# taz.de -- Schalke 04 und Champions League: Neigung zum Desaster | |
> Beim FC Schalke 04 geht es nach dem verkorksten Liga-Auftakt in der | |
> Champions-League-Qualifikation schon wieder beinahe um alles. | |
Bild: Fingerzeige für ein schwieriges Team: Schalkes Trainer Jens Keller. | |
GELSENKIRCHEN taz | Vermutlich hat Huub Stevens die Wahrheit gesagt, als er | |
vor den bedeutsamen Spielen um die Teilnahme an der | |
Champions-League-Gruppenphase zwischen dem Revierklub und Paok Saloniki | |
einen Einblick in die Welt seiner Gefühle gewährte. „Schalke steht in | |
meinem Herzen an erster Stelle“, sagte der Holländer, der seit einigen | |
Wochen für den mit russischen Geldern alimentierten Klub aus Griechenland | |
tätig ist. | |
Natürlich weiß der Schalker Jahrhunderttrainer, dass in Gelsenkirchen nach | |
dürftigen Leistungen, nur einem Punkt und bereits sieben Gegentoren in der | |
Bundesliga mal wieder Krisenstimmung herrscht. | |
Trainer Jens Keller steht in der Kritik, und wenn Schalke am Mittwochabend | |
(20.45 Uhr/ZDF) nicht ins Rollen kommt, kann es durchaus passieren, dass | |
das zuletzt ziemlich dünnhäutige Publikum in einem Anflug spontaner | |
Nostalgie den Trainer mit dem königsblauen Herzen von der gegnerischen Bank | |
feiert. Das wäre ein handfester Affront gegen Keller und gegen das eigene | |
Team, das im vergangenen Herbst dafür gesorgt hatte, dass Stevens entlassen | |
wird. | |
Es ist also eine komplizierte Gemengelage, auch für Keller, der in diesen | |
Wochen selbst Probleme mit der Mannschaft hat. Ähnlich wie im | |
Entfremdungsprozess mit Stevens sind die Hintergründe auch diesmal nur | |
schwer erkennbar. Klar scheint zu sein, dass es weiterhin sehr kompliziert | |
ist, diesen Kader im Zustand eines konstruktiv arbeitenden Kollektivs zu | |
halten. In den Tagen nach dem 0:4 in Wolfsburg wurden intensive Gespräche | |
geführt, und dabei ging es sicher nicht nur um das zuletzt so fahrlässige | |
Abwehrverhalten, sondern auch um Atmosphärisches. | |
## „Kein Horrorszenario“ | |
Denn es ist Eile geboten, die Partien gegen Saloniki könnten prägend für | |
die gesamte Saison, ja sogar für die mittelfristige Zukunft werden. Zwar | |
drohe „kein Horrorszenario“, wenn Schalke die Gruppenphase der Königsklasse | |
verpasst, sagt Manager Horst Heldt, anders als in früheren Jahren ist die | |
Saison auch ohne Einnahmen aus der Champions League durchfinanziert. Das | |
ist ein Ergebnis der Arbeit von Heldt, dessen Personalpolitik aber nicht | |
über jeden Zweifel erhaben ist. | |
Zum ersten Mal lässt sich sagen, dass die Zusammensetzung des Kaders | |
wirklich die Handschrift des Managers trägt. In den Vorjahren war sein | |
Handlungsspielraum eng, weil er den aufgeblähten Kader der Magath-Ära | |
verwalten und über oftmals verlustreiche Leihgeschäfte ausdünnen musste. | |
Die 20 Millionen Euro, die der Transfer von Manuel Neuer nach München | |
einspielte, wurden vor zwei Jahren fast komplett von den laufenden Kosten | |
verschlungen, auch im vorigen Sommer waren keine größeren Transfers | |
möglich. | |
Und doch besteht die Mannschaft aus vielen Spielern, die Heldt entweder | |
selbst verpflichtet oder deren Verträge er verlängert hat: Roman | |
Neustädter, Adam Szalai, Marco Höger, Tranquillo Barnetta, Chinedu Obasi, | |
Felipe Santana, Leon Goretzka, Christian Clemens, Timo Hildebrand und | |
einige mehr. | |
## Schwieriger Charakter der Mannschaft | |
Ein Konkurrent wie Bayer Leverkusen hat kaum mehr Geld ausgegeben und | |
scheint trotzdem die besser funktionierende Mannschaft beisammen zu haben. | |
Der verletzte Huntelaar hat am vorigen Wochenende moniert, es mangle dem | |
Team „vielleicht an Qualität“, denn nur wenn alles passt, ist Schalke 04 | |
ein Spitzenteam, während die Neigung dieses Kollektivs zum Desaster | |
erheblich größer ist als bei anderen Großklubs. Vieles deutet darauf hin, | |
dass das viel mit dem schwierigen Charakter der Mannschaft zu tun hat. | |
„Ich habe nichts dagegen, hohe Ziele zu formulieren. Doch dann müssen auch | |
Taten folgen“, zürnte Heldt am Wochenende, weil einige Spieler einen | |
Angriff auf den BVB angekündigt hatten und sich dann in Wolfsburg aufgaben. | |
Aber irgendwie ist das auch eine Kritik an der eigenen Arbeit, denn Kader | |
und Besetzung der Trainerposition sind sein Werk. Und ein Aus gegen | |
Saloniki wird der Fraktion jener Schalker, die schon länger an der Arbeit | |
Heldts zweifeln, regen Zuwachs bescheren. | |
21 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Daniel Theweleit | |
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