# taz.de -- Grüne im Wahlkampf: Wir wollen nicht nur spielen | |
> Zahlen Gutverdiener freiwillig höhere Steuern? Ein internes | |
> Strategiepapier zeigt, dass die Grünen mit Umverteilung sogar Wähler | |
> hinzugewinnen können. | |
Bild: Claudia Roth und Cem Özdemir finden, die richtige Balance sei gewahrt | |
BERLIN taz | In der Berliner Grünen-Zentrale atmete man auf. Die Partei | |
legte am Dienstag in der Wählergunst um einen Punkt zu, sie käme laut | |
Stern-RTL-Wahltrend auf 15 Prozent. | |
Einige Leitmedien hatten sich über die Steuererhöhungs-Pläne für | |
Besserverdiener entrüstet und teilweise den Eindruck erweckt, die Grünen | |
trieben die komplette deutsche Mittelschicht in die Armut. | |
Doch dieser Dreh kommt bei den Befragten nicht an. Zwei Drittel befürworten | |
die von den Grünen geplante Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent | |
für Jahreseinkommen über 80.000 Euro. Unter den eigenen Anhängern bejahen | |
sogar 88 Prozent den Aufschlag für Gutverdiener, mit dem die Grünen unter | |
anderem bessere Schulen und Entlastungen für schlechter Verdienende | |
finanzieren wollen. | |
Die Grünen sehen darin den Beleg, dass ihre Wähler eine maßvolle | |
Umverteilung akzeptieren. Sie erwarteten, dass die Partei etwas gegen die | |
wachsende Ungerechtigkeit tue, sagt Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke. | |
„Und dafür sind sie auch bereit, ihren Beitrag zu leisten.“ | |
## Die Vielleicht-Wähler | |
Ein internes Strategiepapier für Wahlkämpfer, das der taz vorliegt, zeigt | |
die Chancen dieser Taktik auf. Hierfür wurden sowohl Grünen-Anhänger als | |
auch das enge und weite Wählerpotential befragt. Das enge und weite | |
Potential sind Menschen, die sich vorstellen können, grün zu wählen, aber | |
noch nicht entschieden sind. | |
Die Vielleicht-Wähler. Diese Gruppen wollen die Grünen erschließen, um ihr | |
Ergebnis im September zu maximieren. | |
Das interne Papier schlüsselt die Themenpräferenzen dieser Wähler auf und | |
kommt zu sehr interessanten Ergebnissen. Das enge und weite Potential misst | |
sozialer Gerechtigkeit eine größere Bedeutung zu als die überzeugten | |
Grünen-Wähler. | |
30 Prozent des weiten Potentials nennen etwa Armutsbekämpfung und Renten | |
als wichtigste Themen, 23 Prozent Arbeitslosigkeit und Beschäftigung. Die | |
Klassiker Energiewende und Klimaschutz nennen 12 beziehungsweise 6 Prozent | |
als Topthema. | |
## Klima? Nicht so wichtig | |
Einfach gesagt spiegeln die Tabellen einen Trend: Je weiter man von | |
dezidierten Grünen-Fans in potentielle Wählergruppen hinaus geht, desto | |
wichtiger wird den Menschen soziale Gerechtigkeit. Gleichzeitig nimmt die | |
Wichtigkeit von Klima-, Energie- und Ökothemen ab. | |
Nun gilt bekanntlich: Gute Sozial- und Schulpolitik ist kostspielig. Man | |
kann deshalb vermuten, dass wichtige Zielgruppen der Grünen sehr offen für | |
Belastungen von Gutverdienern sind. | |
Das Wahlziel ist jedenfalls ehrgeizig. Mehr als sechs Millionen Wähler | |
wollen die Grünen im September für sich gewinnen. Bei einer ähnlichen | |
Wahlbeteiligung wie 2009 entspräche das 13,6 Prozent. Damals schaffte die | |
Partei 10,7 Prozent. | |
7 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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