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# taz.de -- Olympische Spiele der Kleinstaaten: Luxemburg ist der größte Zwerg
> Die „Games of the Small States“ sind ein Großereignis – in Luxemburg.
> Kein Wunder, im Vergleich mit Andorra und San Marino sind seine Sportler
> fast unschlagbar.
Bild: Das ist doch mal ein schöner Medaillenspiegel
LUXEMBURG taz | Mit der Sportart nehmen die Fans es heute nicht so genau.
„Everybody was Kung Fu Fighting“ schallt es von der Tribüne. Während die
Judokas zum Frauenfinale einlaufen, intonieren sie die das Lied. Wenn kein
Wunder passiert, wird es gleich die nächsten Goldmedaillen für die
Gastgeber geben, schließlich hat das dreiköpfige Luxemburger Team Marie
Muller in ihren Reihen. Sie ist mit ihren 27 Jahren schon eine Legende:
Noch nie hat sie bei den Kleinstaatenspielen einen Kampf verloren.
Es ist der dritte Tag der Games of the Small States of Europe (GSSE), die
vom 27. Mai bis 1. Juni zum 15. Mal stattfinden. Teilnehmen dürfen nur
Athleten aus Ländern mit weniger als einer Million Einwohner. Also sind
diejenigen ins Großherzogtum Luxemburg gereist, die bei Olympischen Spielen
meist nur Zaungäste sind, Delegationen aus San Marino und Andorra,
Liechtenstein und Island, Zypern, Malta, Monaco und Montenegro.
Wie bei den großen Olympischen Spielen üblich mischt auch hier der
Gastgeber im Medaillenspiegel vorne mit. In der Judo-Halle „Tramsschapp“,
erbaut in einem alten Tram-Depot, wirbeln die Luxemburgerinnen die
Liechtensteiner Konkurrenz über die Matte. Marie Muller beendet ihren Kampf
nach rund zwei Minuten mit ihrer Spezialität, dem Innenschenkelwurf
Uchi-Mata. Dass vor der Siegerehrung Uniformierte und Zivilbeamte
auftauchen, hat seinen Grund: Die einheimische Prinzessin Maria-Theresia
ist erschienen, um die Medaillen zu überreichen – in einem enorm
unvorteilhaften Hosenanzug.
Marie Muller, die in London knapp den Kampf um Olympia- Bronze verlor,
behält ihre weiße Weste bei den Kleinstaatenspielen: neben vier
Einzelgoldmedaillen hat sie nun drei im Team. „Das ist gut für meine
Medienpräsenz“, sagt sie. Wie in Deutschland die TV-Anstalten und Zeitungen
exzessiv über die Olympischen Spiele berichten, widmen sich nun in
Luxemburg die Journalisten in ähnlichem Umfang dem Großereignis.
## Der Größte unter den Kleinen
Muller freut sich darüber – in der Hand das Maskottchen, einen
roboterartigen Kopffüßer namens „Ready“. Den zugehörigen Slogan „Ready…
the Games trifft man dieser Tage überall in Luxemburg an. „Wer wird der
größte Kleinstaat, darum geht es hier“, erklärt Marie Muller, die ein paar
Kilometer von hier entfernt wohnt. Luxemburg, das sonst immer ein Zwerg
ist, ist unter den Kleinen ein Schwergewicht.
Umgekehrt sieht das bei David Büchel aus. In der 100-Kilo-Klasse holte der
Liechtensteiner Judoka Silber, doch sein Verband ist selbst hier ein
Federgewicht. „Ratet mal, wie viel Einwohner wir haben, grinst der
Sportstudent und amüsiert sich über die Reporter, die ihre Schätzung weiter
nach unten korrigieren. „35.000“, sagt er schließlich triumphierend. Für
die fast 50-köpfige Liechtensteiner Delegation sind die Spiele in Luxemburg
ein Saisonhöhepunkt. „Vor drei Wochen war ich bei der EM“, erzählt David
Büchel. „Ich flog in der ersten Runde raus. Wir waren zwei Athleten und ein
Coach, da war natürlich kaum Stimmung. Hier ist das ganz anders.“
Genau darum will David Büchel nun möglichst schnell zum
Leichtathletikstadion, um seine Teamkollegen anzufeuern. Unterwegs erzählt
er, was für ein Großereignis die Spiele für die Medien zu Hause in
Liechtenstein sind. Während Kollegin Marie Muller als Sportsoldatin
professionelle Voraussetzungen kennt, hat Liechtenstein nicht mal eine
Armee. Seinen olympischen Traum kann sich David Büchel trotzdem erfüllen:
Im Winter fährt er im Viererbobteam und hofft, in Sotschi dabei zu sein.
In einer Ecke des Stadions unterstützen die Montenegriner gerade ihren
Diskuswerfer Danijel Furtula. „Der ist gut, der war bei Olympia dabei“,
sagt Rastoder Dile, ein grauhaariger Mittvierziger. Olympionike Furtula hat
wohl einen fantastischen Tag erwischt. Der erste Versuch geht weit, was
seine Fans beflügelt. Noch ist das alles neu für sie, schließlich besteht
das Olympische Komitee Montenegros erst seit sieben Jahren.
## Eintritt überall frei
Die Premiere Montenegros bei den Kleinstaatenspielen war 2011. Entsprechend
euphorisch gehen sie zu Werke, die 20 Menschen in Rot und Gold. Alle sind
Migranten, die aus dem Großherzogtum angereist sind. „Drüben auf der
anderen Seite sitzt auch noch eine ganze Gruppe“, sagt Rastoder Dile auf
Deutsch. 6.000 Montenegriner leben in Luxemburg, und ein beträchtlicher
Teil davon hat es sich zur Aufgabe gemacht, die zwölf Athleten der
Delegation zu unterstützen. Das Stadion ist gut gefüllt. Wie bei allen
anderen Wettbewerben ist auch hier der Zugang gratis. Als die Abendsonne
durchbricht, bekommt Danijel Furkula seine Goldmedaille überreicht.
Ein paar Meter weiter unterhalb des Stadions künden in der Turnhalle Belair
derweil dröge Kirmesbeats den Höhepunkt des Tages an. Die Zuschauertribüne
ist voll, als die Kampfrichter mit gemessenem Schritt einlaufen, die gleich
die Gerätefinals der Männer bewerten sollen. Die Stimmung macht durchaus
Eindruck auf sie. Dem deutschen Kampfrichter gefällt neben dem Enthusiasmus
der Zuschauer auch die freundschaftliche Atmosphäre unter den Sportlern.
„Dabei hatte ich bis vor Kurzem noch nie von den Kleinstaatenspielen
gehört“, gibt er zu.
„Joyful, Colourful, Humble, Luxembourgish“, nannte die tägliche offizielle
GSSE- Zeitung die Stimmung bei der Eröffnungsfeier am Dienstag. Im Fokus
standen beim Auftakt die Sportler vom Inselstaat aus Zypern. Dass sie mit
einem großen Banner einliefen, auf dem „Thank You Luxemburg“ stand, ist
bisher das Thema der Spiele. Europas Krise zeigt sich auch hier,
ausgerechnet beim Spitzenreiter des ewigen Medaillenspiegels: Viel hätte
nicht gefehlt, und die Delegation aus Zypern wäre zumindest um einiges
kleiner ausgefallen.
## Zyperns starke Turner
Den Zyprioten fehlten etwa 140.000 Euro. Zu etwa einem Drittel kamen der
luxemburgische Staat, das Olympische Komitee des Großherzogtums und der
Europäische Olympische Fonds auf. Für Aristotelous Panagiotis sah es vor
Kurzem noch so aus, als seien „all die Trainingsstunden umsonst“ gewesen.
Für die Hilfe, sagt der 26-jährige Physiologiestudent, sei sein Team den
Gastgebern „sehr dankbar“. Er weist aber auch darauf hin, die Spiele wären
ohne Zypern „ärmer“ gewesen. „Montenegro ist stark im Basketball. Wir si…
stark im Turnen.“ Doch es ist nicht nur das: Ohne die Zypriotinnen hätte es
im Frauenbasketball nicht zu einem Viererturnier gereicht.
Drei Kolleginnen, die dehnend auf einer Matte im Spagat verharren, rufen
Aristotelous Panagiotis Aufmunterungen zu, als er zum letzten Wettkampf des
Abends ans Reck gehoben wird. Im Sprung und am Barren lief es nicht, doch
an der hohen Stange dreht Paganiotis auf. Flüssig ist sein Schwung,
spektakulär die Saltoschraube zum Abgang, und am Ende ist es immerhin noch
Bronze.
Mehr als die Hälfte der Wettkampftage liegt inzwischen hinter den Athleten.
Was bedeutet, dass es in der Stadt nach Einbruch der Dunkelheit voller
wird. Die Judokas aus Liechtenstein werden den Abend mit den gastgebenden
Kollegen verbringen: der Luxemburger Verband hat sie zum Grillen
eingeladen. Aristotelous Paganiotis wäre auch nicht abgeneigt, doch er hat
noch einen anderen Vorschlag: „Vielleicht ins Casino? Schließlich kann man
sich nicht jedes Mal darauf verlassen, dass die Gastgeber die Unterkunft
zahlen.“
2 Jun 2013
## AUTOREN
Tobias Müller
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