# taz.de -- Antisemitismusvorwurf in Bremen: Kein Zutritt für Juden | |
> Ein jüdischer Student und eine Lehrerin durften an einem Vortrag zum | |
> Thema Antisemitismus in der Bremer Villa Ichon nicht teilnehmen. | |
Bild: Juden unerwünscht beim Antisemitismus-Vortrag: Das Kulturzentrum Villa I… | |
BREMEN taz | Da lädt ein Bremer Kreisverband der Linken die Hamburger | |
Tierrechtlerin und Publizistin Susann Witt-Stahl ein. Um sich von ihr sagen | |
zu lassen, dass der Antisemitismusvorwurf, den sich Linke und | |
Friedensbewegte gefallen lassen müssen, wenn sie über den Nahostkonflikt | |
judenfeindlich diskutieren, nur „eine ideologische Waffe“ ist – geschmied… | |
von „Neokonservativen, neuen Rechten, aber auch von moderateren Vertretern | |
neoliberaler Politik und von etablierten Medien“, die damit „notwendige | |
(friedenspolitische) Debatten ersticken“ wollen. | |
So heißt es es im Ankündigungstext für den Vortrag am 9. April in der | |
Bremer Villa Ichon, einem Kulturzentrum, in dem Amnesty International und | |
verschiedene Friedensorganisationen sitzen. Im Vorstand des Freundeskreises | |
der Villa Ichon sitzt auch Luise Scherf, Ehefrau des ehemaligen Bremer | |
Bürgermeisters. Und die musste dann in der Bild-Zeitung lesen, dass zwei | |
Juden der Zutritt zum Vortrag verwehrt wurde. „Ich habe gesagt, ’es geht um | |
Antisemitismus: Ich bin Jude aus Israel, würden Sie mich bitte | |
reinlassen?‘“, sagt der 31-jährige Maor Shani, der an der Jacobs University | |
in Bremen promoviert. | |
Doch die Leute, die an der Tür standen, behaupteten, der Saal sei voll. Das | |
bestätigen Besucher des Vortrags. Dennoch zogen immer wieder Leute an | |
Shani, der seine Kippa trug, und seiner Begleiterin, der Musiklehrerin | |
Noemi Köster vorbei. Andere gingen wieder hinaus, es wäre also Platz frei | |
geworden. Während Shani irgendwann genug hatte und gehen wollte, probierte | |
Köster durch einen Hintereingang hineinzugelangen – erfolglos. | |
„Der Türsteher hat gesagt, wir sollten uns nicht wie Kleinkinder benehmen, | |
in der Disco würde man auch gehen, wenn man abgewiesen wird.“ Schließlich | |
sei es irgendwann nicht mehr um den Einlass gegangen, sondern um den | |
Nahostkonflikt. Laut Köster sagte dabei ein Freund des aus Palästina | |
stammenden Türstehers: „Euch gehört doch sowieso schon alles, auch die | |
Medien.“ | |
„Das hat niemand gesagt“, sagt dazu Klaus Hildebrandt, ein pensionierter | |
Lehrer, der ebenfalls am Eingang stand und die beiden nicht hineinließ. | |
„Der Saal war einfach voll.“ Freunde hätten ihn darum gebeten, dort Wache | |
zu stehen. Nicht, um eine Überfüllung zu verhindern, sondern „um | |
aufzupassen“. Schließlich habe es im Internet Aufrufe gegeben, die | |
Veranstaltung zu stören und die beiden hätten sich ja auch an einer | |
Mahnwache mit rund 80 Leuten beteiligt. | |
„Niemand darf bei öffentlichen Veranstaltungen ausgeschlossen werden“, sagt | |
Hausherr Klaus Hübotter, er gehört ebenfalls zum Villa-Ichon-Vorstand. | |
Anders als seine Mitstreiterin Luise Scherf will er aber nicht mit einer | |
Entschuldigung reagieren und hält die Angelegenheit in einem Brief an sie | |
für zu „kompliziert“, um die Veranstalter – Linke, Friedensbewegte und | |
Palästina-Organisationen – mit Hausverboten abzustrafen. Er erkennt einen | |
„politischen Grabenkrieg“ zwischen „Palästinensern und Juden“. | |
Der Sprecher des Kreisverbands der Bremer Linken hingegen möchte sich bei | |
Köster und Shani entschuldigen. „Ich schäme mich“, sagt Michael Horn. Und: | |
Er habe im Vorfeld als einziger in seinem Kreisverbandsvorstand dagegen | |
gestimmt, die Veranstaltung zu unterstützen. Warum auch der Landesverband | |
die Rednerin nicht eingeladen hätte, erklärt dessen Vorstandssprecher | |
Christoph Spehr: „Man muss über das Thema Antisemitismus in der Linken | |
diskutieren, das fordern vor allem die jüngeren Parteimitglieder. Aber eine | |
solche Veranstaltung ist einseitig und verharmlost das Problem.“ | |
18 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
## TAGS | |
Antisemitismus | |
Bremen | |
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