# taz.de -- Heidestadt mit Fairtrade-Titel: Faires Lüneburg | |
> Seit Oktober darf sich die Heidestadt mit dem Titel „Fairtradetown“ | |
> schmücken. Den zu behalten, dürfte jedoch nicht einfach werden. | |
Bild: Hier funktioniert der gerechte Handel: Fairtrade-Bananen. | |
Lüneburg ist Fairtradetown: Seit dem Oktober 2012 erfüllt die 72.000 | |
Einwohner zählende Stadt in der Metropolregion Hamburg offiziell die | |
Kriterien, um diesen Titel tragen zu dürfen. Mit der Auszeichnung schmücken | |
darf sich die Stadt, weil in mindestens 15 ihrer Einzelhandelsgeschäfte | |
Produkte aus fairem Handel angeboten werden – außerdem haben mindestens | |
acht Cafés oder Restaurants Produkte mit Fairtrade-Siegel auf der | |
Speisekarte. Mit im Boot sind auch die Schulen: Hier soll das Thema Fairer | |
Handel im Unterricht präsent sein. Seit dem Herbst 2012 wird im Rat der | |
Stadt obendrein nur noch fairer Kaffee ausgeschenkt: Dafür gab es vom | |
Verein Trans-Fair e.V. in Köln den Titel Fair-Tradetown, den die Stadt im | |
Jahr 2014 allerdings verteidigen muss. | |
Ganz einfach wird das womöglich nicht werden, denn noch ist der Markt für | |
fair gehandelte Waren begrenzt. „Bisher werden vor allem Lebensmittel, | |
Blumen und vereinzelt Kleidung mit dem Fair-Trade-Siegel angeboten“, | |
erklärt Eva Freund. Sie ist Sprecherin der Lüneburger Steuerungsgruppe, die | |
sich eigens im Rathaus gebildet hat, um den fairen Handel in der Heidestadt | |
voranzubringen. | |
Darüber, dass nicht unkontrollierter Wildwuchs auf dem Markt der fair | |
gehandelten und gesiegelten Waren herrscht, wacht der 1992 gegründete | |
Kölner Verein Transfair. Er sorgt auch dafür, dass ein Teil der Erlöse aus | |
dem Verkauf der Fairtrade-Artikel direkt an die Erzeuger gelangt. Letztlich | |
sollen damit die Lebens- und Arbeitsverhältnisse benachteiligter | |
Kleinbauern in Afrika, Asien und Lateinamerika stabiler werden. Weniger | |
Kinderarbeit, bessere Ausbildung und Gesundheitsvorsorge, mehr | |
Arbeitsschutz in den sogenannten Entwicklungsländern – für das alles steht | |
das Siegel des Vereins Fair Trade e.V. | |
Bei Kaffee, Schokolade und Bananen funktioniert das bereits, auch wenn der | |
Gesamtumsatz der fairen Ware pro Jahr noch unter der Zehn-Prozent-Marke | |
liegt. „Es läuft zwar ganz gut, dürfte aber ruhig noch mehr werden“, find… | |
auch Jan Geffken vom Verein Lünebohne e.V. Mit seinem aus den Reihen der | |
Lüneburger Universität hervorgegangenen Verein war er im Jahr 2011 | |
Vorreiter in Sachen fairer Konsum. „Kaffee ist einfach das bisher am | |
stärksten verbreitete Produkt, deshalb bot es sich an, damit einzusteigen“, | |
sagt Geffken. Kaffeefreunde, die sich ein Tässchen fair gehandelten Kaffee | |
gönnen, müssen ein paar Cent mehr pro Tasse ausgeben, als für die | |
alteingesessenen Markenkaffees im Supermarkt – sie trinken aber für einen | |
guten Zweck. | |
Dafür, dass wirklich immer fair gehandelter Kaffee aus dem afrikanischen | |
Ruanda in die Tüte kommt, sorgt ein zertifizierter Zwischenhändler. „Uns | |
geht es auch darum, eine Verbundenheit zwischen den Erzeugern auf der einen | |
und den Konsumenten auf der anderen Seite zu schaffen“, sagt Simon | |
Brinkmann von Lünebohne. Bei Großbestellungen ab fünf Kilo liefert der | |
Verein nach Hause oder in den Betrieb. | |
Wer sich jedoch außerhalb der ausgetretenen Kaffee- oder Schokoladenpfade | |
bewegt, hat es schwer. „Bei der Kleidung steckt das Ganze noch in den | |
Anfängen“, sagt Freund. „Das Angebot auf dem Weltmarkt reicht nicht immer | |
aus, um fair gehandelte Waren überall anbieten zu können. Das gilt zum | |
Beispiel für Reis oder Zucker. Der Großhandel hat den Bereich des fairen | |
Handels bisher kaum entdeckt.“ | |
Und auch das „Siegelwirrwarr“ macht dem fairen Handel zu schaffen: | |
Unzählige Gütesiegel existieren bereits und sollen dem Käufer das Gefühl | |
geben, mit seinem Einkauf Gutes zu tun. Nicht immer wird klar, wofür | |
einzelne Siegel wirklich stehen. | |
Zwei Jahre haben die Lüneburger jetzt Zeit, ihre Position auszubauen: Im | |
Jahr 2014 muss sich die Stadt einer neuen Überprüfung stellen, um ihren | |
Titel als Fairtradetown zu verteidigen. | |
16 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Elke Schneefuss | |
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