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# taz.de -- Finanzkrise schwelt weiter: Buchwert sinkt, Probleme bleiben
> Der Kursverlust der HSH Nordbank-Aktie überrascht nur die Opposition. Der
> Hamburger Senat glaubt trotzdem weiter an ein gutes Ende.
Bild: Hat für 2012 Verluste angemeldet: die HSH Nordbank.
HAMBURG taz | Die Wertberichtigung bei der HSH Nordbank wird bis auf
Weiteres keine Auswirkungen auf die Haushalte der Länder haben. Dies
versicherte ein Sprecher des Hamburger Finanzsenators Peter Tschentscher
(SPD). Die HSH war in der Karwoche ins Gerede gekommen, weil Teilergebnisse
aus dem Gutachten eines Wirtschaftsprüfers der Landesbank bekannt geworden
waren.
Zum Jahresabschluss der Nordbank, der am morgigen Donnerstag vorgestellt
wird, gehört routinemäßig das Bewertungsgutachten eines Wirtschaftsprüfers,
wie beispielsweise KPMG. Zu den Herausforderungen der Wirtschaftsprüfer
gehört eine Einschätzung des aktuellen Wertes der HSH-Aktie. Da die Aktien
der Bank nicht an einer Börse gehandelt werden, liegt allerdings kein
entsprechender Börsenkurs vor.
Der „Preis“ der Aktie muss also geschätzt werden: Danach ist der Wert der
HSH Nordbank Ende 2012 um gut ein Drittel niedriger als Ende 2011. Damals
war der Kurs pro Aktie noch mit 11,95 Euro bewertet worden, nun wurde er
laut HSH mit „weniger als 8 Euro“ veranschlagt.
Als maßgeblichen Grund sieht man in der Nordbank die Gebühren, die für die
Staatsgarantien an die Länder überwiesen werden, sowie die üppige
Risikovorsorge der schwer angeschlagenen früheren regionalen Großbank. „Das
Gutachten liegt noch nicht vor“, sagt Tschentschers Sprecher. Doch seien
„Auswirkungen auf den Haushalt der Stadt auch bei einer erheblichen
Abwertung der Anteile unmittelbar nicht zu erwarten“. Gleiches dürfte für
den Landeshaushalt in Kiel gelten.
HSH-Chef Constantin von Oesterreich hatte kürzlich Verluste für das Jahr
2012 angekündigt, wenngleich einen „sehr niedrigen dreistelligen
Millionenbetrag“. Daher zeigten sich Experten von der Abwertung der
HSH-Aktie nicht überrascht.
Folgen für die Bank dürfte der geschätzte Kursverlust vorerst nicht haben.
Wofür schon die mit der Finanzkrise in Deutschland gelockerten
Buchhaltungsregeln sorgen dürften. Der bilanzielle Gestaltungsspielraum
wurde vom Bundesfinanzministerium erweitert, um betriebswirtschaftlich
unnötige Bankpleiten zu vermeiden.
Analysten gehen davon aus, dass der Kursverlust angesichts der Zweifel am
neuen Geschäftsmodell der HSH noch größer wäre, wenn die Aktie an einer
Börse frei gehandelt würde. So halbierte sich der Kurs der
teilverstaatlichten Commerzbank im selben Zeitraum sogar. Die Aktie des
immer noch zweitgrößten deutschen Geldgiganten ist mittlerweile kaum mehr
als einen Euro wert – vor der Krise lag der Kurs bei über 30 Euro.
Die HSH leidet als weltgrößter Schiffsfinanzierer nicht allein unter der
Seefahrtskrise. Jenes von der EU im Gegenzug zu den staatlichen
Rettungspaketen erzwungene Schrumpfen der Nordbank und die Suche nach einem
tragfähigen Geschäftsmodell als sogenannte Unternehmerbank der Region
zeigten bislang keinen durchschlagenden Erfolg.
Die Landesregierung in Kiel und Hamburgs Senat sehen die HSH mit ihrem
neuen Geschäftsmodell allerdings „erfolgreich am Markt operieren“. So
konnte die Nordbank in den Bereichen Immobilienfinanzierung sowie Energie
und Infrastruktur ihr Geschäft fast verdoppeln. Kritiker warnen jedoch
angesichts der Niedrigzinsphase vor geringen Gewinnmargen auf diesen
Geschäftsfeldern.
Zugleich muss die Bank neue Risiken eingehen, um wirtschaftliche Erfolge zu
erzielen: So „versichert“ ausgerechnet die Nordbank seit Januar die stark
schwankenden Frachtraten in der Containerschifffahrt. Zudem muss die Bank
jährlich dreistellige Millionenbeträge für die Bürgschaften an die Länder
überweisen. Was auf Kosten des fingierten Aktienkurses und der
wirtschaftlichen Substanz geht.
Alarm schlug nach den ersten Meldungen einer glatten Halbierung des
HSH-Aktienwertes die Opposition in der Hamburgischen Bürgerschaft.
„Aussitzen geht nicht mehr“, sagte Norbert Hackbusch von der Linkspartei.
Er plädiert „für eine Schließung der Bank“. Und der CDU-Politiker Roland
Heintze forderte den Senat auf, millionenschwere Vorsorge im Haushalt zu
treffen.
Der Senat will davon nichts wissen. Bei einer Schließung der Bank dürften
die bisherigen Bürgschaften über sieben Milliarden Euro teilweise fällig
werden: Hamburg und Schleswig-Holstein müssten Milliarden Euro zahlen und
wären wohl bankrott. Stattdessen rechnen die Länder allein für die geplante
Aufstockung der Garantien von sieben auf zehn Milliarden mit einer
Einmalzahlung der Nordbank von 270 Millionen Euro.
Mit betroffen vom Kursverlust der HSH sind die öffentlichen
Beteiligungsgesellschaften (Finanzfonds und HGV), in denen der Großteil der
HSH-Aktien liegt. Doch für diese Anstalten gelten eigene Wirtschaftsregeln,
deshalb dürfte es bis auf Weiteres nur zu ungefährlichen Abschreibungen in
der Bilanz kommen. Erst wenn die Aktien tatsächlich verkauft würden,
könnten aus Zahlenspielen handfeste Finanzierungsprobleme erwachsen.
Diese könnten am ehesten den städtischen „Hamburgischen Versorgungsfonds“
treffen. Hier liegen Rentenverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten der
Krankenhäuser und Friedhöfe. Zu diesem Zweck hatte die Stadt 2006 dem Fonds
15 Millionen Stück HSH-Aktien übereignet. Richtig was wert sind diese
Papiere erst wieder nach einer Rettung der HSH Nordbank.
Doch die ist nicht in Sicht. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hatte im
vergangenen Jahr gemahnt, dass vor 2016 niemand wissen werde, „ob das gut
geht oder nicht“. Möglicherweise wird diese Frist nicht einzuhalten sein.
2 Apr 2013
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
## TAGS
HSH Nordbank
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