# taz.de -- Innensenator Mäurer will helfen: Nirgends Spaßverderber | |
> Veranstalter von unkommerziellen Freiluft-Partys fühlen sich | |
> kriminalisiert, spontane Feiern würden ohne Grund aufgelöst. | |
Bild: Eine Aktion auf der Breminale forderte das Ende der "Kriminalisierung" vo… | |
Sommerwetter, Wochenende. Das lädt zum Feiern ein. Womöglich wird draußen, | |
irgendwo im Industriegebiet oder auf einer Brache, eine Party steigen – | |
selbstorganisiert und spontan. Irgendwer schafft einen Stromgenerator | |
heran, die eine hat Boxen, der andere Disko-Lichter. | |
In der Stadt hat sich in den letzten Jahren eine alternative | |
Outdoor-Party-Szene entwickelt – „aus Mangel an coolen Locations“, sagt | |
Akifa Taksim vom Kulturkollektiv „Zuckerwerk“, aus dessen Umfeld auch | |
unkommerzielle Outdoor-Partys geschmissen werden. „Vor allem ist es eine | |
eigenständige Kulturform, die sich Raum selbstbestimmt aneignen will“. Doch | |
so sonnig, wie das klingt ist das nicht. | |
„Die Leute überlegen es sich doppelt und dreifach“, sagt Taksim. | |
Veranstalter müssten mit Anzeigen rechnen, die Polizei löse jede Party auf, | |
von der sie mitbekomme, sagt Taksim. Das Problem erreichte in den letzten | |
Tage die Landespolitik. | |
Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) bekundete Party-Solidarität: „Ich habe | |
Verständnis für das Bedürfnis junger Menschen, friedlich und auch mal in | |
größeren Runden miteinander draußen zu feiern“, sagte er. Und: Es sollen | |
nun Flächen vorgeschlagen werden, auf denen draußen gefeiert werden könne. | |
Das Bauressort werde das dann prüfen und den Ortsämtern und Beiräten | |
vorlegen. | |
Gefordert hatte das unter anderem der jugendpolitische Sprecher der | |
Linksfraktion, Cindi Tuncel. Er hatte die „Verdrängungstaktik“ kritisiert | |
und auf das Beispiel Zürich verwiesen, wo es mit der „Jugendbewilligung“ | |
ein deutlich vereinfachtes Anmeldeverfahren für unkommerzielle Partys gibt | |
– und auf Halle: Dort sind spezielle Flächen für Spontan-Partys | |
ausgewiesen. | |
Entwickelt hatte sich die öffentliche Diskussion, nachdem am vorletzten | |
Wochenende gleich drei Partys aufgelöst wurden. Drogen seien sichergestellt | |
und Anzeigen wegen Hausfriedensbruch und Ruhestörung erstattet worden, | |
berichtete die Polizei. Insgesamt sollen 450 Gäste auf den Partys gewesen | |
sein – auf einer Grünfläche an der Stromer Landstraße, in einem kleinen | |
Waldstück nahe der Senator-Apelt-Straße und in einem Baustellenbereich zum | |
Neubau der Autobahn 281. Am letzten Wochenende dann blieb es ruhig, der | |
Weser-Kurier berichtete, dass die Polizei Party-Orte abgefahren sei. | |
„Ungenehmigte Freiluft-Partys“ hätten die Beamten „besonders im Blick“, | |
hieß es da. | |
Akifa Taksim sprich in diesem Zusammenhang von „Kriminalisierung“. Bei den | |
unkommerziellen Partys würden Getränke zum Selbstkostenpreis verkauft. „Bei | |
allen Partys, auf denen ich war, wurde der Müll nachher weggesammelt“, sagt | |
Taksim. Auch Ruhestörung ist in ihren Augen nur ein Vorwand. „Die Polizei | |
löst Partys auch auf, wenn sie am Stadtrand auf der grünen Wiese | |
stattfinden.“ | |
Auf der Breminale gab es deshalb eine Aktion. „Wir haben nichts zu feiern“, | |
stand auf einem Schild. Ein junger Mann kippte Bier ins Gras. „Was spricht | |
dagegen, öffentlichen Raum zu nutzen, wenn es niemanden einschränkt? Wer | |
entscheidet, wie und von wem ein öffentlicher Raum genutzt werden kann?“, | |
fragt das „Zuckerwerk“ in einer Stellungnahme. Darin wird auch gefordert, | |
dass keine vorherige Anmeldung nötig sein soll und die Wahl der | |
Örtlichkeiten eigenverantwortlich laufe. | |
Ähnlich sieht das SPD-Innenpolitiker Sükrü Senkal. Vom Innensenator will er | |
nun einen mündlichen Bericht auf der nächsten Deputationssitzung – darüber, | |
welche zwingenden rechtlichen Auflagen es überhaupt geben müsse. „Wichtig | |
ist doch eigentlich nur, dass die Störung von Anwohnern vermieden wird und | |
dass mögliche Müllprobleme gelöst werden“, sagte Senkal. | |
Vorwürfe, Outdoor-Partys würde „kriminalisiert“, seien nicht | |
gerechtfertigt, so Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innensenators: | |
„Nicht-kommerzielle Feiern sind nicht genehmigungspflichtig.“ Sie seien | |
möglich, wenn niemand gestört wird und keine Gefährdungen bestehen. | |
Allerding müsste der Eigentümer der Fläche zustimmen – eine Privatperson | |
oder der, der eine öffentliche Fläche bewirtschaftet, wie die | |
Wirtschaftsförderung Bremen oder der Umweltbetrieb. | |
Ob überhaupt Auflagen erteilt werden müssen, entscheide das Stadtamt anhand | |
des Einzelfalles, so Gerdts-Schiffler. Restriktionen seien nur aus Gründen | |
der Sicherheit nötig. Nur bei kommerziellen Veranstaltungen seien weit | |
reichende Auflagen zu erfüllen wie Ausschank-Konzessionen. | |
Auch die Polizei sagt von sich, sie sei „kein Spaßverderber“ und schreite | |
nur bei Ruhestörung oder Vermüllung ein. | |
19 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Georg Kirsche | |
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