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# taz.de -- Der Fortsetzungsroman: Kapitel 11: Zwanglos
> Was bisher geschah: DIE LUST gibt Leena via Facebook in aller
> Netzöffentlichkeit Ratschläge. Zum Beispiel: mal Voyeurismus
> ausprobieren.
Bild: In High Heels führt Susan Leena durch ihren Swingerclub.
Gedämpftes Licht. Polstermöbel mit einem jahrelang eingefressenen Geruch
nach Zigaretten, Alkohol und Sex. Hinter dem Tresen spülte eine
Mittzwanzigerin in einem Nichts aus türkisfarbener Spitze Gläser.
Ein Blick genügte.
Leena schlug die Tür zu, sprang die Stufen hinunter und lehnte sich mit dem
Rücken gegen die Hauswand. „Glaubst du wirklich, dass das eine gute Idee
ist?“, fragte sie.
„Das weiß man immer erst hinterher“, räumte Isabelle ein. „Aber wo wir
schon hier sind, solltest du es auch ausprobieren.“
„Du hast gut reden. Wenn das so easy ist, warum kommst du dann nicht mit?“
„Och, Leena, das hatten wir doch schon. Es war deine Idee. Und mit mir
zusammen würdest du nicht erleben, was du erleben willst.“
Und das war noch gleich …?, fragte sich Leena. Ach richtig: Voyeurismus.
Lust. Swingerclub. Tolle Idee.
„Nur gucken?“, rückversicherte sie sich.
„Was du willst“, bestätigte Isabelle. „Alles kann, nichts muss. Der alte
Spruch.“
Leena lachte zu schrill. Trotzdem ließ sie sich von Isabelle bei den
Schultern fassen und zurück zur Treppe schieben. „Ich warte beim Inder in
der Bergmannstraße auf dich. Okay?“
„Okay.“
Leena stieg die Stufen hoch. Sah sich noch einmal nach Isabelles Lächeln
um, öffnete die Tür erneut und machte einen schnellen Schritt nach drinnen.
Schloss die Tür hinter sich. Geschafft.
„Hallo.“ Die Frau hinter dem Tresen schüttelte ihr kastanienbraunes Haar.
„Was kann ich für dich tun?“
„Habt ihr Tee?“, fragte Leena.
Die Frau kicherte. „So schlimm?“
„Es ist mein erstes Mal.“
„Das ist ja wunderbar! Herzlich willkommen. Ich bin Susan.“ Sie trocknete
sich die Hände ab und kam um den Tresen herum. Unter der türkisfarbenen
Spitze war sie sehr nackt. Leena zog den Reißverschluss ihrer dünnen Jacke
hoch. Susan tätschelte ihren Rücken. „Komm, wir trinken erst mal einen
Prosecco und dann zeig ich dir alles.“
Es gab eine Umkleidekabine und Spinde. Keinen expliziten Dresscode, aber
„weniger ist mehr“, feixte Susan. Es war offensichtlich der Tag der
Plattitüden. Fehlte noch: Jedem Tierchen sein Pläsierchen. Und mein Pläsier
ist offensichtlich das Zusehen. Für den Moment.
Leena sah Susan erwartungsvoll an.
Susan sah erwartungsvoll zurück.
„Magst du dich nicht umziehen?“, schlug sie schließlich vor.
Selbst Zuschauen erfordere eine gewisse Camouflage, hatte Isabelle
gepredigt. Leena gab auf. Sie schlüpfte aus ihrer Jeans, faltete sie auf
DIN-Norm und legte sie nach einem prüfenden Blick ins oberste Fach. Darauf
Socken, T-Shirt und ihre Jacke. Schuhe auf den Boden. Unter Susans
gutmütigem Schweigen nahm sie Isabelles halbtransparentes Hängerchen aus
ihrer Leinentasche und zog es über die Unterwäsche. Die Brille behielt sie
auf.
Während sie noch abwog, wo sie den Schlüssel zum Spind verstauen sollte,
balancierte Susan auf ihren Zwölf-Zentimeter-Heels bereits zurück in den
Flur. Leena folgte ihr an den Separees vorbei durch das Kaminzimmer in den
„Kontaktraum“. Dort saßen fünf Menschen, die die Neuankömmlinge ungeniert
musterten. Immerhin trugen sie keine venezianischen Masken.
Der Gedanke, sich auf eines der Sofas zu setzen, bereitete Leena Unbehagen.
Der Gedanke, diesen Menschen beim Kopulieren zuzusehen, noch mehr. Was für
eine bescheuerte Idee, dachte sie. Und überhaupt: Beim Pornodreh hab ich
wirklich genug Leuten beim Sex zugesehen – sogar welchen, die ich attraktiv
fand. Und hat es mich angemacht? Nein. DIE LUST hat keine Ahnung. Bloß weil
ich als Kind immer das Tagebuch meiner Schwester gelesen habe, bin ich noch
lange keine Voyeurin. Und weil ich auf Facebook mehr lese als poste auch
nicht.
Aber warum, wisperte eine gehässige Stimme in ihrem Kopf, warum fällt dir
das alles erst jetzt ein? Leena prügelte den Einwand beiseite. Im Gegenzug
schlug ihr Herz auf ihren Körper ein.
„Ich zeig dir noch unser Spielzimmer, dann hast du alles gesehen“, flötete
Susan.
Spielzimmer. Natürlich. Das innere Scharmützel wurde zur Schlacht, aber
Leena gab sich ungerührt. Bisher hatte sie noch jeden Kampf gegen ihren
Körper siegreich geschlagen – dieser Swingerclub würde nicht zu ihrem
Waterloo werden. Sie musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um Susans
hochhackiges Ohr zu erreichen.
„Mir fällt gerade ein …“, flüsterte sie. „Ich gar keinen Parkschein �…
Sie lächelte das Trio auf der Couch entschuldigend an, eilte zu ihrem
Spind, zwängte sich in die Jeans, warf die Jacke über das Hängerchen und
lief, die Schuhe in der Hand, aus dem Club.
Spielzimmer. Oh Himmel.
26 Jul 2013
## AUTOREN
Tania Witte
## TAGS
Lust
Fortsetzungsroman
Tania Witte
Fortsetzungsroman Lust. Ausgerechnet
Lust
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Tania Witte
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