# taz.de -- Öko-Landwirtschaft: Bioboom nur im Supermarkt | |
> Zwar hat sich der Marktanteil von Ökolebensmitteln in Deutschland | |
> verdoppelt. Doch die Öko-Anbaufläche stagniert. | |
Bild: Bunte Deutsche Edelziegen auf einem Biohof in Sachsen | |
BERLIN taz | Immer mehr Äpfel, Schnitzel und Pizzen aus ökologischer | |
Produktion werden in Deutschland verkauft – doch die heimischen Biobauern | |
profitieren kaum davon. Das ist Ergebnis einer Studie des Instituts für | |
Organischen Landbau der Universität Bonn im Auftrag der | |
Grünen-Bundestagsfraktion. | |
Während sich das Biohandelsvolumen seit 2012 in Deutschland mehr als | |
verdoppelt hat, ist der Flächenanteil des Ökologischen Landbaus nur um 47 | |
Prozent gestiegen. Kartoffeln, Obst, Gemüse, Schweinefleisch und | |
Milchprodukte würden vermehrt importiert, obwohl sie im Inland produziert | |
werden könnten. | |
Mit der Steigerungsrate bei der Anbaufläche liegt Deutschland bei den | |
EU-Mitgliedstaaten unter dem Durchschnitt. Länder wie Polen, die baltischen | |
Staaten oder Rumänien haben in den vergangenen Jahren ihren Ökolandbau | |
erheblich ausgeweitet – und exportieren ihre Waren überwiegend. Diese | |
Entwicklungen zeigten sich etwa auch in Argentinien, Äthiopien und Peru. | |
Sie hätten sich „auf den deutschen Markt als Senke für ihre Erzeugnisse | |
ausgerichtet“, heißt es in der Studie, eine „Entwicklung der jeweiligen | |
Heimatmärkte“ sei nicht erkennbar“. | |
Bärbel Höhn, Vizefraktionschefin der Grünen im Bundestag, interpretiert die | |
Studie als Ergebnis eines Politikversagens. Die Bundesregierung müsse sich | |
stärker für den Ökolandbau einsetzen, ansonsten stocke sein Ausbau | |
komplett. „Das geht an den Wünschen der Kunden vorbei, die gern regionale | |
Produkte kaufen“, so Höhn. | |
Kaufen ja, mehr bezahlen aber nicht – so sieht es Bauernpräsident Joachim | |
Rukwied. Er meint, den deutschen Biobauern gehe es schlecht, weil nach dem | |
Fachhandel auch der normale Einzelhandel in das Biosegment eingestiegen | |
sei. So seien die Preise „im Zuge des verschärften globalen Wettbewerbs | |
unter Druck geraten“, sagte er kürzlich. | |
## Empfehlung: Ganze Dörfer umstellen | |
Miese Politik, geizige Verbraucher? Der Sprecher des Brandenburgischen | |
Landwirtschaftsministeriums macht einen dritten Verantwortlichen für die | |
Misere aus: die Biolandwirte und die angeschlossene Lebensmittelindustrie | |
selber. „Wir haben in Brandenburg kein Mengenproblem“, sagt Jens-Uwe | |
Schade, „sondern ein Verarbeitungsproblem.“ Den Biobetrieben fehle es an | |
Kapital, um in die Veredelungsindustrie zu investieren. Brandenburg steht | |
heftig in der Kritik, weil es die Umstellungsprämien für Ökolandwirte | |
ausgesetzt hat. | |
Die Autoren der Bonner Studie greifen die verschiedenen Erklärungsversuche | |
auf: Sie fordern mehr Geld für die Biolandwirte und appellieren an die | |
„Akteure der Wertschöpfungskette“, deren positive Entwicklung | |
sicherzustellen. Für besonders zukunftsträchtig halten sie es, ganze Dörfer | |
und Regionen auf Ökolandbau umzustellen. | |
7 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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