| # taz.de -- Das Ende der Treue: Müssen wir die Liebe neu erfinden? | |
| > Viele wollen alles. Romantische Beziehung. Totale Übereinstimmung. Aber | |
| > auch: jemanden, der ganz anders ist. Geht nicht auf einmal, klar. Und | |
| > jetzt? | |
| Bild: Bevor es gebrochen wird, könnte man es doch teilen, das Herz. Zum Beispi… | |
| Jacob beispielsweise. Er meldet sich bei einem Dating-Portal an. Er trifft | |
| Rachel. Es läuft toll. Er fragt sich: Ist sie es? Die eine? Die einzige? | |
| Sie mag ihn. Es stört sie nicht, dass er so viel Sport macht, dass er sie | |
| auf Konzerte schleppt. Es stört sie allerdings schon, dass sein | |
| Kreditrahmen ihn so wenig interessiert - und sie steht auf | |
| 40-Stunden-Wochen. | |
| Jacob weiß, er müsste sich jetzt ein bisschen anstrengen. Andererseits gibt | |
| es auf match.com all die anderen Frauen. Lohnt sich die Anstrengung | |
| überhaupt? Er lässt das alles ein wenig schleifen. Bis Rachel sich trennt. | |
| Er loggt sich wieder ein. Sein Profil auf match.com gibt es ja noch. | |
| Rachel und Jacob. Das ist eine Geschichte aus einem Buch von Dan Slater. | |
| Seine zentrale These: mit dem Online-Dating könnte die Bindungsfähigkeit | |
| verloren gehen. Als ein Buch-Auszug auf der Seite des [1][Magazins | |
| Atlantic] erschien, begann auf der Seite eine [2][mehrtägige Diskussion] | |
| über die Auswirkungen solcher Portale. Bedroht Online-Dating die Ehe, die | |
| Treue? | |
| ## Freiheit als Zwang | |
| Der Autor Sven Hillenkamp, der auch am [3][taz.lab] am Wochenende sprechen | |
| wird, beobachtet ähnliche gesellschaftliche Entwicklungen. | |
| Unsere Freiheit werde zum Zwang. Wir wissen, es könnte immer besser gehen. | |
| So wie wir immer besser arbeiten, leben, aussehen könnten, so könnte der | |
| Partner ein besserer sein, argumentiert Hillenkamp. Vielleicht waren wir | |
| mal mit einem zusammen, der schöner war. Mit einem, der klüger war. Mit | |
| einem, der uns ähnlicher war. Unsere Vergleichsmöglichkeiten würden einen | |
| Partner verlangen, der nicht existiert: ein Konstrukt aus allen bisherigen | |
| und künftigen Partnern. "Sie verwachsen zu einer Hydra mit zahllosen | |
| Häuptern", sagt Hillenkamp, "einem ersehnten Vielwesen." | |
| Wir wollen also mit einer Vision vögeln? | |
| Viel mehr: Wir wollen im Grunde alles. Romantische Beziehung. Totale | |
| Übereinstimmung. Dann aber auch: „Der Andere soll einem nicht nur gleichen, | |
| er soll auch ganz anders sein. Weil die Liebe verstanden wird als Vehikel. | |
| Sie ist so gedacht, das man mit der Hilfe des Anderen erst zu der Existenz | |
| kommt, die man anstrebt. Er soll uns helfen, uns selbst zu überschreiten - | |
| und nicht wie eine Figur ins Puppenhaus eines fertigen Lebens eingebaut | |
| werden." | |
| ## Partner als Konsum | |
| Kann man mit diesen Erwartungen überhaupt noch umgehen? | |
| Geht eine Generation dazu über, sich gegenseitig nur noch zu konsumieren? | |
| match.com. elitepartner.de. | |
| Autoren rufen das Ende der Treue aus oder preisen die diskrete Affäre. | |
| Catherine Hakim etwa, eine Londoner Soziologin, fordert langjährige Paare | |
| in ihrem Buch „New Rules“ regelrecht auf zum Seitensprung. Er erhalte Ehen. | |
| Wenn man nicht darüber rede. | |
| Manche suchen inmitten dieses emotionalen Überforderungsdilemmas andere | |
| Alternativen: Polyamorie, die Liebe mit mindestens drei Partnern etwa. Mit | |
| Werten wie Ehrlichkeit, Offenheit und dem Einverständnis aller Beteiligten. | |
| Nicht wie 68, mehr die freie Liebe von 2013. | |
| Daniel beispielsweise. Und Nina. Und die Frau, die gern Caroline genannt | |
| werden will. Von ihnen erzählt sonntaz-Reporterin Annabelle Seubert in der | |
| Titelgeschichte der neuen [4][taz.am wochenende]. | |
| Und von Madeleine May, die in einer offenen Beziehung lebt und sagt: „Ich | |
| genieße die Vorzüge einer langen Partnerschaft mit Vertraut, Geborgenheit, | |
| Zusammengehörigkeit – und das Prickeln beim Kennenlernen eines anderen | |
| Mannes, die Magie der anfänglichen Leidenschaft.“ | |
| Seubert sprach mit Schriftstellern und Philosophen, die vom Aussterben der | |
| Liebe reden. Sie hat sich mit Eifersüchten beschäftigt und mit alternativen | |
| Beziehungsmodellen. | |
| Verlernen wir treu zu sein? Oder sind wir nur anders treu? Müssten mehr | |
| Pärchenromantiker mal eine offene Beziehung probieren, eine polyamore? Wenn | |
| die große Liebe sonst ohnehin irgendwann zerbricht? Oder funktioniert das | |
| alles eh nicht? | |
| Wir freuen uns über Ihre Meinung. Über Diskussionen oder Anekdoten. Hier | |
| auf [5][taz.de]. | |
| Die Geschichte „Nur du, du und du“ lesen Sie am 20. April in der neuen | |
| [6][taz.am wochenende.] | |
| 19 Apr 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.theatlantic.com/magazine/archive/2013/01/a-million-first-dates/3… | |
| [2] http://www.theatlantic.com/debates/online-dating | |
| [3] /!114227/ | |
| [4] /zeitung/tazinfo/taw-vorlauf/ | |
| [5] / | |
| [6] /zeitung/tazinfo/taw-vorlauf/ | |
| ## AUTOREN | |
| Johannes Gernert | |
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