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# taz.de -- Idealismus auf Leinwand: Bei 30 Minuten ist Schluss
> Seit mehr als 20 Jahren verleiht die „KurzFilmAgentur“ in Hamburg-Altona
> kurze Filme an Kinos allerorten. Reich wird sie davon nicht, aber das ist
> egal.
Bild: Surreales Jahrmarkt-Monument in "Centrifuge Brain Project" (2011).
Mit Kurzfilmen lässt sich kein Geld verdienen: Diese Grundregel des
Filmgeschäfts scheint die „KurzFilmAgentur Hamburg“ zu widerlegen – seit
gut 20 Jahren. Sie wird zwar auch von der örtlichen Kulturbehörde
gefördert, vor allem aber hat sie Erfolg mit ihrem Geschäftsmodell: Etwa
500 Programm- und Kommunalkinos in ganz Deutschland beliefert die KFA
regelmäßig.
Ob Kurzfilme überhaupt in den Kinos gezeigt werden, hing lange von den
Vorlieben und vom Engagement einzelner Betreiber abhängig, und es war
eindeutig ein Verlustgeschäft. In früheren Zeiten war das Abspielen von
kulturell wertvollen Vorfilmen noch eine Möglichkeit für Kinobesitzer, die
Zahlung von Vergnügungssteuer zu umgehen. Als diese aber von den Kommunen
kaum noch erhoben wurde, gab es keine betriebswirtschaftlichen Gründe mehr
dafür, vor dem Hauptprogramm Kurzfilme zu zeigen.
## Comeback der Kurzen
Dies hat sich aber seit 2009 geändert: Nach dem neuen Filmförderungsgesetz
werden Kinos, die regelmäßig Kurzfilme zeigen, finanziell unterstützt.
Außerdem erhalten Kinos für Kurzfilmprogramme alljährlich Preisgelder von
bis zu 10.000 Euro.
Dies rechnet sich auch für die KFA, die als einziger Verleih in Deutschland
ausschließlich Kurzfilme im Programm hat. Sie entwickelte sich als ein
Ableger des Internationalen Kurzfilmfestivals Hamburg, das 1985 als
„No-Budget“-Festival gegründet wurde. 1992 waren einige der Organisatoren
der Meinung, dass viele der im Festival gezeigten Filme eine weitere
Verbreitung verdient hätten – die Geburt der KFA. Eine Art Auslöser für den
Start des Verleihs war der Erfolg des Puppentrickfilms „Balance“ von
Christoph und Wolfgang Lauenstein, der 1990 den Oscar als bester animierter
Kurzfilm gewann. Mit diesem Erfolg im Rücken wurde die Agentur aufgebaut.
„Balance“ gilt inzwischen als eine Art Referenzwerk und wird bis heute oft
bestellt.
Das Kurzfilmfestival ist auch heute noch eng mit der Agentur verbunden: Aus
den vielen Einsendungen von Kurzfilmen, die sich für das Festival bewerben,
trifft auch die Agentur die Auswahl für den Verleih. Ins Programm kommen
aber auch solche Filme, die es nicht aufs Festival schaffen. Im Verleih
sind Animationsfilme, Kurzspielfilme und vor allem Komödien beliebt,
während Dokumentationen, Experimentalfilme oder längere Arbeiten – bis zu
30 Minuten Laufzeit – im normalen Kinoeinsatz kaum eine Chance haben.
## Ein Zuschussgeschäft
Etwa 600 Kurzfilme hat die Agentur seit 1994 ins Programm genommen, davon
sind knapp über 400 derzeit aktuell erhältlich. Pro Jahr kommen zwischen 30
und 40 neue dazu, in die der Verleih bis zu 1.000 Euro für das Ziehen von
Filmkopien sowie Digital-Paketen, Untertitel und Promotion-Material
investiert. Die Filmemacher selber bekommen zwischen 500 und 1.000 Euro für
die Rechte. Für viele Kurzfilmmacher das einzige Geld, das ihnen ihre
Arbeit überhaupt einbringt.
Nach Meinung von Axel Behrens, der fast seit den Anfängen bei der Agentur
mitmacht und seine Funktion ironisch als „Abteilungsleiter“ definiert, war
„Staplerfahrer Klaus“ (2001) vielleicht der einzige Film im Programm, der
seine Herstellungskosten wieder eingespielt hat. Die Groteske über den
ersten Arbeitstag eines Gabelstaplerfahrers, der zu vielen so komischen wie
blutigen Unfällen führt, ist einer der erfolgreichsten Filme im Programm.
Damals von der Berlinale abgelehnt und in Cannes bejubelt, wird er heute
noch häufig bestellt – etwa 900.000 Aufrufen bei Youtube zum Trotz.
Überhaupt scheint die digitale Revolution der Kurzfilmagentur kaum zu
schaden: Ihren neuesten Hit „Centrifuge Brain Project“ haben sie selbst ins
Netz gestellt – und Axel Behrens ist sichtlich stolz über die zweieinhalb
Millionen Aufrufe. Der Kurzspielfilm von Till Nowak von 2011 erzählt im
Stil einer vermeintlichen Dokumentation von wissenschaftlichen
Experimenten, durch die bewiesen werden soll, dass Karussellfahren zu
erhöhten Gehirnleistungen führt.
## Übermütige Fantasie
Dafür haben die angeblichen Forscher riesige Fahrgeschäfte gebaut. Auf dem
Rummelplatz „Hamburger Dom“ hat Nowak Fahrgeschäfte wie Riesenrad und
Kettenkarussell aufgenommen und sie am Computer so verformt und animiert,
dass geradezu surreale Monumente des Jahrmarkts entstanden sind. Ein
schönes Beispiel für die übermütige Fantasie, die viele der besten
Kurzfilme auszeichnet. Die KFA findet und zeigt sie.
## „KurzFilmAgentur Hamburg“, Friedensallee 7, Hamburg;
25 Jul 2013
## AUTOREN
Wilfried Hippen
## TAGS
Altona
Film
Kino
Animationsfilm
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