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# taz.de -- Demos von Mursi-Anhängern in Ägypten: „Bald kommt das islamisch…
> Die Anhänger des gestürtzten ägyptischen Präsidenten lassen nicht locker.
> Erneut gab es Massenproteste – und mindestens vier Tote am Freitag.
Bild: Freitagsgebet in Kairo: In Sprechchören wurde ein „islamisches Ägypte…
KAIRO taz | Samih steht ziemlich allein da auf dem Tahrir-Platz. Der
Ägypter bleibt am Rande der Kundgebung, zu der sich einige Tausend
Demonstranten versammelt haben, um den Massenprotesten der Anhänger des
entmachteten Präsidenten Mohammed Mursi etwas entgegenzusetzen. „Wenn die
wüssten, was ich mache“, sagt der 38-Jährige, „würde ich morgen im
Krankenhaus aufwachen.“
Seine Visitenkarten vom Fernsehsender Al Jazeera, dem Mursi-freundliche
Berichterstattung vorgeworfen wird, habe er extra zu Hause gelassen. „Wenn
mich jemand fragt, für wen ich arbeite, lüge ich“, erklärt Samih. Er wartet
er auf seine Kollegen, die in der Menge verschwunden sind, um zu filmen.
Dabei gibt es von den Mursi-Gegnern am Freitag nicht viel zu berichten.
Während sich auf dem Kairoer Tahrir-Platz und an anderen Orten einige
Tausend Demonstranten versammelten, gelang es den Islamisten erneut,
landesweit Hunderttausende für Pro-Mursi-Proteste zu mobilisieren.
Schon am Nachmittag waren Protestzüge durch die ägyptische Hauptstadt
gezogen und hatten in Sprechchören ein „islamisches Ägypten“ gefordert.
Gleichzeitig stellte die Armee erneut ihre Macht zur Schau. Stundenlang
kreisten Helikopter über der Stadt. Militärflugzeuge donnerten in geringer
Höhe über die Häuserdächer hinweg. Am Abend versammelten sich Zehntausende
vor der Rabaa-al-Adawia-Moschee im Osten Kairos, um vor das
Verteidigungsministerium zu ziehen.
## Rakteten treffen Wohnhaus
„Mursi ist unser Präsident“, sprühten sie an eine Mauer, und: „Bald kom…
das islamische Kalifat.“ Auch in Alexandria, Mansura und anderen Städten
demonstrierten Mursi-Anhänger. In Mansura wurden bei Zusammenstößen
zwischen den verfeindeten Lagern nach Medienberichten zwei Menschen
getötet. Dabei handele es sich um ein Kind und eine Frau, die am Rande
gestanden hätten.
Ärzte berichteten von drei Toten. Die Demonstraten gingen mit Stichwaffen
und Schrotmunition aufeinander los. Zwei weitere Unbeteiligte waren
ägyptischen Medien zufolge früher am Freitag in El-Arisch auf der
Sinai-Halbinsel getötet worden. Mutmaßliche islamistische Extremisten
feuerten demnach Raketen auf einen Armee-Checkpoint ab und trafen
versehentlich ein Wohnhaus.
## EU fordert Aufklärung
Die Armee hatte am 3. Juli gegen Mohammed Mursi geputscht, nachdem
Millionen Gegner des islamistischen Staatschefs auf die Straße gegangen
waren und Neuwahlen gefordert hatten. Seitdem kamen bei Zusammenstößen
zwischen den verfeindeten Lagern beziehungsweise zwischen Militär und
Mursi-Anhängern etwa 100 Menschen ums Leben.
Die Armeeführung setzte eine zivile Übergangsregierung ein und hält Mursi
seit seinem Sturz ohne Anklage an einem unbekannten Ort fest. Die
UN-Menschenrechtsbeauftragte Navi Pillay kritisierte, dass die
Verantwortlichen in Kairo bislang nicht auf Anfragen reagiert hätten, die
den Aufenthalt von Mursi sowie Verhaftungen und Tötungen von Demonstranten
betreffen. Sie kündigte an, einen Sprecher in die ägyptische Hauptstadt zu
entsenden, um die Menschenrechtslage vor Ort zu beobachten.
Seit dem Sturz Mursis geht die Armee rigoros gegen die Muslimbruderschaft
vor, die ihn an die Macht gebracht hatte. Zahlreiche führende Mitglieder
der Organisation verhaftete sie. Dass die Sorgen des
Al-Jazeera-Mitarbeiters Samihs nicht unbegründet sind, zeigte unterdessen
ein Angriff auf eine Journalistin der Tageszeitung Al-Masry Al-Yaum in
Kairo. „Ich wurde gerade von Muslimbrüder-Demonstranten zusammengeschlagen,
Kamera auch weg“, twitterte sie. Ägyptischen Medien zufolge hatte sie von
der Pro-Mursi-Demo im Osten Kairos berichten wollen. Andere Demonstranten
hätten jedoch versucht, sie zu beschützen, und sich anschließend bei ihr
entschuldigt, teilte die Zeitung mit.
20 Jul 2013
## AUTOREN
Jannis Hagmann
## TAGS
Mursi
Ägypten
Kairo
Protest
Islam
Ägyptische Armee
Salafisten
Ägypten
Tote
Adli Mansur
Ägypten
Kairo
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