# taz.de -- Proteste in der Türkei: 18 Mitglieder der Sozialisten in Haft | |
> Eine Zeitung und eine Nachrichtenagntur wurden durchsucht. Der | |
> Sozialistischen Partei der Unterdrückten wird die „Zerstörung | |
> öffentlicher Güter“ vorgeworfen. | |
Bild: Die Zelte der Demonstranten müssen weg: Polizeieinsatz am Donnerstag in … | |
ISTANBUL afp/rtr | Nach der gewaltsamen Auflösung der regierungskritischen | |
Proteste in der Türkei sind insgesamt 18 Mitglieder der an den Kundgebungen | |
beteiligten Sozialistischen Partei der Unterdrückten (ESP) inhaftiert | |
worden. Wie der Anwaltsverein CHD und der Fernsehsender NTV am Freitag | |
berichteten, müssen sie sich wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen | |
Vereinigung“ und der „Zerstörung öffentlicher Güter“ verantworten. | |
Die Polizei hatte am Dienstag Dutzende ESP-Mitglieder in ihren Wohnungen | |
festgenommen sowie Büros der Zeitung Atilim und der Nachrichtenagentur | |
Etkin duchsucht. Beide stehen der kleinen linksgerichteten Partei nahe. | |
Laut Innenminister Muammer Güler richtete sich der „seit einem Jahr | |
vorbereitete“ Polizeieinsatz gegen die „terroristische Organisation“ | |
Marxistisch-Lenistische Kommunistische Partei, die ebenfalls bei den | |
Protesten im Gezi-Park aktiv war. | |
Die Polizei hatte am Samstag unter massivem Gewalteinsatz den seit Wochen | |
von Demonstranten besetzten Istanbuler Park geräumt, wo die Proteste gegen | |
die islamisch-konservative Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip | |
Erdogan ihren Ausgang genommen hatten. Während der wochenlangen | |
Kundgebungen, die sich auf das ganze Land ausgeweitet hatten, wurden | |
hunderte Demonstranten festgenommen, von denen die meisten wieder auf | |
freiem Fuß sind. | |
Nach Einschätzung des Anwaltvereins dürfte die Zahl der | |
Untersuchungshäftlinge aber weiter steigen: Nach türkischem Recht darf die | |
Polizei einen Verdächtigen vier Tage in Gewahrsam behalten, dann muss ein | |
Staatsanwalt über das weitere Schicksal entscheiden. | |
## Botschafter einbestellt | |
Unterdessen ist der deutsch-türkische Streit über den EU-Beitritt des | |
Landes am Bosporus eskaliert. Die türkische Regierung bestellte am Freitag | |
den deutschen Botschafter Eberhard Pohl ins Außenministerium ein. Zuvor | |
hatte bereits Bundesaußenminister Guido Westerwelle den türkischen | |
Botschafter in Berlin einbestellen lassen. Das seltene diplomatische Ritual | |
wird als Instrument genutzt, um die Regierung eines anderen Landes massiv | |
und demonstrativ zu kritisieren. | |
Die Türkei wirft Deutschland vor, wegen der jüngsten Unruhen und des harten | |
Vorgehens der türkischen Sicherheitskräfte die Eröffnung eines weiteren | |
Kapitels der Beitrittsverhandlungen zu verzögern. | |
Die Gespräche sind seit drei Jahren blockiert, das neue Kapitel sollte | |
eigentlich in der kommenden Woche eröffnet werden. Deutschland hatte | |
zuletzt jedoch kurzfristig noch Informationsbedarf geäußert. Ursache seien | |
technische Gründe, erklärte das Auswärtige Amt am Freitag in Berlin. Die | |
Niederlande teilten die deutsche Position. Ob das neue Kapitel nun noch im | |
Juni unter irischer EU-Ratspräsidentschaft angepackt werden kann, ist | |
unklar. Am Montag sollen die Beratungen darüber in Brüssel weitergehen. | |
21 Jun 2013 | |
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