHV der | |
S-Bahn, tendenziell besser geworden zu sein. Statt einen Malus wegen | |
mangelnder Pünktlichkeit bezahlen zu müssen, erhielt die S-Bahn 2011 | |
erstmals einen Bonus: 95 Prozent der Züge hätten sich um weniger als drei | |
Minuten verspätet, sagt Meyer-Lovis. Auch die Fahrgäste bewerteten die | |
S-Bahn in puncto Pünktlichkeit besser als noch vor ein paar Jahren – wenn | |
auch immer noch schlechter als die Hochbahn. Die habe es leichter, weil sie | |
auf einem eigenen Streckennetz verkehre, sagt Vohl. Wie hoch die | |
Ausfallquote der Züge in den vergangenen Jahren war, konnten oder wollten | |
Bahn und HVV am Freitag nicht sagen. | |
Für die S-Bahn kommen die Negativ-Schlagzeilen zu einem heiklen Zeitpunkt. | |
Gerade erst hat der Senat beantragt, die Bahn-Tochter von 2018 bis 2033 | |
erneut mit dem S-Bahn-Verkehr in Hamburg zu beauftragen. Dabei sollen 60 | |
neue Züge 52 alte ersetzen. | |
12 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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