# taz.de -- Kunstprojekt in München: Nonstop Nonsens | |
> Das schwedische Duo Elmgreen & Dragset kuratiert „A Space Called | |
> Public/Hoffentlich Öffentlich“. Eine Rikscha-Fahrt entlang künstlerischer | |
> Interventionen. | |
Bild: Der gestürzte Riesenbuddha „Made in Dresden“ des in London lebenden … | |
Das schlichte weiße Marmordenkmal, das Ragnar Kjartansson auf dem | |
Gärtnerplatz in München aufgestellt hat, ist einem gewidmet, der | |
offensichtlich wusste, was er von Leben erwartet. „Alles was er machen | |
wollte, war zu onanieren und Pralinen zu essen“, steht unter einem | |
stilisierten Lorbeerkranz zu lesen. Der vermeintlich anstößige Wunsch passt | |
nicht schlecht in die Umgebung, die gerade schwer aufgemöbelt wird und in | |
der ganze Häuserzeilen dem Abriss zum Opfer fallen, um ultraschicken | |
Neubauten mit Kaltmieten ab 20 Euro pro Quadratmeter Platz zu machen. | |
In dieses Umfeld passen keine traditionellen Denkmale mehr, die | |
herausragende Persönlichkeiten oder Momente in Geschichte und Politik | |
würdigen. Hier dreht sich alles um die privaten Erfolge und Träume, und | |
einige davon, die dann zu großartigen Wohnungen führen, sind gewiss sehr | |
viel schmutziger als Kjartanssons „Träumerei - ein Denkmal“. | |
Auch Alexander Laners Anliegen heißt „Schöner Wohnen“. Sein Vorschlag | |
überzeugte die Jury der „4th Plinth Munich“. Der Münchner Denkmalssockel | |
der Künstler Stephen Hall und Li Li Ren ist eine Reprise der Fourth Plinth | |
am Londoner Trafalgar Square, die alle zwei Jahre - weil sonst leer - mit | |
einem jurierten Kunstwerk bedacht wird. Alexander Laner hat nun den Sockel | |
auf dem Wittelsbacherplatz im Herzen der Stadt zu einem vier Quadratmeter | |
großen Wohnraum mit Dachterrasse und kleinem Garten ausgebaut. | |
Die neugeschaffene Immobilie annonciert er als „luxussaniertes Baudenkmal | |
in Top-Lage mit Dachterrasse“. Das geringe Raumangebot sollte Interessenten | |
nicht stören. Ihr direkter Nachbar aus prominentem Adelsgeschlecht, | |
Maximilian I., Herzog von Bayern, hat auch nur elf Quadratmeter, die er | |
sich dazu noch mit einem Pferd teilen muss. | |
## Mokieren auf Rikscha | |
Das heutige München, fällt während der Presse-Rikschafahrt durch die | |
Altstadt auf, bietet sich geradezu an, sich zu mokieren. Die Art, wie sich | |
die bayerische Metropole geschniegelt und herausgeputzt präsentiert, hat | |
etwas Tragikomisches. Denn eine noch lebende, lebendige Stadt, so dachte | |
man jedenfalls bislang, kann sich doch nicht wie ein Flagshipstore | |
präsentieren. Andernfalls gehörte sie nach Singapur. Dort machte auch | |
Kirsten Pieroths „Berliner Pfütze“ Sinn, die jetzt am Isartor zu finden | |
ist. Echt verdrecktes Regenwasser aus Berlin - das ist verdammt sexy, im | |
Reinraum der neuen Städte. | |
Diesen Reinraum ein bisschen aufmischen soll nach Wunsch des städtischen | |
Kulturreferats das temporäre Kunstprojekt [1][„A Space Called | |
Public/Hoffentlich Öffentlich“], das vom schwedischen Künstlerpaar Michael | |
Elmgreen & Ingar Dragset kuratiert wurde (s. taz. vom 22. 3. 2013) und | |
dessen Fertigstellung Anlass der Rikschafahrt war. Die Stadt, die | |
klugerweise noch an der Kunstabgabe bei öffentlichen Bauvorhaben festhält, | |
konnte dafür ein Budget von rund 1 Million Euro zur Verfügung stellen. | |
## Denkmal für Bubbles | |
Am besten gelingt die Volte gegen die sterile Stadt dem Glasgower David | |
Shrigley, der allerdings an ein unwahrscheinliches, schon existentes, | |
wildes Denkmal andocken konnte. Auf dem Promenadeplatz vor dem Hotel | |
Bayerischer Hof haben Michel-Jackson-Fans mit einem Haufen Kitsch das | |
Standbild von Orlando di Lasso zum Erinnerungsort an ihren Helden | |
umgewandelt. Shrigley macht sich nun nebendran an Max II. Emanuel zu | |
schaffen, widmet die Installation aber Bubbles, dem Lieblingsaffen des | |
Popstars. Dessen Fans sind überhaupt nicht amüsiert. | |
Sonst aber stoßen die Arbeiten im öffentlichen Raum, ob Martin | |
Kippenbergers „Metro-Net“, sein U-Bahn-Eingang ins Nirgendwo, oder Tatiana | |
Trouvés weinende Matratze als Brunnenskulptur, auf Zustimmung. Den | |
gestürzten Riesenbuddha „Made in Dresden“, den der in London lebende | |
Künstler Han Chong auf den Viktualienmarkt platzierte, wollen die | |
Marktfrauen sogar adoptieren und wieder auf seinen Hintern setzen. Was | |
alles dafür spricht, dass die Münchner dringende Lust auf ein bisschen | |
Nonsens und Irritation verspüren. | |
24 Jun 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.youtube.com/watch?v=iHB9epBQxlI | |
## AUTOREN | |
Brigitte Werneburg | |
## TAGS | |
Kunst im öffentlichen Raum | |
München | |
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