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# taz.de -- Homophobie in Frankreich: Ungebrochener Wille zum Widerstand
> Zehntausende gehen erneut in Paris gegen die Homo-Ehe auf die Straße. Vor
> allem die konservative Partei UMP hofft von dem Unmut zu profitieren.
Bild: Gegner der Homo-Ehe am Sonntag in Paris.
PARIS taz | Erneut haben in Paris Homo-Ehe-Gegner demonstriert. Es waren
dieselben Spruchbänder und Fahnen in Rosarot und Hellblau (die Farben für
weiblich/Mutter und männlich/Vater) und wieder Zehntausende aus dem ganzen
Land, für die offenbar die traditionelle Familie und ihre Vorstellung der
christlichen Zivilisation vom Untergang bedroht sind. Viele von ihnen
fühlen sich aufrichtig in ihrer religiösen Überzeugung verletzt. 72 Prozent
der Franzosen finden hingegen, es sei an der Zeit, mit diesen
demonstrativen Trotzreaktionen aufzuhören.
Das Gesetz, das gleichgeschlechtlichen Paaren Heirat und Adoption erlaubt,
ist unter Dach und Fach, vom Parlament beschlossen, vom Verfassungsgericht
abgesegnet und von Staatschef François Hollande in Kraft gesetzt. In dieser
Woche finden die ersten Trauungen von Schwulen und Lesben statt.
Damit ist jedoch für ultrakonservative Kreise in Frankreich die Debatte
keineswegs zu Ende. Denn sie sind überzeugt, dass die Homo-Ehe nur ein
Anfang ist, weil die Linksregierung weitere Reformpläne hat, die ebenso
oder noch mehr gegen ihre Vorstellung einer natürlichen Ordnung verstoßen –
wie der Zugang zu Techniken der künstlichen Befruchtung.
Am Sonntag war in Frankreich Muttertag. Das scheint manche TeilnehmerInnen
besonders motiviert zu haben. Die Regierung hatte gehofft, dass diese
Demonstration eine Art Ehrenrunde oder Abschiedsveranstaltung sein würde.
## "Hollande Rücktritt!"
Der Wille zum Widerstand aber scheint ungebrochen. Um die erwarteten
Menschenmassen zu kanalisieren, wurden von den Koordinatoren der Bewegung
drei Umzüge organisiert, die sich zuletzt auf dem Platz vor dem
Invalidendom vereinigen sollten. „Eine Familie, das ist ein Vater und eine
Mutter, alles andere ist eine Lüge“, sagt in der Rue de Rennes Sandrine
Lenoir, eine Studentin, die mit Freundinnen zu dieser Kundgebung gekommen
ist. Dass andere mit dieser Argumentation nichts anfangen können, weil ja
künftig auch keinen Hetero-Paaren untersagt wird, zu heiraten und Kinder zu
haben, versteht sie nicht. Sie sagt: Die Befürworter der Homo-Ehe hätten
überhaupt nicht verstanden, „was auf dem Spiel steht“. Eine Reihe weiter
hinten grölt ein von mehreren Kindern begleiteter Familienvater, ermutigt
von der beeindruckenden Zahl der Demonstranten: „Hollande Rücktritt!“
An der Spitze eines der Umzüge marschierte auch, begleitet von
Parteikollegen, Jean-François Copé, der Chef der konservativen
Oppositionspartei UMP. Er hofft, dass sich dieses „vornehme Engagement von
Hunderttausenden beim nächsten Urnengang“ (für die UMP) auszahlen werde.
Nicht alle in seiner Partei sind mit der uneingeschränkten Unterstützung
dieser außerparlamentarischen Bewegung einverstanden, in der immer mehr
ultrakonservative Kreise den Ton angeben und die Extremisten die
Konfrontation suchen.
In Erwartung von Provokationen Rechtsradikaler hatte die Polizei 4.500
Leute aufgeboten. Innenminister Manuel Valls hatte vergeblich geraten, ohne
Kinder zu demonstrieren. Nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern auch
wegen politischer Bedenken warnte Expremier Alain Juppé vor der Teilnahme
an Aktionen, die die UMP nach rechts abdriften lassen.
Der frühere Innenminister François Baroin sagte: „Das ist eine Demo zu
viel.“
26 May 2013
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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