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# taz.de -- Video der Woche: Lemmy, I'm A Feminist!
> Eine Berliner Band widmet Motörhead-Sänger Lemmy Kilmister eine kritische
> Hommage in Bild und Ton. Regie führte Splatter-Experte Jörg Buttgereit.
Bild: Hat Kuchen mitgebracht: Lemmy Kilmister.
Lemmy Kilmister, dieses Urvieh des Rock ’n’ Roll, ikonisch verwarzter
Sänger von Motörhead, ist für die Sache des Feminismus noch nicht verloren.
Daran jedenfalls glaubt Julie Miess, Sängerin der Berliner Band Half Girl,
ganz fest.
Kilmister, den seine Fans stets liebevoll bloß „Lemmy“ nennen, ist
regelrecht eine Obsession der zierlichen Person, die früher Bassistin in
Christiane Rösingers Band Britta war und nun zusammen mit drei befreundeten
Musikerinnen Half Girl bildet. Miess mag den Bart von Lemmy, sein
Bassspiel, seine Musik und sie hat ihm nun zusammen mit ihrer Band eine Art
kritischen Fansong gewidmet, der als Zuruf gedacht ist: „Lemmy, I’m A
Feminist“.
Das Stück ist gerade auf einer Split-Single erschienen, die Half Girl
zusammen mit der österreichischen Band Luise Pop herausgebracht hat. Der
Lemmy-Song ist ein Hit voller druckvoller Gitarren und fettem Sound, der an
den melodiösen Punkrock der Ramones erinnert, aber durchaus auch den
Mitgröleffekt eines typischen Motörhead-Songs aufweist. Der echte Lemmy
kann stolz darauf sein, dass er die vier Frauen von Half Girl zu dieser
Nummer inspiriert hat.
„Lemmy, I’m A Feminist!“ ist aber mehr als bloß ein tolles Stück. Für …
Miess ist er auch ein identitäres Projekt: Die Musikerin, die auch als
Literaturwissenschaftlerin arbeitet, hat irgendwann, so wie es sich für den
echten Fan gehört, die Lemmy-Autobiografie „White Line Fever“ gelesen. In
dieser lässt sich Lemmy an mehreren Stellen über Feministinnen aus. Diese,
so glaubt er, mögen ihn, den vorgeblichen Macho-Rocker, sowieso nicht. Und
er wiederum misstraut den Feministinnen, seit er in seiner Schulzeit von
einer Lehrerin, die er etwas abfällig Emanze nennt, genötigt wurde zu
stricken.
Lemmy, diese Personifikation des virilen, Groupies verschlingenden
Dicke-Eier-Rockers, der schon zum Frühstück eine Flasche Jim Beam trinkt
und eine Schachtel Zigaretten wegraucht, musste in der Schule stricken! Ein
schier unfassbares Bekenntnis.
Julie Miess hat ihrem Lieblingssänger daraufhin einen mitfühlenden Aufsatz
gewidmet, der in einem Reader zu Feminismus und Pop veröffentlicht wurde
und in dem sie erklärt, dass sie, die Lemmy wohl auch für eine Emanze
halten würde, vollstes Verständnis für seine Abneigung gegen den
Strickzwang hat. „Lemmy, ich bin Feministin, und wie du wollte auch ich
schon früh lieber in einer Rockband Bass spielen, als zu stricken“, das ist
es ungefähr, was sie dem heutigen Heavy-Metal-Sänger in dem Half-Girl-Song
klarmachen möchte.
Zu dem Song gibt es auch einen Videoclip. Gedreht haben ihn die Berliner
Splatter-Regisseure Frank Behnke und Jörg Buttgereit („Nekromantik“). Der
Clip, der Pfingstsonntag im Berliner „Südblock“ seine Weltpremiere feierte,
ist, wie Buttgereit erklärt, eine brillante Dekonstruktion diverser
Rock’n’Roll-Klischees und eine Handreichung in Richtung Lemmy.
Man sieht, wie „Lemmy“ persönlich bei einer Session von Half Girl zu Kaffee
und Kuchen vorbeischaut. Die Frauen rocken wie wahnsinnig, was Lemmy gut
gefällt, sodass er der Band freiwillig einen Kuchen backt. Beim gemeinsamen
Kaffeeklatsch wird ein „Feminist-Whiskey“ in die Teekanne geschüttet, es
gibt Kippen für alle, und am Ende setzt sich Lemmy dann sehr gern auf den
Schoß der Rockgöttin Julie Miess.
Jetzt muss nur noch jemand dem echten Lemmy Song und Clip zuspielen. Julie
Miess wüsste zu gern, was er davon hält.
24 May 2013
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
Motörhead
Rock'n'Roll
Feminismus
Musikvideo
Motörhead
Heavy Metal
Jungswelten/Mädchenwelten
Motörhead
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