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# taz.de -- Inklusion: Mit Behindertenquote ins Parlament
> Niedersachsens Landesbehindertenbeauftragter fordert eine
> Behindertenquote für Kandidaten bei Wahlen. Das geht seiner Partei, der
> SPD, zu weit.
Bild: Das Bundeskabinett würde die Behindertenquote von zehn Prozent nicht erf…
HANNOVER taz | Am Mittwoch berät das schwarz-gelbe Bundeskabinett in Berlin
einen Bericht der Bundesregierung zur Teilhabe von Menschen mit
Behinderungen. In Niedersachsen mahnt der Landesbehindertenbeauftragte Karl
Finke, zugleich Bundesvorsitzender der behindertenpolitischen
SPD-Arbeitsgemeinschaft „Selbst Aktiv“, schon jetzt Konsequenzen an: Bei
Aufstellungen von Kandidatenlisten für Wahlen sollten die Parteien jeden
zehnten Platz für Menschen mit Behinderung reservieren, so Finkes
Forderung.
2009 hat Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet. Und
sich damit verpflichtet, Behinderten Zugang zu allen Bereichen des
öffentlichen Lebens zu verschaffen – also auch zum politischen. Vier Jahre
später finden Menschen mit Behinderung dort aber nach wie vor „im Grunde
genommen nicht statt“, wie Finke es formuliert. Entsprechend sei ihr
Vertrauen in die Demokratie besonders gering, die Wahlbeteiligung besonders
niedrig, führt er an.
Wie niedrig, beziffere der Bericht der Bundesregierung, der am Mittwoch
Thema im Berliner Kabinett sein wird: Nur 49 Prozent der 18 bis 29-Jährigen
mit Behinderung gehe demnach zu Wahlen. In der Gruppe der Gleichaltrigen
ohne Behinderung liege die Wahlbeteiligung dagegen bei 71 Prozent. In der
aktiven Politik sind Menschen mit Behinderung laut Finke gar die am
stärksten unterrepräsentierte Gruppe.
Eben deshalb fordert er eine feste Behindertenquote für Listenaufstellungen
– auch wenn dies gewissermaßen dem Inklusionsgedanken widerspricht, wie er
in der UN-Konvention verankert ist. Die sieht vor, dass alle Menschen, ob
mit oder ohne Behinderung, gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben
teilhaben können und sich eine inklusive Gesellschaft entsprechend öffnet.
Die Debatte darum, sagt Finke, werde bislang aber nur „weichgespült“
geführt. Es gehe nicht bloß um Teilhabe und Partizipation am
gesellschaftlichen Leben im Sinne von Erreichbarkeit, sondern auch um
Mitbestimmung. Um die zu erreichen, „muss irgendwo ein Anfang gemacht
werden“, sagt er, und der sei in der aktiven Politik ohne Quote nicht zu
schaffen.
Seine Forderung lautet konkret: Zehn Prozent der Listenplätze für Wahlen
sollen Menschen mit Behinderung besetzen, entsprechend dem Anteil
Schwerbehinderter an der Gesamtbevölkerung. Quasi als Starthilfe sollen die
Parteien dies für einen befristeten Zeitraum in ihren Statuten
festschreiben. Greifen sollte die Regelung schon zur Europawahl 2014.
Bei seiner Partei in Niedersachsen reagiert man verhalten. „Provozierend
und nachvollziehbar“, nennt sie der SPD-Vizefraktionschef und
sozialpolitische Sprecher Uwe Schwarz. „Wenn Sie bei diesen Fragen nicht
provozieren, kommen Sie nicht weiter“, sagt er zwar. Anschließen mag er
sich allerdings nicht. Insbesondere vor dem Hintergrund des
Inklusionsgedankens sehe er eine Behindertenquote aber „ambivalent“.
Rot-Grün bemühe sich, so Schwarz, auf andere Weise um die Teilhabe von
Menschen mit Behinderung an der Politik: Nach der Sommerpause wollen die
Koalitionsfraktionen einen Antrag für „Inklusion im Landtag“ einbringen.
Das Internetangebot des Landtags soll demnach in leichter Sprache
veröffentlicht werden. Die Sitzungen sollen für Besuchergruppen vor Ort von
Gebärdendolmetschern übersetzt, im Internet mit Übersetzungen in
Gebärdensprache und Untertiteln übertragen werden. Zudem soll das
Landtagsgebäude beim anstehenden Umbau barrierefrei gestaltet werden.
Inklusion sei bislang vornehmlich „ein Fachbegriffe einer Fachszene“, führt
Schwarz an. Die rot-grüne Initiative könne ein Schritt sein, dies zu
ändern.
Der Behindertenbeauftragte Finke dagegen betont, es gehe nicht nur um
Technisches wie dem Zugang zum Landtagsgebäude, „sondern eben darum, dass
Menschen mit Behinderung im Landtag auch Mitentscheider sind“.
29 Jul 2013
## AUTOREN
Teresa Havlicek
## TAGS
Inklusion
Assistenz
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