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# taz.de -- Kommentar Gauck in Frankreich: Der gute Deutsche
> In Oradour ist die deutsch-französische Freundschaft wiederbelebt worden.
> Hollande und Gauck haben dazu auf die Kraft der Dialektik der Geschichte
> gesetzt.
Bild: Gauck, Hollande (l) und der Überlebende und Zeitzeuge von Oradour-sur-Gl…
Der „gute Deutsche“ hat in Frankreich jetzt einen Namen. Die Französinnen
und Franzosen kannten ihn bisher nicht mal vom Hören her, jetzt heißt er
Joachim Gauck. Damit ist der dreitägige Staatsbesuch des deutschen
Bundespräsidenten als Goodwill-Tour durch Frankreich wohl bereits ein
voller Erfolg.
Gauck hat in Oradour-sur-Glane die Worte gefunden, die die Opfer der
NS-Verbrechen sich erhofft haben dürften. Er sprach vom Entsetzen und einem
kollektiven Gefühl der Schuld vor der Geschichte, betonte aber auch, dass
[1][die Deutschen der Gegenwart nicht für die Vergangenheit belangt werden
sollen]. Er verkörpert laut Gastgeber François Hollande „das heutige
Deutschland, das der Nazi-Barbarei von gestern ins Gesicht schauen kann“.
Mit einem solchen Freibrief der erfolgreichen Vergangenheitsbewältigung war
es für Gauck ein Leichtes, die Rolle des „nice guy“ zu übernehmen. Nicht
nur in der delikaten Konfrontation mit der deutschen Besatzung in
Frankreich, sondern auch in der Tagespolitik.
Im Unterschied zu Merkel, die in Frankreich regelmäßig als politisches
Ärgernis betrachtet wird, hatte Gauck allein schon aufgrund seiner
beschränkten politischen Zuständigkeiten kaum eine Gelegenheit, der
französischen Politik in die Quere zu kommen oder das (manchmal etwas
übertriebene) Selbstbewusstsein der Franzosen durch besserwisserische
Kritik an deren Haushaltspolitik zu schmälern. Das hinderte Gauck nicht,
mit der nötigen Diskretion freundschaftliche Ratschläge zu erteilen. Auch
in dieser Hinsicht entpuppte sich der unbekannte Gast als „anderer
Deutscher“.
Das darf aber nicht die Hauptsache verdecken: In der Gedenkstätte
Oradour-sur-Glane ist die deutsch-französische Freundschaft nach etlichen
Rückschlägen wegen Meinungsverschiedenheiten in der Krisenpolitik gestärkt
und wiederbelebt worden. Hollande und Gauck haben dazu auf die Kraft der
Dialektik der Geschichte gesetzt. Im Gedenken der Gräuel, die diese beiden
Nationen auf Dauer unversöhnlich trennen müssten, haben sie die Chance zu
einer Einstimmigkeit in der richtigen Tonlage gefunden, über die nur
verbitterte Zyniker spotten können.
5 Sep 2013
## LINKS
[1] /Joachim-Gauck-auf-Versoehnungstour/!123174/
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Joachim Gauck
Francois Hollande
SS-Massaker
Schwerpunkt Frankreich
Waffen-SS
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NSA
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