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# taz.de -- Konsum in Innenstädten: Gesetz gegen die grüne Wiese
> Immer mehr Kunden wandern aus den Städten in Shopping-Center oder ins
> Internet ab. Das Land Baden-Württemberg will die Kommunen zum Handeln
> zwingen.
Bild: In der Stuttgarter Innenstadt ist es voll, doch viele Kleinstädte darben.
STUTTGART taz | Lothar Raasch ist noch heute voll des Lobes. „Absolut
erfolgreich“ sei die Neugestaltung der Flensburger Innenstadt vor einigen
Jahren gewesen. Die aber hat nicht etwa die Stadt vorangetrieben, sondern
es waren die Grundstückseigentümer und Gewerbetreibenden vor Ort. Raasch,
in Flensburg bei der Industrie- und Handelskammer für das Thema
Standortpolitik zuständig, war einer der Initiatoren und Antreiber des
Vorhabens.
Schnell habe er viele Eigentümer überzeugen können. „Denn sie konnten
selbst entscheiden, was vor ihrer Haustür passiert.“ Für 4 Millionen Euro
haben 180 Eigentümer die Fußgängerzone aufgewertet, von der Stadt erhielten
sie dabei einen Zuschuss von insgesamt 365.000 Euro.
Was im hohen Norden schon gelungen ist, möchte die grün-rote
Landesregierung auch in Baden-Württemberg vorantreiben. Das Prinzip heißt
„Business Improvement Districts“, Quartiere zur innerstädtischen
Geschäftsentwicklung. Mit einem Landesgesetz sollen private Initiativen
dabei unterstützt werden, Maßnahmen zur Verschönerung ihres
Geschäftsquartiers selbst zu finanzieren und umzusetzen.
Sie sollen sich so gegen die Konkurrenz im Internet und den großen
Einkaufszentren auf der grünen Wiese stärken. „Es reicht nicht mehr aus,
ein gutes Angebot zu machen“, sagt SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. „Die
Kunden müssen sich auch wohlfühlen.“
## Händler müssen die Initiative ergreifen
Die Besonderheit: Die Initiative kann nur vonseiten der Eigentümer und
Gewerbetreibenden angestoßen werden. 15 Prozent müssten sie unterstützen.
Daraufhin dürfen Kommunen eine zeitlich befristete Satzung erlassen. Die
Maßnahmen sind dann durch alle Eigentümer in dem begrenzten Gebiet zu
finanzieren, sollten nicht mindestens 33 Prozent widersprechen. So sollen
Trittbrettfahrer vermieden werden. „Besonders die großen Filialisten
entziehen sich häufig gemeinsamen Aktionen“, so Schmiedel. Trotzdem würden
sie von den Maßnahmen profitieren.
In anderen Bundesländern wurden entsprechende Gesetze in ähnlicher Form
bereits verabschiedet, unter anderem in Hessen, Nordrhein-Westfalen und dem
Saarland. Die dort umgesetzten Projekte reichten von einer gemeinschaftlich
bezahlten Weihnachtsbeleuchtung über eine Begrünung oder Straßenfeste bis
hin zu der Entwicklung einer App mit Informationen über das Stadtquartier.
„Dabei geht es nicht darum, irgendwelche öffentlichen Aufgaben
zurückzufahren“, sagt Edith Sitzmann, Chefin der Grünen-Fraktion im
Stuttgarter Landtag.
Trotzdem gibt es kritische Stimmen und Sorgen. „Für überzeugende Konzepte
sollten sich auch Wege einer freiwilligen gemeinsamen Umsetzung finden
lassen. Zwangsbeglückung ist falsch“, sagt FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich
Rülke. Der Präsident des baden-württembergischen Handwerkstags, Joachim
Möhrle, befürchtet, dass die kleinen handwerklichen Ladengeschäfte zu den
Verlierern gehören könnten. Bezahlen müssten alle, die Planungen würden
aber oft keine Rücksicht auf die Bedürfnisse der kleinen Ladengeschäfte
nehmen, so Möhrle.
3 Jun 2013
## AUTOREN
Nadine Michel
## TAGS
Konsum
Kaufhaus
Shopping
Miete
Verkehr
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