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# taz.de -- Erste Frau auf US-Terrorfahndungsliste: Das FBI vergisst nicht
> Die US-Behörden haben erstmals eine Frau auf die Liste der international
> gesuchten Terroristen des Landes gesetzt: JoAnn Chesimard alias Assata
> Shakur.
Bild: Wird wegen des Mordes an einem Polizisten vor 40 Jahren gesucht: JoAnn Ch…
WASHINGTON taz | „Revolutionäre Glucke der Black Liberation Army“, nannte
das FBI die junge Frau in den frühen 70er Jahren. Die Fahnder vermuteten
ihre Hand hinter jedem Banküberfall, jeder Schießerei und jedem Kidnapping
längs der Ostküste. Ihr Gesicht, umrahmt von dichtem Afro-Haar, war auf
zahlreichen „Wanted-Listen“ zu sehen.
Vier Jahrzehnte später ist „JoAnn Chesimard“, wie sie bei den Fahndern
heißt, oder Assata Shakur, wie sie sich selbst nennt, erneut eine
Top-Priorität. Das FBI hat die inzwischen 65-Jährige als erste Frau auf
seine Liste von international gesuchten Terroristen befördert. Auf dem
neuen Fahndungsplakat sind ihre Haare heller. Und die Belohnung für ihre
Gefangennahme ist von bislang eine auf zwei Millionen Dollar erhöht worden.
„Sie verbreitet weiterhin terroristische Ideologien“, begründet Special
Agent Aaron Ford. „Sie hält Reden gegen die US-Regierung und sie tritt für
Ideen von Revolution und Terror ein“.
Der Special Agent macht die Ankündigung bei einer Pressekonferenz in New
Jersey. Auf den Tag genau 40 Jahre nachdem der Polizist Werner Foerster bei
einer Verkehrskontrolle auf der Turnpike in dem Bundesstaat erschossen und
sein Kollege James Harper verletzt worden ist.
## „Das Auto mit den Schwarzen stoppen“
An jenem 2. Mai 1973 war JoAnn Chesimard zusammen mit zwei jungen Männern
auf der Turnpike unterwegs. „Das Auto mit den Schwarzen stoppen“, ging über
Polizeifunk. Bei der Schießerei, die folgte, kam neben dem Polizisten auch
Zayd Shakur, der das gestoppte Auto gefahren hatte, ums Leben. Der zweite
junge Mann aus dem gestoppten Auto, Sundiata Acoli, sitzt bis heute wegen
Mordes im Gefängnis. Die junge Frau, die Einschüsse in Brust und Rücken
erlitt, bestritt, dass sie selbst geschossen habe.
Am Ende eines Prozesses voller Ungereimtheiten wurde auch sie zu
lebenslänglich verurteilt. „Sie ist eine politische Gefangene“, sagte die
Bürgerrechtlerin Angela Davis.
Dass Assata Shakur dennoch längst wieder außerhalb des Gefängnisses lebt,
verdankt sie einer spektakulären Befreiungsaktion. Im Sommer 1979 setzen
ihr Bruder und zwei andere Aktivisten bei einem Gefängnisbesuch die Wärter
fest und fliehen mit der jungen Frau. Drei Tage später demonstrieren
mehrere tausend Menschen in New York ihre Sympathie für die
Befreiungsaktion. An Wohnhäusern tauchen Poster mit der Aufschrift auf:
„Assata Shakur is welcome here“. Gleichzeitig druckten die Ermittler neue
Fahndungsposter. Organisieren Razzien. Und werden – trotz zahlreicher
Agenten in der Black Panther Partei und bei deren Sprösslingen – im Fall
von Assata Shakur nicht fündig.
## Politisches Asyl in Kuba
Im Jahr 1984 flieht die junge Frau über Mexiko weiter nach Kuba. Ein Jahr
später folgt ihr die Tochter, die sie im Gefängnis bekommen hat. In Kuba
erhält Assata Shakur umgehend politisches Asyl und wird eine von rund 70
Flüchtlingen aus den USA. Sie führt ein relativ öffentliches Leben:
Unterrichtet, arbeitet im englischsprachigen Dienst von Radio Havanna,
schreibt mehrere Bücher und unternimmt Reisen in andere lateinamerikanische
Länder. Aus der Ferne inspiriert sie manchmal auch jüngere US-Amerikaner,
wie der „Song for Assata“ von dem HipHopper Common zeigt.
In einem Dokumentarfilm aus den späten Neunziger Jahren beschreibt Assata
Shakur Kuba als Idylle. Von ihrer eigenen politischen Vergangenheit in den
USA erwähnt sie lediglich die „Black Panther Party“. Freilich hat sie
selbst die schwarze Bürgerrechts-Partei schon 1970 verlassen. Sie war ihr
zu machistisch und zu wenig geschichtsbewusst.
Stattdessen schließt sie sich der „Black Liberation Army“ an, die bewaffnet
für einen unabhängigen, mehrheitlich schwarzen unabhängigen Staat auf dem
Territorium der USA kämpft. In dem kubanischen Dokumentarfilm erwähnt sie
das nicht. Hingegen erklärt sie den Ursprung ihres neuen Namens. Assata
ist: „die Frau, die kämpft“. Shakur ist eine Hommage an ihren toten
Genossen und bedeutet „dankbar“.
Dass das FBI auf offiziellem Weg an Assata Shakur kommt, ist
unwahrscheinlich. Mit Kuba haben die USA kein Auslieferungabkommen. Der
Anwalt Lennox Hinds, der außer Assata Shakur in den USA auch Nelson Mandela
in Südafrika vertreten hat, sieht jedoch in der Höhe des neuen Kopfgeldes
eine Gefahr. „Das ist eine Einladung an jedermann, sie zu kidnappen“, sagt
er in einem Interview mit dem Fernsehsender Democracy Now, „wenn nicht
sogar, sie zu töten“.
4 May 2013
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
FBI
Terrorismus
Fahndung
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