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# taz.de -- Neue Konfrontation droht: Rote Flora schon verkauft?
> In Hamburg häufen sich die Anzeichen dafür, dass der Immobilienbesitzer
> Klausmartin Kretschmer das autonome Zentrum versilbert hat.
Bild: Scheren sich grundsätzlich nicht um Eigentümer: Rotfloristen.
HAMBURG taz | Dem besetzten, autonomen Stadtteilzentrum Rote Flora im
Hamburger Schanzenviertel steht womöglich eine neue Konfrontation bevor:
Der Besitzer und Event-Investor Klausmartin Kretschmer hat die brisante
Immobilie laut Hamburger Abendblatt an Gert Baer von der Firma „Baer und
Baer Consulting“ vermietet. Nach taz-Informationen hat Kretschmer jedoch
die begehrte Immobilie schon längst an Baer für fünf Millionen Euro
verkauft, um die Gläubiger seiner bankrotten Immobilien-GmbHs zu bedienen.
Weder Kretschmer noch Baer, der bislang jegliche Kaufabsichten dementierte,
waren am Donnerstag für eine Stellungnahme zu erreichen.
Im Gegensatz zum bisherigen Verkaufsgetöse, das Kretschmer gern inszeniert
hat, um den Preis für einen etwaigen Rückkauf des Gebäudes durch die Stadt
nach oben zu treiben, wird der aktuelle Deal als Bedrohung für das „Projekt
Rote Flora“ ernst genommen: „Baer ist ein anderes Kaliber und ein Global
Player auf dem internationalen Immobilienmarkt“, ist aus dem Flora-Umfeld
zu hören. „Das ist nicht so ein Schaumschläger wie Kretschmer.“
Da helfe es auch nichts, dass der Bezirk Hamburg-Altona das Areal rund um
die Rote Flora im Mai 2011 im neuen Bebauungsplan als
Stadtteilkulturzentrum ausgewiesen habe. Der Bebauungsplan tritt nämlich
erst zum Ende des Jahres in Kraft. Und, dass das Gebiet erneut zum
Sanierungsgebiet wurde, sei kein sicherer Schutz.
Im Bezirksamt Altona weiß man nichts von einem Verkauf. „Wir machen hier
kein Glaskugel-Lesen“, sagt Sprecher Kerstin Godenschwege. „Doch auch wenn
die Rote Flora verkauft worden wäre, ist ein Erhalt als Kulturzentrum
sicher, da das Gelände derzeit als Sanierungsgebiet gilt“, sagt
Godenschwege.
Der geplante Bebauungsplan Sternschanze 7 werde „hoffentlich bis zum
Jahresende festgestellt“. Wann genau das sein wird, hänge von der
öffentlichen Auslegung und anschließenden Rechtsprüfung ab, die noch
ausstehen. Bei der öffentlichen Auslegung sollen Einwände von Anwohnern und
Betroffenen gegen den Bebauungsplan berücksichtigt werden.
„Die Rote Flora bleibt an Ort uns Stelle – das ist unser politisches Ziel�…
sagt auch der SPD-Bau- und Bezirkspolitiker Gregor Werner. Um einen Abriss
zu verhindern, seien ausreichende Vorkehrungen getroffen worden. „Der
Bebauungsplan, den der Bezirk für das Gebiet erstellt hat, enthält zudem
eine so genannte Veränderungssperre“, sagt Werne. Zwar sei der Plan erst
Ende des Jahres gültig – Bauanträge würden vom Bezirk Altona jedoch bereits
jetzt entsprechend diesem Plan behandelt, sagt Werner.
Auch aus politischer Sicht bestehe an einer Räumung kein Interesse , sagt
Werner weiter. „Der Stadtteil muss bunt und friedlich bleiben – wir wollen
nicht das Risiko eingehen, einen neuen Krisenherd zu schaffen.“
„Baer verfügt über hochkarätige Anwälte, die jede Verfügung des
Bezirksamtes auseinanderpflücken“, sagt hingegen ein Insider. In der Roten
Flora hat sich daher am Donnerstag nach Redaktionsschluss das Plenum
getroffen, um die Lage zu beraten und auch politisch zu analysieren. „Wir
haben schon mehrere Szenarien durchgespielt und schließen nichts aus“, sagt
ein Flora-Aktivist. „Auch die Möglichkeit, dass Baer die Flora abfackeln
lässt.“
Dass die Rote Flora Kretschmer zuletzt ein Klotz am Bein war, ist nicht
überraschend. Der rot-grüne Senat hatte Kretschmer das Gebäude 2001 für
370.000 Mark verkauft, um der CDU die Wahlkampfmunition zu nehmen, die eine
Kampagne zur Räumung der von ihr so genannten „Chaotenburg“ plante.
Kretschmer musste jedoch garantieren, dass das Gebäude auch bei einem
Verkauf an einen Investor die „unbefristete Nutzungsbindung“ als
Stadteilzentrum behält. Im Gegenzug bekam er auch den Zuschlag für eine
andere Immobilie, in dem sich mal der legendäre Jazzclub „Riverkasematten“
am Hafenrand befunden hatte.
In den vergangenen Jahren ist das Kretschmer-Imperium eingestürzt. Aus
seiner Vision einer „Oberhafencity“ mit einer Künstlermeile rund um den
historischen Brandshof direkt neben der Hafencity wurde nichts. Der
Brandshof steht zur Zwangsversteigerung, ebenso wie die Riverkasematten –
es fanden sich jedoch bislang keine Käufer.
Im Mai 2011 hatte Kretschmer noch verzweifelt versucht, die Stadt zum
Rückkauf der Roten Flora zu bewegen, in dem er ankündigte, eine Räumung
anzustrengen und Gewaltorgien mit monatelangen Straßenschlachten
prophezeite. Er verlangte mindestens fünf Millionen Euro, die Stadt wollte
nur den marktüblichen Verkehrswert von 1,3 Millionen Euro für das
Stadtteilzentrum zahlen.
Auch die Rote Flora als Teil des Kretschmer-Imperiums sollte unter den
Hammer kommen und stand Ende November vorigen Jahres zur
Zwangsversteigerung, die allerdings abgesetzt wurde – offensichtlich, weil
sich Baer für das ganze Terrain einschließlich des nahe gelegenen Bunkers
an der Lippmanstraße interessiert.
15 Aug 2013
## AUTOREN
Kai von Appen
Annika Lasarzik
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Hamburg
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