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# taz.de -- Aus fürs Lokalfernsehen: Heimat am Ende
> Der Sender Heimat Live schließt seine Studios, Center TV Bremen ist schon
> dicht, Springer verkauft seine Anteile an Hamburg 1 - vom Ende eines
> Geschäftsmodells.
Bild: Hier und da lebt sie noch, die Regional-TV-Idee, zum Beispiel bei ev1.tv …
BREMEN taz | Der Springer-Konzern steigt beim Lokalsender Hamburg 1 aus,
der Energiekonzern EWE beendet sein TV-Experiment. Der Bremer Sender
Center-TV, an dem EWE indirekt beteiligt war, stellte sein vom Weser-Kurier
gesponsertes Programm schon Ende Juni ein. Auch Center-TV-Sender in
Nordrhein-Westfalen kriseln. Alles deutet darauf hin, dass die Idee des
Heimat-Fernsehens gescheitert ist.
Im Jahre 2005 ist in Deutschland das Fernsehen neu erfunden worden, das
jedenfalls waren die großen Worte von Andre Zalbertus. Bei RTL hatte der
Fernseh-Mann mit Serien wie „Meine Hochzeit“ und „Mein Baby“ insbesonde…
„beim weiblichen Publikum für erhöhten Puls und feuchte Augen“ gesorgt
(Zalbertus über Zalbertus), 2005 startete er dann seine Fernseh-Idee unter
dem Namen Center-TV in Köln. Das neue Fernsehen muss lokal sein, so sein
Credo, muss die versammeln, die Fans desselben Fußballclubs sind, dasselbe
Bier trinken und dieselben Lieder am Kneipentisch singen. Also Köln.
Nicht andere Fernsehsender sind die Konkurrenten eines Fernsehprogramms, so
Zalbertus’ Botschaft, sondern das Bedürfnis, mit der Freundin zu quatschen,
eine Leckerei aus dem Kühlschrank zu holen oder ins Bett zu gehen. Das neue
Fernsehen sollte die Zuschauer emotional an den Fernsehsessel fesseln,
„Emotionen, so meine Erfahrung nach zwanzig Jahren im Geschäft, sind der
entscheidende Schlüssel zum Erfolg“.
Der Titel „Heimatfernsehen“, den der EWE-Konzern für seine Angebote wählt…
war also geradezu programmatisch. Die Zuschauer sollten „Heimat genießen“
lernen, nur gute Nachrichten sind da gute Nachrichten und ein gutes Umfeld
für Werbung. Jeder Zuschauer sollte die Chance haben, einmal im Jahr im
Fernsehen vorzukommen. Also gingen die Reporter auf Straßenfeste und auf
Stadtteil-Märkte, aktive Zuschauer sollten mit Video-Kameras zu
Volks-Fernsehmachern geschult werden.
In Bremen waren Sparkasse und die Lokalzeitung Weser-Kurier mit von der
Partie als Gesellschafter, in Osnabrück ist die Neue Osnabrücker Zeitung
federführend, und im EWE-Stromland eben EWE. Der Konzern, der mit
überhöhten Gaspreisen in die Schlagzeilen geriet, hatte eine besondere
Idee: Das Heimat-Fernsehen sollte exklusiv über das EWE-Telefon- und
Kabelnetz verbreitet werden, also ein Verkaufsargument für die
Telekommunikationsangebote des Konzerns werden.
Drei Jahren lang sponserte die EWE diese Idee, dann zog sie die Notbremse.
Erst hieß es, die Studios in Cloppenburg, Leer und Cuxhaven sollten
geschlossen werden, die regionalen Sender sollten aus Bremen zentral
gesteuert und bedient werden. Als dann die Sparkasse in Bremen bei
Center-TV ihre „Premium-Werbeverträge“, wie das Sponsoring in der Branche
heißt, aufkündigte, schlug das letzte Stündchen des Bremer
Center-TV-Senders und die EWE beschloss, ihre Heimat-Live-Sender zu Ende
August ganz zu schließen.
Rund 30 Mitarbeiter sind direkt betroffen. Zehn Volontäre sollen bei der
Bremer Zuliefer-Firma B+B Service mbH und der „Newmediacontent“ der EWE
auslernen dürfen. Ob da genügend Arbeit und Lehrpersonal zur Verfügung
steht? Für die Internetseite der EWE jedenfalls werde es Aufträge an B+B
geben, sagt der EWE-Sprecher. Die lokalen „Heimat-Live“-Firmen jedenfalls
werden liquidiert wie die Bremer Center-TV-Konstruktion.
Ganz tot ist die Idee damit nicht. Leipzig hat dichtgemacht, Dresden läuft
(noch). In Osnabrück gibt es os1.tv, das mit ev1.tv in Lingen verbandelt
ist. In Osnabrück haben die örtlichen Premium-Kunden offenbar noch nicht
die Freude an dem Sender verloren. Als besonderes Format bietet OS1 das
Format an, das Studio für eine ganze Sendung in die Büroräume der Firma zu
verlegen. Das kommt offenbar bei den Unternehmen gut an.
Der Lokalsender Hamburg 1 konnte sich bisher aus dem Krisengerede
heraushalten – da meldet der Springer-Konzern, dass er seinen
27-Prozent-Anteil an Hamburg 1 abstoßen will, um im Gegenzug seine Anteile
an dem Stadtportal [1][hamburg.de] von 51 auf künftig 61,9 Prozent zu
erhöhen. Der Medienunternehmer Frank Otto will mit Springers 27 Prozent
seinen Hamburg 1-Anteil von bislang 6,5 Prozent aufstocken. Offenbar sieht
jedenfalls der Springer-Konzern für das Konzept des lokalen
Heimat-Fernsehens schwarz. Schon Ende 2012 war Springer bei TV Berlin
ausgestiegen.
Die Krise der Heimatfernseh-Sender dürfte auch das Aus für die
ambitionierten Pläne von Helmut Thoma bedeuten: Seit zwei Jahren verfolgt
der 73-jährige RTL-Gründer die Idee, für die lokalen Sender, die nur
einzelne Stunden täglich produzieren können, ein bundesweites
Mantelprogramm unter dem Namen „Volks-TV“ anzubieten. Das auf dem
Satelliten Astra kostenfrei zur Verfügung gestellte Testbild für „Volks-TV�…
ist vor einer Woche abgeschaltet worden.
2 Aug 2013
## LINKS
[1] http://hamburg.de
## AUTOREN
Klaus Wolschner
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