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# taz.de -- Mordverdächtiger in den USA: Tod beim Verhör
> Ein Freund des mutmaßlichen Boston-Attentäters stirbt unter mysteriösen
> Umständen von Hand des FBI. Bürgerrechtler und Familie fordern
> Aufklärung.
Bild: Abdulbaki Todashev, Vater des Opfer bei der Pressekonferenz in Moskau.
WASHINGTON taz | Es war eine „Exekution" sagt der Vater von Ibragim
Todashev. Bei einer Pressekonferenz in Moskau zeigt der Vater in dieser
Woche 16 Fotos von der durchlöcherten Leiche seines Sohnes.
Der 27jährige war am 22. Mai, bei einem Verhör in seiner Wohnung in Florida
von einem FBI-Agenten erschossen worden. Die US-Medien verflimmern die
Fotos aus dem Leichenschauhaus. Sie zeigen zahlreiche Einschüsse im Körper
des jungen Mannes. Sowie einen Schuss, der von oben direkt in seinen
Schädel führt.
Der Tote war unbewaffnet. Das verlautet inzwischen auch aus
Ermittlerkreisen. Das FBI hat eine interne Untersuchung begonnen. Doch
Angehörige des Toten und Bürgerrechtler, darunter der „Rat für
muslimisch-amerikanische Beziehungen", CAIR, verlangen eine unabhängige
Untersuchung.
In Florida will Hassan Shibly von CAIR die Bürgerrechtsabteilung des
US-Justizministeriums einschalten: "Zum jetzigen Zeitpunkt beschuldigen wir
niemanden. Aber es gibt eine Menge offene Fragen. Wir wollen wissen, ob es
unangemessene Gewalt gegeben hat".
## Mehrfach vernommen
Der FBI-Agent und zwei Polizisten – alle drei aus Massachusetts – waren
bereits seit mehreren Stunden bei Ibragim Todashev in Florida, als die
tödlichen Schüsse fielen. Sie hatten den jungen Mann, der mit einem der
beiden mutmaßlichen Bombenattentäter von Boston bekannt war, schon in den
vergangenen Wochen mehrfach vernommen.
Unmittelbar nach Ibragim Todashevs Tod am 22. Mai berichteten mehrere
US-Medien, darunter AP, NBC und ABC, unter Berufung auf nicht namentlich
genannte Ordnungshüter, er sei „bewaffnet" gewesen. Er sei mit einem Messer
auf die Ermittler losgestürmt. Aus dem Messer wurde in den seither
vergangenen Tagen: „möglicherweise ein Messer" und zuletzt: „kein Messer".
In der jüngsten Version aus Ermittlerkreisen war der Tote unbewaffnet. Er
soll jedoch den Tisch, an dem er saß umgestürzt haben, und auf den
FBI-Agenten zugerannt sein. Auch von einem „langen Stock, möglicherweise
ein Besenstiel“, den er in der Hand gehabt habe, ist die Rede. Der
FBI-Agent habe mehrere Schüsse auf ihn gefeuert. Da Todashev dennoch weiter
auf ihn anstürmte, habe der FBI-Agent weiter geschossen. Der ebenfalls im
Raum befindliche State Trooper hat nicht geschossen.
## Bereitwillig zusammengearbeitet
Der Tote in Florida war ein Bekannter des mutmasslichen Masterminds der
Bostoner Bombenattentate, Tamerlan Tsarnaev. Die Ermittler haben den jungen
Mann in Florida nicht wegen der Bostoner Bombenattentate vom 15. April
dieses Jahres verhört, bei denen drei Menschen ums Leben kamen und mehr als
160 verletzt wurden, sondern im Zusammenhang eines Dreifach-Mordes in
Massachusetts aus dem Jahr 2011. Angeblich schickte sich Todashev in
Florida kurz vor den tödlichen Schüssen an, ein Geständnis abzulegen.
Die Witwe des Toten in Florida und seine Schwiegermutter sind beide am
selben Tag an anderen Orten in den USA ebenfalls verhört worden. Beide
sagen, dass Todashev nichts mit dem Dreifach-Mord zu tun habe. Dass er nur
entfernt mit Tamerlan Tsarnaev bekannt gewesen sei. Und dass er
bereitwillig mit dem FBI zusammen gearbeitet habe. In Moskau hat der Vater
des Toten ein Visum für die USA beantragt, um die Leiche seines Sohns in
Florida abzuholen. Bei seiner Pressekonferenz in Moskau hat Abdulbaki
Todashev erklärt: „Das war nicht der FBI, das waren Banditen. Sie haben
meinen Sohn ermordet".
Ibragim Todashev hat den gleichaltrigen Tamerlan Tsarnaev, der Mitte April
bei der Verfolgungsjagd nach dem Anschlag auf den Boston Marathon
umgekommen ist, beim Kampfsport-Training in Boston kennen gelernt. Beide
stammten aus tschetschenischen Familien. Nach Verletzungen hatte Ibragim
Todashev den Kampfsport aufgegeben und war nach Florida umgezogen.
1 Jun 2013
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
USA
Kriminalität
FBI
Boston Marathon
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Boston
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