| # taz.de -- Prozess gegen Jens Nonnenmacher: Dr. No muss vor Gericht | |
| > Der Ex-Vorstand der HSH Nordbank ist wegen Untreue angeklagt. Der Prozess | |
| > gewährt Einblicke in die absurden Geschäfte der Landesbanken. | |
| Bild: „Schwächen in den Kernprozessen der Bank“ diagnostiziert sogar der A… | |
| HAMBURG taz | Es ist ein Prozess, der ein Schlaglicht darauf wirft, wie | |
| sich Banken vor der Finanzkrise systematisch verzockt haben: Am Mittwoch | |
| muss sich der gesamte frühere Vorstand der HSH Nordbank vor dem Hamburger | |
| Landgericht verantworten. Es geht um die Frage, wo in den für Zocker so | |
| goldenen Zeiten vor der Finanzkrise Risiko endete und Untreue begann. | |
| Schillerndste Figur ist der spätere Bankchef Dirk Jens Nonnenmacher, auch | |
| Dr. No genannt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm und fünf anderen Managern | |
| vor, ein riskantes Geschäft zur Bilanzverbesserung abgezeichnet zu haben, | |
| ohne sich um die Risiken zu kümmern. Damit hätten sie einen Schaden von | |
| rund 160 Millionen Euro verursacht. Nonnenmacher und ein weiterer Manager | |
| sind zudem der Bilanzfälschung angeklagt. Alles spielte sich im Jahr vor | |
| dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 ab. | |
| Sie machte den Plan, die Bank 2008 an die Börse zu bringen, zur Makulatur. | |
| Die Geschäfte der HSH brachen damals zusammen, Hamburg und | |
| Schleswig-Holstein mussten 3 Milliarden Euro frisches Kapital in die Bank | |
| stecken und Bürgschaften im Wert von 10 Milliarden Euro geben. Dabei war | |
| die HSH Nordbank nur teilweise staatlich: Sie ist 2003 aus einer Fusion der | |
| Landesbanken Hamburgs und Schleswig-Holsteins hervorgegangen, als private | |
| Partner beteiligten sich mehrere Trusts. | |
| Zur Verhandlung steht nun ein Geschäft, das 2007 intern unter dem Namen | |
| „Omega 55“ ersonnen wurde. Die HSH versicherte dazu die Risiken eines 2 | |
| Milliarden Euro schweren Pakets an Immobilienkrediten in ihren Bilanzen bei | |
| der französische Bank BNP Paribas. Im Gegenzug übernahm die Nordbank | |
| Wertpapiere der BNP im Umfang von 400 Millionen Euro. | |
| ## Aufgehübschte Bilanz | |
| Damit sollte die Bilanz der Bank kurzfristig für einen geplanten Börsengang | |
| hübsch gemacht werden. Langfristig war das Geschäft aber höchst riskant: | |
| Zum Unglück für die Nordbanker enthielt das Päckchen der BNP auch | |
| isländische Staatsanleihen und Zertifikate der amerikanischen | |
| Investmentbank Lehman Brothers. Beide verloren mit der Pleite von Lehman | |
| und der folgenden Krise stark an Wert. | |
| Geschäfte wie die der HSH waren damals üblich: Seit Jahren hatten die | |
| deutschen Landesbanken versucht, vom scheinbar uferlosen Wachstum des | |
| Finanzmarktes zu profitieren. Die Zeit dazu drängte. Deutsche Bundesländer | |
| hafteten damals für die Landesbanken, mit der Sicherheit im Rücken konnten | |
| die sich besonders günstig verschulden. Nach dem Willen der | |
| Wettbewerbshüter der EU soll die Haftung bald wegfallen. | |
| Um den auslaufenden Vorteil zu nutzen, sogen sich die Landesbanken mit | |
| Krediten voll. Statt das Geld gegen Zinsen direkt an Unternehmen zu | |
| verleihen, handelten die Banken mit extrem intransparenten Finanzprodukten: | |
| ganzen Paketen von Krediten unterschiedlichster Art, deren Risiken kaum | |
| jemand überblicken konnte. | |
| Die Staatsanwaltschaft wirft dem damaligen Finanzvorstand Nonnenmacher und | |
| dessen Kollegen nun vor, das Omega-Geschäft abgezeichnet zu haben, obwohl | |
| sie anhand der Kreditvorlage die Risiken nicht umfassend hätten abschätzen | |
| können. Damit hätten sie sich der Untreue in einem besonders schweren Fall | |
| schuldig gemacht. | |
| Überdies der Bilanzfälschung angeklagt ist neben Nonnenmacher der frühere | |
| Kapitalmarktvorstand Jochen Friedrich. Sie seien dafür verantwortlich, dass | |
| die Bank in ihrem Zwischenbericht zum 1. Quartal 2008 einen Überschuss von | |
| 81 Millionen Euro statt des tatsächlichen Verlusts von 31 Millionen | |
| auswies. | |
| Für den Prozess sind mehr als 40 Verhandlungstage angesetzt. Den | |
| Angeklagten drohen im Falle einer Verurteilung wegen Untreue bis zu zehn | |
| Jahre Haft. Alle sechs weisen den Vorwurf zurück. Vor dem | |
| Untersuchungsausschuss hat Nonnenmacher das Omega-Geschäft als | |
| „unternehmerische Entscheidung“ bezeichnet, bei der Fehler gemacht worden | |
| seien. Es sei „ein Symbol für die damaligen Schwächen in den Kernprozessen | |
| der Bank“. | |
| 24 Jul 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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