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# taz.de -- KINDERSCHUTZ: Jugendamt lässt sich bitten
> Die Tochter einer Alkoholikerin sucht sich ein neues Zuhause. Drei Monate
> nach dem Pflegschaftsantrag war das Jugendamt noch nicht da
Bild: Der Methadon-Tod der elfjährigen Chantal 2012b sollte ein Umdenken bei H…
Der Sonderausschuss zum Fall des verunglückten Pflegekindes Chantal tagt
noch – da sieht sich die Bürgerschaft mit einem ähnlichen Fall
konfrontiert. Er wirft die Frage auf, ob die Jugendämter die nötigen
Konsequenzen gezogen haben. Chantal lebte bei drogenabhängigen
Pflegeeltern, wo sie versehentlich die Substitutionsdroge Methadon
schluckte und starb. Aufgrund des Unfalls verschärfte der Senat die
Kontrolle von Pflegefamilien.
Im aktuellen Fall ist die 13-jährige Janine* bei ihrer besten Freundin
untergekrochen, weil sie es zu Hause bei ihrer alkoholkranken Mutter nicht
mehr aushielt. Wie der NDR und die Hamburger Morgenpost berichteten, war
die Mutter ständig betrunken oder bei ihrem Freund. Ihre anderen fünf
Kinder musste die Mutter bereits vorher abgeben. Weil die 13-Jährige
ohnehin oft bei der Freundin übernachtete, nahm sie deren Mutter
schließlich auf.
Die Mutter, Judith Z., wollte sich absichern und nahm Anfang Januar Kontakt
zum Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) in Wandsbek auf. Am 10. Januar gab es
ein erstes persönliches Gespräch. Janine, deren getrennt lebender Vater und
Judith Z. wollten, dass Judith Z. die Pflegschaft übernimmt, so das
Bezirksamt.
Seit dem Gespräch mit dem ASD sind drei Monate vergangen und Judith Z.
wundert sich, dass sie noch keinen Besuch vom Jugendamt bekommen hat.
Mehrfach hakte sie nach. „Ich wollte wissen, wann jemand vorbeikommt, mich
kontrolliert und guckt, ob es dem Kind gut geht“, sagte sie dem NDR.
Damit das Verfahren zur „Eignungsfeststellung“ anlaufen kann, müssen die
Sorgeberechtigten laut Bezirksamt einer Pflegschaft zustimmen und Hilfen
zur Erziehung beantragen. Der Vater war laut NDR dazu bereit, die
alkoholkranke Mutter habe sich jedoch „nicht in dem Zustand befunden, das
zu unterschreiben“. Anfang April ist die Mutter gestorben. Am Freitag
teilte das Bezirksamt mit: „Das Verfahren zur Eignungsfeststellung als
Pflegeperson läuft.“
Für die Eignungsfeststellung gebe es klare Vorgaben. „Ihre Einhaltung ist
nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen im Fall Chantal für alle beteiligten
Fachkräfte bindend“, schreibt das Bezirksamt. Das Verfahren umfasse diverse
Vorstellungs- und Schulungstermine sowie Dokumente wie ein erweitertes
Führungs- und ein Gesundheitszeugnis, eine Schufa-Auskunft und den Nachweis
eines Drogentests. Das sei aufwendig und brauche daher seine Zeit.
Der im Verfahren vorgesehene obligatorische Hausbesuch steht noch aus.
Einen Anlass für einen außerplanmäßigen Hausbesuch habe es nicht gegeben,
findet das Bezirksamt, weil Behördenmitarbeiter ja immer wieder mit den
Beteiligten gesprochen hätten. „Wir haben zu keiner Zeit eine Gefahr
gesehen“, versichert Sonja Fessel vom Bezirksamt.
Die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Christiane Blömeke will es dabei nicht
belassen. „Ich möchte den Fall in den Sonderausschuss bringen“, kündigt s…
an. Es könne nicht sein, dass Kinder so lange bei Pflegeeltern lebten, ohne
dass deren Eignung geprüft worden sei. Es stelle sich auch die Frage, warum
das Kind ohne Kontrolle bei einer suchtkranken Mutter gelebt habe.
„Ich würde nicht von einem Versagen des Jugendamtes sprechen“, sagt
Blömeke. Sie würde aber gerne verstehen, warum das Amt in der langen Zeit
keinen Hausbesuch veranlasst habe – zumal die Pflegemutter in spe das ja
wiederholt angemahnt habe. Möglicherweise liege das ja daran, dass die
Jugendämter überlastet seien. Kürzlich hatte sie gewarnt, dass der
Kinderschutz leiden könnte, wenn der Senat am Personal spart.
* Name geändert
19 Apr 2013
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Jugendamt
Hamburg
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