# taz.de -- Splatterfilm „Evil Dead“: Höher, schneller, zersägter | |
> Mit viel Aufwand wurden die Waldhütte schön morsch, die Kloschüsseln | |
> keimig und der Wald moosig gemacht. Und dann wird die Sau rausgelassen. | |
Bild: Die Königsdisziplin: die Make-up-Effekte schön schmierig hinzukriegen. | |
Splatterfilme, haben wir nach viel Seminarlektüre und Subtextanalyse | |
gelernt, bergen durchaus zeitdiagnostisches Potenzial. Als Metaphern und | |
Allegorien berichten sie vom Stand der Dinge, arbeiten mit an unserem Bild | |
vom Körper und dessen fluiden Grenzen und bergen zudem noch subversives | |
Potenzial, indem sie etwa Gender-Shiftings aus der Buchstabentheorie heraus | |
in die Konkretion des blanken Fleisches hieven. | |
Und dann gibt es die Splatterfilme, die einfach nur die Sau rauslassen, | |
ihrer Lust an Stumpf und Gekröse so lange mit Wonne frönen, bis der | |
Hackepeter angerichtet ist. Das sind entweder die richtig miesen, weil | |
dümmlich auf lustig getrimmt, oder die richtig guten, da sie einem als | |
blankes Affektkino ganz existenziell die Pumpe gehen lassen. Im Gestus | |
durchaus kunstfern, aber als simulativ-stimulative Reizattacke in einer, ja | |
glücklicherweise, recht reizattackenfreien Welt durchaus zu gebrauchen. | |
„Evil Dead“, Fede Alvarez’ Remake von Sam Raimis hierzulande wegen eines | |
blödsinnigen Totalverbots lange Zeit berüchtigtem „Tanz der Teufel“, | |
schlägt sehr herbe in diese zweite Kategorie: Der nur im Detail | |
abgewandelte Minimal-Plot – junge Leute verbringen einige Tage in einer | |
entlegenen Waldhütte, wo sie versehentlich einen Dämon heraufbeschwören – | |
lässt noch immer genügend Raum für effektives Gruseln vor in der Tat | |
atmosphärisch gediegener Kulisse. | |
Viel Aufwand wurde betrieben, um die Waldhütte schön morsch, die | |
Kloschüsseln schön keimig, den Wald schön moosig und schließlich – | |
Königsdisziplin – die Make-up-Effekte schön schmierig hinzukriegen. | |
## Kaum Computereffekte! | |
Was bei Raimi noch sanft den Charme des Selbstgebastelten versprühte, | |
erfährt bei Alvarez einen signifikanten Modernisierungsschub und reizt das | |
technische Machbare der Schmink- und Prothesenkunst – kaum Computereffekte! | |
– deutlich aus. Das Ergebnis überzeugt daher vor allem sportlich: Höher, | |
schneller, zersägter, blutiger – Grand-Guignol-Athletik vom Feinsten. Für | |
den Kenner liefert er zudem noch schöne Referenzen ans Original mit. | |
Dass sich am Ende dann doch noch ein überraschender Schuss | |
Gender-Subversion unter Blut und Beuschel hebt, tröstet schließlich auch | |
noch etwas darüber hinweg, dass eine einst randständige, der Subkultur nahe | |
Ästhetik heute aus dem Herzen des Mainstreams – Verleih: Sony – in die | |
Multiplexkinos blutet. | |
## „Evil Dead“. Regie: Fede Alvarez. Mit Jane Levy, Shiloh Fernandez u. a. | |
USA 2013, 91 Min. Filmstart Donnerstag, 16 Mai 2013. | |
16 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Thomas Groh | |
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