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# taz.de -- Höchste Alarmstufe bei Sommerwetter: Immer mehr Nichtschwimmer
> Nur noch jedes zweite Grundschulkind kann sich sicher im Wasser bewegen.
> Vor ein paar Jahren waren es noch neun von zehn Kindern.
Bild: Im vergangenen Jahr starben in Deutschland 386 Menschen bei Badenunfälle…
HAMBURG taz | Die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft DLRG schlägt Alarm.
Rechtzeitig zum großen Ansturm auf Nord- und Ostsee sowie die Badeseen
warnt Frank Hertlein vom Lübecker DLRG. „Viele Kinder können nicht mehr
richtig schwimmen“, sagt der Rettungsschwimmer. Konnten vor einigen Jahren
noch neun von zehn Grundschulkindern bereits schwimmen, kann es heute nur
noch jedes zweite. Damit steige, so Hertlein, die Gefahr von Badeunfällen.
Für die Rettungsschwimmer des DLRG bedeute das erhöhte Alarmbereitschaft.
„Schwimmunterricht spielt im Lehrplan eine immer geringere Rolle“, sagt
Hertlein. In Schleswig-Holstein etwa tauche der Schwimmunterricht in den
Lehrplänen verpflichtend erst in Klasse fünf und sechs auf – viel zu spät.
Zudem hätten viele klassische Schwimmbäder, etwa in Oldenburg oder
Schwarzenbek, dichtgemacht.
## Viele Bäder schließen
Bundesweit schlossen nach Erhebungen der DLRG in den vergangenen fünf
Jahren 285 Bäder. Weitere 452 Schwimmbäder seien akut von der Schließung
bedroht. Und für die einmal geschlossenen Bäder gebe es entweder gar keinen
Ersatz oder nur sogenannte Spaßbäder. Die seien laut Hertlein aber „für den
Schwimmmunterricht nur bedingt tauglich“.
„Es gibt weniger Schwimmunterricht, da viele Bäder geschlossen wurden und
in ländlich geprägten Regionen wie Schleswig-Holstein die Anfahrt oft lang
und aufwendig ist“, bestätigt Thomas Schunck, Sprecher des Kieler
Bildungsministeriums. Die größte Verantwortung dafür, das Kinder
rechtzeitig schwimmen lernen, liege allerdings bei den Eltern. Die müssten
auch ihren Beitrag leisten, so Schunck.
Das bestätigt auch seine Kollegin Christina Selzer aus dem Bremer
Wissenschaftsministerium. Die Kinder brächten von Haus aus nicht mehr die
motorischen Fähigkeiten wie früher mit und seien nicht ans Schwimmen
gewöhnt. „Wenn ein Kind noch nie einen Fuß ins Wasser gehalten hat, bringt
auch der beste Schwimmunterricht nichts“, sagt Selzer.
Das bestätigt auch Rettungsschwimmer Hertlein. „Kinder sollten von ihren
Eltern früh ans Wasser gewöhnt werden und einfach nur planschen.“ Da die
Kinder heute auch nach Hertleins Beobachtung weniger Grundkenntnisse als
früher in den Schwimmunterricht mitbrächten, dauere der Unterricht immer
länger. Die Schwimmkurse werden so gewissermaßen verstopft. „Schwimmvereine
und der DLRG haben inzwischen Wartelisten von bis zu einem Jahr“, sagt
Hertlein.
Die Folge: 2012 absolvierten in Schleswig-Holstein ein Drittel weniger
Kinder Anfängerschwimmkurse bei der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft
als noch 2004. Auch die Zahl der Jugendschwimm-Absolventen ging in diesem
Zeitraum um ein Drittel zurück. An den schwindenden motorischen
Fähigkeiten, die auch Hertlein attestiert, gibt er allerdings auch den
gestrafften Lehrplänen eine Mitschuld. „Der Druck, der durch das Abitur
nach zwölf Jahren entsteht, führt auch dazu, dass sich die Kinder noch
weniger bewegen“, sagt Hertlein.
Immerhin: Damit die Kinder frühzeitiger schwimmen lernen, strukturiert
Hamburg vom Sommer 2014 an seinen Schwimmunterricht um und steigert das
Budget für den Schwimmunterricht gar von vier auf 4,65 Millionen Euro.
Der Kernpunkt der Hamburger Reform: Die Schwimmkurse, die sich bislang auf
die Jahrgänge drei bis sechs verteilten, sollen nun auf die Klassenstufen
drei und vier verteilt werden. Am Ende des Schulschwimmens sollen dann, so
Schulsenator Thies Rabe (SPD), mindestens 95 Prozent der SchülerInnen das
„Seepferdchen und 70 Prozent das Jugendschwimmabzeichen absolviert haben“.
Trotz der zahlreichen Probleme gibt es aber auch eine gute Nachricht: Die
abnehmenden Schwimmfähigkeiten haben bislang noch nicht zu mehr schweren
Unfällen geführt. Im vergangenen Jahr sank die Anzahl der Badetoten mit 386
auf ein Rekordtief. 109 davon kamen aus den norddeutschen Bundesländern.
Die DLRG fordert nun, keine Schwimmbäder mehr dicht zu machen. Das wäre
auch ein Schritt, um diese immer noch zu hohe Zahl weiter zu reduzieren.
21 Jul 2013
## AUTOREN
Lennart Giessing
Marco Carini
## TAGS
Schwimmen
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Geflüchtete
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