| # taz.de -- DIE WAHRHEIT: Der Weichkittel | |
| > Schurken, die die Welt beherrschen wollen. Heute: Daniel „Beule“ Bahr. | |
| Bild: Wo Krankheit und Siechtum drohen, da ist Daniel Bahr nicht weit. | |
| Frauen mit Löchern in den Beinen. Familienväter, deren Juwelen so tief | |
| hängen, dass man bei jedem Schritt drauftritt. Touristen, die sich mit | |
| einem tropischen Virus infiziert haben, der ihre Augen in einen | |
| Schaumgummiball verwandelt. Greise mit Beulen im Gehirn: Sie alle brauchen | |
| nicht die Hoffnung mit leeren Rädern dahinfahren zu lassen! | |
| Denn wo immer Krankheit und Siechtum gegen den Homo sapiens anrennen, steht | |
| sie schon im Zieleinlauf bereit: die moderne Medizin, bewaffnet mit bunten | |
| Spritzen, blinkenden Pillen und sperrangelweitem Geldbeutel. Und er regiert | |
| seit zwei Jahren Deutschlands Ärzte und Patienten: | |
| Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr. Als geheime Eminenz ihm treu zur | |
| Seite wohnt: sein eingeschworener Bruder Thomas Bahr. Schon Ende der | |
| neunziger Jahre stand er als persönlicher Referent Jürgen Möllemanns mit | |
| mentalen Erkrankungen auf Du und Du, was aber hier nicht auf den Tisch | |
| gehört und deshalb unerwähnt in den Eimer kommt. Den Lesern auf die Nudeln | |
| gerieben werden darf dagegen, dass Daniel Bahr sich mit Fleisch und Blut | |
| für die regionalen Praxisnetze einsetzt, obwohl und obzwar sein | |
| eingeborenes Bruderherz als Mediziner und Geschäftsführer der Amberger UGOM | |
| (Unternehmen Gesundheit Oberpfalz Mitte) genau damit sein Konto rund macht. | |
| Obschon sich also familiär schmeckende Vorteile mit seinem derzeitigen | |
| Arbeitsplatz verketten und obgleich er sich obendrein ein paar | |
| Krankenkassen-Lobbyisten in seinem Ministerium hält, schwimmt also | |
| gleichwohl die Frage obenauf: Was ist Daniel Bahrs persönlicher Sinn und | |
| größerer Zweck? Ein kühler Blick auf seine knotendick angeschwollene | |
| Krankengeschichte gibt Auskunft. | |
| Nach neunmonatiger Inkubationszeit brach Daniel Bahr am 4. November 1976 im | |
| rheinland-pfälzischen Lahnstein aus und kam zunächst in häusliche Pflege, | |
| bevor er 1982 in Münster an der Schulpflicht erkrankte und nach vier Jahren | |
| sogar die ambulante Behandlung durch ein Gymnasium in Anspruch nehmen | |
| musste, die 1996 mit der Diagnose „Abitur“ endete. Danach wurde der Notfall | |
| bei der Dresdner Bank eingeliefert, wo er eine schwere Infektion zum | |
| Bankkaufmann durchmachte; 1998 wurde er, nachdem sich sein Zustand | |
| verschlechtert hatte, als Finanzberater nach Schwerin überwiesen. Noch im | |
| selben Jahr steckte er sich an der Universität Münster mit | |
| Volkswirtschaftslehre und Business Management an und musste schließlich mit | |
| dem Befund „Bachelor of Science in Economics“ bzw. „Master of Business | |
| Administration“ ungeheilt entlassen werden. | |
| ## Krankheit als prallen Wirtschaftsfaktor etablieren | |
| Zu allem Ausfluss hatte sich Daniel Bahr bereits als Vierzehnjähriger mit | |
| Liberalismus infiziert; bereits zwei Jahre später brach bei ihm FDP aus. | |
| 2002, nachdem die Krankheit chronisch geworden war, begab er sich zur | |
| weiteren Behandlung nach Berlin, zur stationären Unterbringung im | |
| Bundestag. Hier metastasierte er in diverse Ausschüsse und griff 2009 aufs | |
| Gesundheitsministerium über, wo er unter dem anderen liberalen | |
| Krankheitsherd Philipp Rösler eine Geschwulst als Staatssekretär | |
| ausbildete, bis im Mai 2011 die finale Krankheit ausbrach, Diagnose: | |
| Bundesminister. | |
| Wer am Morbus Bahr leidet, betrachtet die Gesundheitspolitik als | |
| Fortsetzung der kapitalistischen Wirtschaftskrise mit deren Mitteln. Die | |
| Geldbörse, das weiß man als virulentes Mitglied der nach einem neoliberalen | |
| Ansteckungsherd benannten Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung, muss am Ende | |
| immer die Hosen anhaben. Dementsprechend geht es darum, Krankheit als | |
| prallen Wirtschaftsfaktor zu etablieren, lebende Menschen zu geldwerten | |
| Handelsgütern umzukrempeln, das nackte Virus der Konkurrenz auf Mediziner | |
| und Krankenhäuser zu übertragen, den Wettbewerb zwischen Kranken und | |
| Gesunden aufzuheizen und die Gesundheitspolitik schlechthin mit dem | |
| Bazillus der Marktwirtschaft zu verseuchen. | |
| Noch ist es Bahr, der jahrelang im Beirat der ERGO-Versicherungsgruppe mit | |
| septischen Keimen in Berührung gekommen war, nicht gelungen, das | |
| lebenswichtige Organ der gesetzlichen Krankenversicherung durch eine | |
| neoliberale Therapie auf die Erbsengröße einer Grundversorgung | |
| einzudampfen. Doch dicker aufgetragener Arbeitnehmeranteil, privat | |
| angehängte Zusatzversicherungen, aus dem individuellen Sack zu bezahlende | |
| Gesundheitsleistungen und zwölf Prozent Jahreszins, den sich säumige | |
| Versicherte aus dem eigenen Speck schneiden müssen, pflastern seinen Weg; | |
| während noch immer kein Plan für die Pflege lebender Dementer ausgetüftelt | |
| ist, weil niemand weiß, wie man damit seinen gesunden Geldbeutel vollpacken | |
| kann. Fett abgesteckt ist dagegen das Geschäftsfeld Organtransplantation. | |
| Hier betreibt Bahr daher schnurgerade Aufklärung als Propaganda für den | |
| lukrativen Handel mit erntefrischen Menschenteilen. | |
| Wenn’s das Geschäftsmodell erlaubt, werden sie wie tausend andere | |
| Gesundheitsprodukte als „Health made in Germany“ zum Exportschlager. Heute | |
| kurieren wir Deutschland und morgen die ganze Welt: Der liberale | |
| Ausscheider Daniel Bahr wird’s richten! | |
| 12 Jul 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Köhler | |
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