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# taz.de -- Überwachung in Frankreich: Big Brother's französischer Bruder
> Ob Telefonate, SMS, E-Mail, Twitter oder Facebook – Spione des
> Geheimdienstes lesen und hören immer mit. Das passiert ohne gesetzliche
> Grundlage.
Bild: Auch in Frankreich hört der Geheimdienst immer mit.
PARIS taz | Die Zeitung Le Monde glaubt den Grund zu verstehen, weshalb das
von Edward Snowden aufgedeckte amerikanische Überwachungssystem Prism die
französischen Behörden nur sehr mäßig überrascht hat. In der Ausgabe vom
Freitag [1][enthüllt das Pariser Blatt,] dass die Spione der
Geheimdienstzentrale DGSE (Direction Générale de la Sécurité Extérieure)
letztlich genau dasselbe praktizieren wie ihre Kollegen von der NSA in den
USA.
Auf sämtlichen Kommunikationswegen – Telefongespräche, SMS, E-Mail,
Twitter, Facebook und andere Internetverbindungen – werde alles mitgehört,
mitgelesen und auf Jahre abgespeichert. Und das angeblich außerhalb des
gesetzlichen Rahmens und in aller Heimlichkeit, damit die überwachten
Bürger ja nichts von dieser Bespitzelung erfährt.
Noch schlimmer aber sei, dass diese ungeheure Menge an Daten nicht nur dem
Geheimdienst zur Abwehr äußerer Bedrohungen und zur Bekämpfung des
Terrorismus diene, sondern auch großzügigerweise sieben anderen
befreundeten staatlichen Behörden zur Verfügung gestellt würde.
Zu den Stellen, die sich in der Spionagezentrale der DGSE am Boulevard
Mortier im 20. Bezirk von Paris bedienen dürfen, gehören demnach auch die
Zolldirektion und die für Geldwäsche und andere Finanzdelikte zuständigen
Ermittler von „Tracfin“.
Laut Le Monde tauchen Informationen aus der geheimen Datenerfassung auch
oft in gerichtlichen Untersuchungen auf. Wegen der nicht genannten Quelle
werden sie dann als „anonyme Hinweise“ bezeichnet.
## Nur „Metadaten“ werden ausgewertet
Die Flut der registrierten Kommunikationen innerhalb von Frankreich und mit
dem Ausland ist allerdings so groß, dass sich die Auswertung vor allem auf
die so genannten „Metadaten“ beschränke: Aus der Häufigkeit gewählter
Telefonnummern und der Dauer von Gesprächen oder der wiederholten
Betrachtung von Web-Seiten können die Nachrichtendienstler Profile und
Netzwerke von Verdächtigen erstellen.
Das kann für den Kampf gegen Terrorismus und namentlich zur Prävention
äußerst nützlich sein. Dennoch konnte diese anscheinend sehr breit
angelegte Überwachung beispielsweise Mohammed Merah in Toulouse nicht daran
hindern, seine Mordanschläge zu planen und zu verüben. Die DGSE lieferte
später dem polizeilichen Nachrichtendienst Daten für die Suche nach
Komplizen.
Umgekehrt stellt die beschriebene sehr umfassende Überwachung und
Datenerfassung klar das Recht auf Privatsphäre der unbescholtenen Bürger
infrage.
Was Le Monde darstellt, gleicht mehr dem Orwell-Roman „1984“ als der
französischen Menschenrechtserklärung. Als phantasievolle Fiktion
bezeichnet aber die für die Kontrolle der legalen Überwachung zuständige
Kommission CNCIS die „Interpretation“ der Zeitung. Auch der Vorsitzende der
Parlamentskommission für die Nachrichtendienste, der Sozialist Jean-Jacques
Urvoas, relativiert: „Es entspricht nicht der Realität, dass die Gesamtheit
unserer Kommunikationen ausspioniert und auf Jahre hinaus gespeichert
wird.“
Wenn in den USA die NSA großräumig quasi mit dem Schleppnetz fische,
praktiziere die DGSE die Unterwasserjagd mit der Harpune. Dass der
amerikanische „Big Brother“ in Frankreich ein uneheliches Brüderchen haben
soll, stellte aber auch er nicht in Abrede.
5 Jul 2013
## LINKS
[1] http://www.lemonde.fr/societe/article/2013/07/04/revelations-sur-le-big-bro…
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Frankreich
Geheimdienst
NSA
Whistleblower
Datenspionage
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