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# taz.de -- Scharia und sexuelle Gewalt: Schuld ist immer die Frau
> Das islamische Recht legt die Beweislast auf die Schultern der Frauen.
> Deshalb schweigen sie. In den Golfstaaten sind besonders Südostasiatinnen
> rechtlos.
Bild: Hohe Absätze, niedriger Rechtsstatus: Frauen in den Golfstaaten.
ISTANBUL taz | Zum Glück ist Ramadan. Zum Fastenmonat gehört nämlich, dass
Herrscher in islamischen Ländern Gefangenen einen Teil ihrer Haftstrafen
erlassen oder Amnestien aussprechen.
Vielleicht war das der Grund dafür, dass der Herrscher von Dubai, Mohammed
bin Rashid al-Maktoum, Marte Deborah Dalelv amnestierte. Vielleicht war es
der wachsende internationale Druck. Immerhin hat das reiche Land, das zu
den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) gehört und in dem die
überwiegende Mehrheit der Einwohner Ausländer sind, sehr viel zu verlieren.
Menschenrechtsorganisationen wiesen freilich auf die Perfidie der Milde des
Herrschers hin. Indem die VAE das Vergewaltigungsopfer zuerst verurteilten
und dann amnestierten, demütigten sie die Frauen weltweit, erklärte Sara
Leah Whitson von Human Rights Watch (HRW). „Ändert die verdammten Gesetze“,
schrieb die Leiterin der Nahost- und Nordafrika-Abteilung von Human Rights
Watch. Genau in diesen Gesetzen liegt das Problem.
In den Emiraten fallen Vergewaltigungen wie in vielen mehrheitlich
islamischen Ländern nicht unter das zivile Strafrecht, sondern unter die
Scharia, das islamische Recht. Gemäß der Scharia ist Vergewaltigung
entweder Ehebruch oder außerehelicher Sex, der grundsätzlich verboten ist.
Für das weibliche Opfer gibt es nur zwei Möglichkeiten, um den Täter zur
Rechenschaft zu ziehen: Entweder der Täter legt ein Geständnis ab oder die
Frau muss das Verbrechen beweisen, indem sie vier männliche Zeugen benennt.
Abgesehen davon, dass die Beweislast beim Opfer liegt, ist es für Frauen
damit faktisch unmöglich, die Tat nachzuweisen. Wie im Fall der Norwegerin
enden die Klagen von Frauen deshalb meist damit, dass sie selbst wegen
Ehebruch oder außerehelichem Sex verurteilt werden.
## Hotlines allein helfen nicht
Vor drei Jahren zum Beispiel wurde eine 18-jährige Emiraterin, die sechs
Männer wegen Gruppenvergewaltigung angezeigt hatte, zu drei Jahren Haft
verurteilt. Im Jahr 2008 wurden eine Britin und eine Australierin, die
ebenfalls Klage wegen Gruppenvergewaltigung erhoben hatten, wegen
Alkoholkonsum und „außerehelichem Sex“ zu einer Geld- beziehungsweise
Haftstrafe verurteilt. Die Australierin kam erst nach acht Monaten frei.
Amnestiert wurden damals freilich auch die drei Täter.
Obwohl es in zahlreichen Golfstaaten mittlerweile Hotlines und
Beratungszentren gibt, ist Gewalt gegen Frauen weit verbreitet. Nach wie
vor schweigen Frauen lieber, als sich der Demütigung durch die Gerichte
auszusetzen. Besonders rechtlos sind die Frauen aus Südostasien, die sich
oft zu sklavenähnlichen Bedingungen in den Haushalten der Wohlhabenden
verdingen.
Eine im letzten Jahr veröffentliche philippinische Studie kam zu dem
Ergebnis, dass 70 Prozent der philippinischen Hausangestellten in
Saudi-Arabien Opfer von körperlicher und psychischer Gewalt wurden. Im
Oktober starb nach 18 Monaten eine Indonesierin, die vom Sohn ihres
Arbeitgebers krankenhausreif geschlagen wurde. Eine Anklage des Täters?
Fehlanzeige.
23 Jul 2013
## AUTOREN
Inga Rogg
## TAGS
Scharia
Vereinigte Arabische Emirate
Dubai
Sexuelle Gewalt
Vergewaltigung
Sexualisierte Gewalt
Frauen
Saudi-Arabien
Vergewaltigung
Dubai
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