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# taz.de -- Rechtsextreme in Frankreich: Die deutsche SA als Vorbild
> Die Faschisten gewinnen in Frankreich immer weiter an Einfluss. Die
> Verbindung zum Front National ist ungebrochen. Jetzt will die Regierung
> handeln.
Bild: Extrem unsympathisches Shirt!
PARIS taz | Der französische Premierminister Jean-Marc Ayrault will zwei
rechtsextreme Organisationen, die „Jeunesse Nationaliste Révolutionnaire“
(JNR – Revolutionäre Nationalistische Jugend) und die hinter dieser
Schlägerbande stehende „Troisième Voie“ (Dritter Weg), per Dekret
verbieten.
Die in den 80er Jahren von dem Skinhead Serge Ayoub alias „Batskin“
gegründete JNR wird in Zusammenhang mit den Skinheads gebracht, die vor
einer Woche in Paris einen jungen „Antifaschisten“, den 18-jährigen Cléme…
Méric, tödlich verletzt haben. Der blutige Streit mit politischen Motiven
wird so zum Anlass für die Regierung, gegen eine Neonazi-Szene vorzugehen,
deren Aggressivität und Gefährlichkeit sie unterschätzt hat.
Man hatte konsterniert den Kopf geschüttelt über die kahlgeschorenen Männer
mit ihrer grotesken paramilitärischen Aufmachung bei ihrem Aufmarsch zu
Ehren von Jeanne d’Arc am 12. Mai in Paris. Doch JNR-Gründer Ayoub beruft
sich explizit auf Nazi-Vorbilder, indem er den Skinheads eine politische
Stoßrichtung gibt: „Die Skins sind mehr SA als SS. Die SS tötet für die
Statistik wie eine Maschine. Die SA dagegen säuft, amüsiert sich und macht
Randale wie wir“, hat er dem Historiker Nicolas Lebourg, einem Experten der
französischen Neonazi-Szene, freimütig erklärt.
Einschüchternd und gelegentlich handgreiflich traten diese JNR-Gorillas in
der Vergangenheit auch als „Ordnungsdienst“ bei rechtsextremen
Veranstaltungen auf. Hinter der JNR steht als größere Organisation mit
angeblich mehreren hundert Mitgliedern die „Troisième Voie“, die sich mit
ihrem Namen direkt auf das Erbe des französischen Faschismus der 30er Jahre
beruft.
Bei historischen Namen von Organisationen wie „Action française“ oder
„Oeuvre française“ dachte man an alte Nostalgiker in Hinterstuben oder
Fossilien, die längst „in Formalin eingelegt“ seien, schreibt das
[1][Magazin] [2][Marianne]. Jetzt tauchen diese Scheintoten wieder an der
Seite neuer Gruppen wie „Bloc Identitaire“, „Jeunesses Nationalistes“
(nicht identisch mit JNR) oder anderen Kampfgruppen in der Öffentlichkeit
auf.
## Orientierungslose bürgerliche Opposition
Der Kampf gegen die Legalisierung der Ehe und Adoption für homosexuelle
Paare hat den Ultras ein breites Forum für ihre Propaganda geliefert. Im
Verlauf der Bewegung haben sich die radikalsten Homoehe-Gegner im
„Printemps français“ (Französischer Frühling) zusammengeschlossen, dem es
längst um mehr geht. Sie hoffen, dass ihnen die Enttäuschung über die
regierende Linke und die orientierungslose bürgerliche Opposition Zulauf
und eine Aussicht auf die Eroberung der Macht verschafft.
Eine zwiespältige Rolle spielt in dieser Szene der „Front National“. Er war
ursprünglich als Sammelbecken aller Rechtsextremisten gegründet worden, in
dem katholische Traditionalisten, Altfaschisten und Neonazis eine Heimat
fanden. Unter der Führung von Marine Le Pen möchte der FN aber als
„salonfähiger“ Konkurrent bei Wahlen unter dem Dach der parlamentarischen
Demokratie akzeptiert werden. Zu diesem Zweck sind besonders
kompromittierende Provokateure, die sich mit Hitlergruß fotografieren
ließen, demonstrativ aus der Partei ausgeschlossen worden. Hinter den
Kulissen sind die Kontakte viel enger, als dies Marine Le Pen zugeben will.
Heute finden die Faschisten auch in Frankreich einen neuen Nährboden in der
Verzweiflung über die politischen, sozialen und moralischen Folgen der
Krise, in einer verbreiteten Zukunftsangst und im Hass auf Eliten. Das ist
eine ernste Herausforderung für die humanistischen und egalitären
Grundwerten der Republik.
12 Jun 2013
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## AUTOREN
Rudolf Balmer
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Faschisten
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