# taz.de -- Lokalmedien: „Lokalfernsehen ist nicht CNN“ | |
> Die Ursache für das Ende des Lokalsenders „Center.TV“ liegt für den | |
> ehemaligen „Executive Producer“ Malte Bastian auch in der Einflussnahme | |
> von Zeitungsverlegern. | |
Bild: Center.TV macht in zwei Monaten endgültig Sendeschluss. | |
taz: Herr Bastian, das Ende des Projektes Center.TV in Bremen ist nicht die | |
erste Pleite eines regionalen Fernsehsenders. Ist dieses Format durch die | |
Film-Möglichkeiten des Internets schon überholt, bevor sich diese Sender | |
wirtschaftlich etablieren konnten? | |
Malte Bastian: Das glaube ich nicht. Die große Zeit der regionalen | |
TV-Sender steht uns noch bevor. Sie wird sich natürlich weitgehend online | |
abspielen und nicht mehr im klassischen Fernsehen. Manche dieser Sender | |
haben Probleme bekommen aufgrund ihrer Themenauswahl und ihrer | |
Produktionsweise. | |
Lokale Nachrichten kann man doch auch mit kleinen Filmchen mühelos zu der | |
Zeit, in der man gerade nicht die Kinder ins Bett bringen muss, anklicken. | |
Richtig. Die ständige Abrufbarkeit ist ein großer Vorteil des Internets. | |
Eine gut gemachte Sendung wählt allerdings die Nachrichten für die | |
Zuschauer aus, das ist ihr großer Vorteil. | |
Offenbar nicht das, was Center.TV Bremen gesendet hat? | |
Doch, auch. Center.TV hat seine Zuschauerzahlen in den anderthalb Jahren | |
von 2010 bis 2012 mehr als verdoppelt. | |
Und woran ist Center.TV gescheitert? | |
Die meisten solcher Projekte scheitern, wenn man bei der Gründung davon | |
ausgeht, dass Fernsehen als eine Art Nebenprodukt von Zeitung | |
wirtschaftlich erfolgreich gestaltet werden kann. Das ist auch andernorts | |
so gewesen – beispielsweise mit der WAZ und Center.TV im Ruhrgebiet. | |
Gutes Fernsehen kostet sehr viel Geld und muss von Fernsehleuten gemacht | |
werden, denen Investoren vertrauen sollten. Die Zuschauer haben einen hohen | |
Anspruch, egal ob fünf Millionen vor dem Schirm sitzen oder vielleicht nur | |
5.000. Wenn Zeitungsverleger versuchen, Einfluss auf das Programm zu | |
nehmen, dann kann das nicht gut gehen. Zeitung und Fernsehen sind | |
grundverschiedene Medien. | |
Center.TV hatte mit Christoph Sodemann einen Profi von „buten&binnen“ als | |
Chef, der wurde 2011 gefeuert. | |
Christoph Sodemann ist ein toller Kollege, den ich sehr schätze. Aber er | |
ist in guter Gesellschaft: Center.TV hat seit seiner Gründung diverse | |
Chefredakteure verschlissen. | |
Eine Perle im Programm war die Salat-Schnibbel-Show mit dem Vorstandschef | |
des „Weser-Kuriers“? Wer hatte die Idee dafür? | |
Das war eine Entscheidung, die wohl auf Gesellschafterebene gefallen ist | |
und mit dem persönlichen Engagement von Dr. Ulrich Hackmack zu tun hatte, | |
der ein Faible für Kochen und für Mathematik hat. Ich finde, das war eine | |
interessante Spielart von Lokalfernsehen. Auch wenn Ulrich Hackmack bei | |
manchen Bremer Medien eine Reizfigur ist: Mir hat die Arbeit mit ihm und | |
seiner Co-Moderatorin an der Sendung „Lecker rechnen“ sehr viel Spaß | |
gemacht. | |
Die Sparkasse, ein anderer Gesellschafter, hat ihren großen Werbeauftrag im | |
vergangenen Jahr gekündigt. | |
Das habe ich der Presse entnommen. Sollte das so sein, kann ich es der | |
Sparkasse nicht verübeln. Warum sollte ein Gesellschafter ständig Geld in | |
ein Unternehmen investieren, dessen Vertrieb offensichtlich keinen Erfolg | |
hat? Mir stellt sich allerdings auch die Frage, warum man nicht früher | |
Konsequenzen bei den Verantwortlichen gezogen hat, um den Sender zu retten. | |
Der Weser-Kurier, der 21 Prozent der Anteile hält, hat vor einem Jahr einen | |
eigenen Ü-Wagen angeschafft. Könnte er selbst die Lücke schließen? | |
Das glaube ich nicht. Wenn ich die Berichte in den Medien verfolge, hat der | |
Weser-Kurier eine Menge eigener Probleme. Ein Ü-Wagen ist für das lokale | |
Fernsehen zudem völlig ungeeignet. Davon träumen höchstens | |
Zeitungsverleger, weil man per Ü-Wagen die Nachrichten schneller als die | |
Zeitung verbreiten kann. Aber das permanent aktuelle nachrichtliche | |
Fernsehen ist das teuerste Fernsehen überhaupt. Live-Sendungen haben einen | |
großen Teil zur finanziellen Misere mancher Lokalsender beigetragen. | |
Lokalfernsehen ist nicht CNN en miniature. | |
Die EWE, die 49 Prozent an Center.TV hält, hat bekannt gegeben, dass sie | |
bei ihren Regionalsendern 11 Millionen Euro zugeschossen hat und nun diese | |
Studios schließen und alles aus Bremen senden will. Gibt es für Heimat live | |
in Cloppenburg, Leer und Cuxhaven eine Perspektive, wenn Center.TV Bremen | |
am Ende sein wird? | |
Gute Frage. Sobald ich eine kluge Antwort weiß, werde ich mich beim | |
Vorstand der EWE melden. Aber im Ernst: Die Kernidee von Heimat live ist | |
richtig und gut. Es wäre sehr schade, wenn dieses Projekt auch noch Schaden | |
nehmen würde. | |
2 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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