# taz.de -- Kolumne Macht: Witze unter Freunden | |
> Rolf Kleine, der neuer Sprecher von Peer Steinbrück, mag ein Rassist | |
> sein. Ein Recht auf Privatsphäre hat er trotzdem. Alles andere wäre | |
> totalitär. | |
Bild: Was privat war, ist nun öffentlich? | |
Die allgemeine Empörung darüber, dass der US-Geheimdienst NSA private | |
Seiten auf Facebook ausspioniert, ist ein bisschen seltsam. Und zwar | |
deshalb, weil sich offenbar niemand darüber aufregt, wenn Medien den Inhalt | |
privater Postings veröffentlichen. Das passt nicht zusammen. | |
Rolf Kleine, der neue Sprecher des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück, | |
ist in Erklärungsnot, weil er auf seine Facebook-Seite einen rassistischen | |
Witz gestellt hat. Die Seite war nur seinen „Freunden“ zugänglich. Was | |
natürlich ein Hinweis darauf ist, dass man sich seine Freunde – gerade auf | |
Facebook – wirklich gut anschauen sollte. Denn wenn man nicht den | |
US-Geheimdienst als Quelle der Indiskretion vermuten möchte, dann muss ja | |
jemand anders die Geschichte durchgestochen haben. | |
Nun weiß die Öffentlichkeit also: Rolf Kleine hat einen schlechten Scherz | |
gemacht. Erstaunlich ist das nicht. Wer es jahrelang bei der Bild-Zeitung | |
aushält, sollte Geschmacklosigkeiten mögen und auch keine allzu große | |
Achtung vor der Menschenwürde haben. Schon deswegen war es eine schlechte | |
Idee von Steinbrück, ausgerechnet den langjährigen Leiter des | |
Bild-Parlamentsbüros für sich sprechen zu lassen. | |
Auf so einen Einfall kann eigentlich nur jemand kommen, der für die Galerie | |
spricht, zugleich aber den Eingeweihten augenzwinkernd zu verstehen gibt, | |
man solle das alles nicht so ernst nehmen, was er sage. Oder hält | |
Steinbrück die – gerade auch in seiner Partei weit verbreitete – | |
Einschätzung etwa tatsächlich für ungerecht, es handele sich bei Bild um | |
ein Drecksblatt? Dann sollte er das in seiner bewährt deutlichen Art sagen. | |
Man wüsste wenigstens, woran man ist. Aber wahrscheinlich versteht | |
Steinbrück gar nicht, wo da ein Problem liegen könnte. Immerhin hat es | |
unter seinem Parteifreund Gerhard Schröder ein Bild-Mann ja sogar bis zum | |
Regierungssprecher gebracht. | |
## Schutz der Privatsphäre ist ein Grundrecht | |
Manche Leute sehen darin allerdings noch immer ein Problem, darunter auch | |
viele Leute, die im Wahlkampf eigentlich Plakate für die SPD kleben sollen. | |
Es sind vielfach dieselben Leute, die rassistische, sexistische, | |
antisemitische und homophobe Witze nicht komisch finden. | |
Allerdings ist es ein Unterschied, ob man jemanden für ungeeignet hält, | |
Sprecher eines sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten zu sein, oder ob man | |
ihn seiner Grundrechte berauben möchte. In einem demokratischen Rechtsstaat | |
zieht kein noch so unsympathischer Sinn für Humor den Verlust dieser Rechte | |
nach sich. Und der Schutz der Privatsphäre ist ein Grundrecht. | |
Selbstverständlich kann man es ironisch finden, dass ausgerechnet der | |
langjährige Mitarbeiter einer Zeitung, die permanent die Privatsphäre | |
verletzt, jetzt mal am eigenen Leib erfährt, wie sich das anfühlt. Aber | |
darüber lässt sich zwar privat höhnen, das darf aber nicht die Grundlage | |
für einen Verhaltenskodex der Medien sein. Wer das Facebook-Posting | |
veröffentlicht hat, hat sich auf eine Stufe mit der Bild-Zeitung gestellt. | |
Man kann auch sagen, es sei unerträglich naiv zu glauben, irgendetwas im | |
Netz bliebe privat. Das ist realistisch – aber kein Argument. Jedenfalls | |
dann nicht, wenn man sich über die Internetüberwachung der NSA aufregt. So | |
schnell sollten Ansprüche nicht aufgegeben werden, auch und gerade nicht | |
der Anspruch auf Schutz der Privatsphäre. | |
Bei Spiegel Online war zu lesen, Kleine stünde in seiner neuen Rolle jetzt | |
unter Beobachtung. Und weiter: [1][„Was privat war, ist nun öffentlich.“] | |
Nein. Ist es nicht, sollte es jedenfalls nicht sein. Dieser Satz ist | |
totalitär. | |
15 Jun 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirbel-um-neuen-steinbrueck-sprec… | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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