# taz.de -- Streit um Schulgebäude: Wohnen statt pauken | |
> Auf St.Pauli regt sich Widerstand gegen die geplante Schließung der | |
> Gewerbeschule Werft und Hafen. Der Bezirk verspricht auf dem Gelände | |
> günstigen Wohnraum zu schaffen. | |
Bild: "Braucht auch Identität": Stadtteil St. Pauli. | |
In der kommenden Woche wird der Senat ein neues Konzept für die Ausbildung | |
der rund 55.000 Hamburger BerufsschülerInnen vorstellen. Aufgrund sinkender | |
SchülerInnenzahlen sollen einige Schulstandorte zusammengelegt und | |
geschlossen werden. Auch die traditionsreiche Gewerbeschule Werft und Hafen | |
auf St. Pauli soll voraussichtlich in vier Jahren schließen. Die | |
SchülerInnen sollen dann die Gewerbeschule an der Sorbenstraße in | |
Hammerbrook besuchen. | |
Der Bezirk Hamburg-Mitte hat bereits jetzt Pläne für das Schulgelände an | |
der Wohlwillstraße, obwohl sich im Stadtteil Widerstand gegen die | |
Schließung der Schule regt. „Ich werde für 100 Prozent öffentlich | |
gefördertes Wohnen auf dieser Fläche eintreten“, sagt Michael Mathe, Leiter | |
des Fachamtes Stadt und Landschaftsplanung im Bezirksamt. „Besonders in | |
Szenevierteln wie St. Pauli ist es wohnungspolitisch und städtebaulich | |
klug, Wohnraum mit günstigen Mieten zu schaffen.“ | |
Die AnwohnerInnen stehen den Plänen des Bezirks jedoch skeptisch gegenüber. | |
Der Sanierungsbeirat Wohlwillstraße fürchtet, dass ein möglicher Verkauf | |
des Schulgeländes eine weitere Aufwertung des Stadtteils zur Folge haben | |
könnte, und fordert einen Erhalt der Gewerbeschule. „Die SchülerInnen, die | |
oft aus schwierigen sozialen Verhältnissen stammen, werden durch die | |
Schließung der Schule in ein Gewerbegebiet verdrängt“, heißt es in einer | |
Empfehlung des Beirates an die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte. Die | |
Gewerbeschule, die seit 150 Jahren im Stadtteil besteht, habe das Viertel | |
geprägt. Eine Tradition, die aus Sicht des Beirats nicht einfach beendet | |
werden dürfe. | |
Die Bezirkspolitik unterstützt die Forderungen der AnwohnerInnen jedoch | |
mehrheitlich nicht. Eine Zusammenlegung sei sinnvoll, da auf St. Pauli die | |
typischen Hafenberufe schon längst nicht mehr den Schwerpunkt der | |
Ausbildung bilden würden. Die Mehrheit der SchülerInnen erlerne | |
Logistikberufe, die auch in Hammerbrook schwerpunktmäßig unterrichtet | |
würden. | |
„Wir können durch die Zusammenlegung die Ausbildung den Gegebenheiten | |
moderner Berufsschulbildung anpassen“, sagt Anja Keuchel, | |
Bezirksabgeordnete der SPD. Im bezirklichen Wohnungsbauprogramm für 2013 | |
ist das Schulgelände bereits als Potentialfläche für den Wohnungsbau | |
ausgewiesen. „Wir müssen deutlich machen, dass an dieser Stelle Wohnungen | |
entstehen sollen. Ansonsten entsteht dort vielleicht etwas, das weder wir | |
noch die Anwohner gutheißen können“, sagt Henriette von Enckevort, | |
Bezirksabgeordnete der SPD. Es sei die Entscheidung der Schulbehörde, den | |
Standort aufzugeben. Daher müsse der Bezirk die Möglichkeit nutzen, | |
günstigen Wohnraum zu schaffen. Die Zielgruppe sind dem Papier zufolge | |
junge Familien. Der Anteil der öffentlich geförderten Wohnungen muss noch | |
festgelegt werden. | |
„Stadtteile können nicht nur aus Wohnungen bestehen, sondern brauchen auch | |
eine Identität wie diese Traditionsschule“, sagt Jutta Kodrzynski, | |
Bezirksabgeordnete der Grünen. Sollte der Senat die Schule schließen, | |
wollen jedoch auch die Grünen die Wohnungsbaupläne des Bezirksamtes | |
unterstützen. | |
Der Sanierungsbeirat bliebt skeptisch. Ungeachtet aller Versprechungen, | |
günstigen Wohnraum zu schaffen, fürchtet man, mit dem Schulgelände bald ein | |
weiteres Stück St. Pauli zu verlieren. | |
4 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Dominik Brück | |
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