# taz.de -- Konkurrenz der Drogerieketten: Gewitter über Budni-Land | |
> Die Drogeriekette Budnikowsky gerät unter Druck. Die Gewerkschaft Ver.di | |
> verlangt Tarifverträge und will Betriebsräte durchsetzen und das | |
> „Hamburger Abendblatt“ schießt gegen eine fünf Jahre alte abgeschaffte | |
> Kleiderordnung | |
Bild: Hier gibt es weder Tarifverträge noch Betriebsrat: Budnikowsky-Filiale i… | |
HAMBURG taz | Die dm-Expansion kommt für Budni zu einem Zeitpunkt, zu dem | |
das soziale Image des Hamburger Familienbetriebs mit seinen 150 Filialen in | |
Hamburg, Lübeck, Lüneburg und Sylt in der Öffentlichkeit angekratzt ist. | |
Denn hinter dem sozial-partnerschaftlich anmutenden Slogan „Wir sind Budni“ | |
hat die Familie Wöhlke schon längst Ärger mit der Gewerkschaft Ver.di. | |
Während der in die Insolvenz gegangene Schlecker-Konzern trotz seines | |
rüpelhaften Rufs Betriebsräte hatte und den Einzelhandelstarifvertrag | |
anerkannte, gibt es bei Budni keine tarifliche Bezahlung oder Betriebsräte. | |
Die im vergangenen Jahr ins Management aufgerückte Personalchefin Julia | |
Wöhlke lehnt so etwas ab: „Wir zahlen nicht schlechter als Tarif, nur | |
anders.“ Sie ist der Meinung, dass das Unternehmen, anders als die | |
Konkurrenz auf den Einsatz von Leiharbeitskräften unter Mindestlöhnen | |
verzichtet und trotz Konkurrenzdruck für die Branche gute Löhne zahlt. | |
Das Budni-Vergütungssystem orientiere sich nicht mehr an der absolvierten | |
Berufsausbildung, sondern an der tatsächlichen Tätigkeit. So hält Julia | |
Wöhlke es nicht mehr für zeitgemäß, dass Kassiererinnen gleich hinter dem | |
Marktleiter in der höchsten Tarifgruppe eingestuft werden, obwohl die | |
Scanner-Technologie den Arbeitsplatz revolutioniert habe, so dass jede | |
Mitarbeiterin nach kurzer Einarbeitungszeit die Kasse bedienen könne. | |
„Wir zahlen zum Beispiel einer Fachverkäuferin Naturkosmetik oder einem | |
Filialleiter über Tarif“, sagte Wöhlke jüngst gegenüber dem Hamburger | |
Abendblatt. Schließlich habe sich die Fachverkäuferin besonderes Wissen und | |
Fachkompetenzen erworben. | |
## Geld nach Gefühl | |
Was sich modern anhört, ist für Arno Peukes von der Gewerkschaft Ver.di | |
Willkür. „Jeder kriegt Geld nach Nasengefühl“, sagt Peukes der taz: „Es | |
gibt keine eigene Lohnstruktur bei Budnikowsky. Wenn eine Verkäuferin 12,49 | |
Euro pro Stunde verdient, weiß man genau, wer das ist, weil die Kollegin | |
nur 11,54 für dieselbe Arbeit bekommt.“ | |
Die Ver.di-Versuche, im Jahr 2005 einen Betriebsrat zu gründen, vereitelte | |
Firmen-Chef Cord Wölke, indem er wegen der daraus entstehenden Kosten Druck | |
auf die Mitarbeiter ausübte. Er schlug stattdessen vor, eine | |
Mitarbeitervertretung zu installieren. | |
Das Gros der Budnianer knickte ein. Und wenn die Mitarbeitervertretung | |
heute von sich selber sagt, bei Urlaubsfragen, Versetzungen, Abmahnungen | |
und Kündigungen mitbestimmen zu dürfen, sieht sie sich selbst nur in einer | |
„moderierenden und schlichtenden Rolle“. Mitarbeitervertretungen, die | |
Gewerkschaften sonst nur aus kirchlichen Einrichtungen kennen, hätten keine | |
gesetzlichen Rechte wie ein Betriebsrat, sagt Peukes: „Selbst wenn die | |
Mitarbeitervertreterin wollte, kann sie bei Konflikten nur knurren.“ | |
Budni nimmt die Kritik inzwischen ernst. „Wir sind grundsätzlich offen für | |
Kritik und sehr interessiert daran, uns zu verbessern“, sagt | |
Geschäftsführer Cord Wöhlke, Geschäftsführer. „Daher prüfen wir intensi… | |
was wir verbessern können und dafür suchen wir das Gespräch mit den | |
Gewerkschaften.“ | |
## Rasierte Beine, bitte | |
In die Negativ-Schlagzeilen ist Budni vor einigen Wochen auch durch einen | |
Artikel des Hamburger Abendblatts wegen einer angeblich restriktiven | |
Kleiderordnung geraten, die den Mitarbeitern züchtige Outfit-Vorschriften | |
mache. So hätten Mitarbeiter neben der Budni-Weste private Kleidung im | |
„zeitlosen klassischen Stil“ zu tragen. „Modische Dreitagebärte“ passt… | |
nicht zum „Budni-Stil“, bei Männern müsse der Haarschnitt kurz und der | |
„Nacken ausrasiert“ sein, Turnschuhe oder HipHop-Schuhe seien out. | |
Auch sichtbare Piercing und Tattoos seien unerwünscht. Frauen mit langen | |
Haaren hätten diese gebunden zu tragen, auffälliges Make-up oder schriller | |
Nagellack sei zu unterlassen. Röcke hätten das Knie zu bedecken, die Schuhe | |
sollten „schlicht und zeitlos“ sein, mit mehr als „sechs Zentimeter“ | |
Absatzhöhe. „Rasierte Beine sollten beim Tragen von Röcken | |
selbstverständlich sein“, heißt in der Bekleidungs-Richtlinie „Ich bin | |
Budni“, die der taz vorliegt und fünf Jahre alt ist. | |
„In der Tat gab einmal so einen Vorstoß im Jahre 2008, der ist aber nach | |
Protesten von Ver.di sofort zurückgezogen worden“, bestätigt | |
Unternehmenssprecherin Wiebke Spannuth. „Das wusste das Abendblatt auch.“ | |
Was in dem Blatt zitiert worden sei, wäre Kopie der damaligen „Empfehlung“ | |
gewesen, die auf einer Schulung diskutiert worden sei. „Es gibt definitiv | |
keine Kleiderordnung oder Verpflichtung, sich irgendwie zu kleiden“, sagt | |
Spannuth. „Das entspricht nicht dem Geist Budnis.“ | |
Um das zu belegen, verweist Spannuth auf ein Statement einer Mitarbeiterin | |
auf der Facebook-Seite zur jüngsten Beinrasur-Debatte. „Haarsträhne, | |
auffällig geschminkt, die neuesten Frisurentrends stets im Blick, bunte | |
Nägel in allen möglichen Farben und selten dezenten Schmuck. Das bin ich“, | |
schreibt die Mitarbeiterin. „Schenkt man dem Artikel Glauben, so dürfte ich | |
nicht bei Budni beschäftigt sein – doch das bin ich, werde weder | |
benachteiligt noch habe ich Angst, mein Äußeres zu verändern.“ | |
2 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
## TAGS | |
Drogeriemarkt | |
Drogeriekette | |
Tarifvertrag | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Drogerie Budni ab August in Berlin: Konkurrenz für dm und Rossmann | |
Die Drogeriekette Budni eröffnet ihre erste Filiale außerhalb der Region | |
Hamburg. Das Problem: Budni hat nicht einmal einen Betriebsrat. | |
Es ist Liebe: Budni zieht's zu Edeka | |
Die Drogeriekette Budnikowsky will sich mit dem Lebensmittelkonzern Edeka | |
zusammentun. Ob das geht, muss das Bundeskartellamts entscheiden | |
Debatte Arbeit im Einzelhandel: Bei Schlecker wurde gut verdient | |
Die Beschäftigten der Drogeriekette Schlecker waren noch privilegiert. Im | |
Einzelhandel sollen die Arbeitsbedingungen deutlich verschlechtert werden. | |
Drogeriemärkte in Hamburg: Konkurrenz aus Karlsruhe | |
Budnikowsky und dm buhlen um dieselbe Kundschaft. Gerade hat die zehnte | |
dm-Filiale in Hamburg eröffnet, in Steinwurfnähe zum „Budni“-Flaggschiff. | |
Doch die Konkurrenten sind zugleich verpartnert. |