# taz.de -- Dortmund nach dem CL-Finale: Trauer und Zukunftsversprechen | |
> Die Dortmunder sind stolz auf ihre prächtige Leistung im Finale. Nun | |
> müssen sie sich aber den gestiegenen Ansprüchen stellen. | |
Bild: Stolze, traurige Verlierer. | |
Sechs gelb-schwarze Palastwachen in eigens geschneiderten BVB-Anzügen | |
hatten die Dortmunder vor dem herrschaftlichen Portal postiert, wo sie das | |
Ende ihrer erstaunlichen Champions-League-Saison feiern wollten. Reglos wie | |
ihre echten Kollegen standen die Herren auf der Treppe zum National History | |
Museum, das Dumme war nur, dass es hier keine Könige zu bewachen gab. Die | |
kommen aus Bayern und feierten ein paar Kilometer weiter. | |
Auf dem Fest des Revierklubs gab es nur ein paar Verlierer zu | |
beaufsichtigen. Stolze Verlierer zwar, darauf haben die Dortmunder in ihren | |
Erklärungen nach der 2:1-Niederlage gegen den FC Bayern explizit | |
hingewiesen, aber eben auch sehr traurige Verlierer. Der Pokal fehlte | |
schmerzlich, und deshalb wirkte diese Party irgendwie überdimensioniert. Im | |
Schatten gewaltiger Dinosaurierskelette wurden edle Snacks, Champagner und | |
auch Bier gereicht. Zum Gesang von Helene Fischer. | |
Aber auch die aufmunternden Worte des Schlagerstars halfen nicht wirklich | |
gegen den Schmerz, der durch die romanisch-byzantinischen Museumshallen | |
wehte. Die Tränen, die zwei Stunden zuvor auf dem Rasen von Wembley | |
geflossen waren, sind noch längst nicht getrocknet, auch wenn Kapitän | |
Sebastian Kehl tapfer behauptete, dass „die Enttäuschung relativ schnell | |
gewichen“ sei. Er selbst empfinde schon wieder „voranging Stolz“. Wer in | |
die Gesichter der Jüngeren schaute, sah eher andere Gefühle, da waren die | |
Lippen schmal, die Blicke leer, die Gesichter blass. | |
Immerhin waren sie gute Verlierer, es gab jedenfalls niemanden, der klagte. | |
Und das ist durchaus bemerkenswert nach all den Provokationen, die während | |
der vergangenen Wochen zwischen München und Dortmund ausgetauscht worden | |
waren. Experten meinten, der Schiedsrichter habe den BVB benachteiligt, | |
weil er Dante nicht vom Platz gestellt hatte, aber diese Nebensächlichkeit | |
mochte niemand in den Mittelpunkt stellen. Alle hatten gespürt, was | |
Sportdirektor Michael Zorc präzise auf den Punkt brachte: „Es gab heute | |
eben ganz kleine Unterschiede“, vor allem sei es dem FC Bayern „gelungen am | |
Ende mehr Torchancen zu kreieren.“ | |
## Keine Impulse von außen | |
Es waren tatsächlich nur kleine Unterschiede. „Es gibt heute eigentlich | |
keinen Verlierer“, konstatierte Kehl. Wobei die Dortmunder Schwächen schon | |
sichtbar wurden. Je länger die Partie dauerte, desto blasser wurde die | |
Offensive um Marco Reus und Robert Lewandowski, und die Bank ist zu schwach | |
besetzt, um adäquat auf so eine Entwicklung zu reagieren. Franck Ribéry und | |
Arjen Robben hingegen waren kurz vor Schluss, als der BVB begann, mit den | |
Unwägbarkeiten einer Verlängerung zu liebäugeln, in der Lage, den | |
entscheidenden Augenblick zu erzeugen. | |
Dieses unangenehme Gefühl, keine Impulse von außen setzen zu können, haben | |
die Münchner vor einem Jahr gehabt, als sie sich dem FC Chelsea geschlagen | |
geben mussten. Sie haben ihren Kader daraufhin mächtig aufgewertet, ähnlich | |
wollen die Dortmunder reagieren. „Wir werden im Sommer auf jeden Fall | |
einkaufen gehen“, kündigte Trainer Jürgen Klopp an. So schnell ist dieses | |
seltsame Geschäft. Die Endspielverlierer hatten noch nicht einmal geduscht, | |
da wurde schon wieder von Transfers geredet. „In zwei Jahren ist das Finale | |
in Berlin, das wäre eine tolle Sache, dort wieder im Finale dabei zu sein“, | |
sagte Klopp. | |
Die Dortmunder werden sich breiter aufstellen. Es bleibt ihnen kaum etwas | |
anderes übrig, weil sie ihren Außenseiterstatus aufgeben müssen. Sie sind | |
jetzt ein gefürchteter Champions-League-Finalist, entsprechend sind die | |
Erwartungen. „Wir werden nächstes Jahr wieder eine Mannschaft präsentieren, | |
die mindestens ebenso gut ist“, rief Watzke den Gästen im Schatten des 30 | |
Meter langen Diplodocus-Skeletts in der Museumshalle zu. Ein gewagtes | |
Versprechen. | |
Der BVB wird ein anderer Klub sein. Nicht nur weil Robert Lewandowski wohl | |
zum FC Bayern wechselt, sondern auch weil die Mannschaft reift. In der | |
Bundesliga sind die wilden Jahre in der Rolle des Parvenüs schon länger | |
vorbei, nun ist der BVB auch international ein Gigant. Wie diese | |
Metamorphose fortgesetzt wird, ist eine der spannenden Zukunftsfragen im | |
Revier. | |
26 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Daniel Theweleit | |
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