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# taz.de -- Suizidankündigungen auf Twitter: „Niemand kann mich aufhalten“
> Hilferuf oder makaberer Scherz? Immer wieder kündigen Menschen auf
> Twitter ihren Selbstmord an – und suchen vor allem Aufmerksamkeit.
Bild: Kann eine Plattform wie Twitter zur Suizidprävention dienen?
BERLIN taz | „Ich werde Tabletten nehmen und mich selbst töten. Niemand
kann mich aufhalten.“ Ende August schreckte die Polizei in Toronto auf,
weil sie auf [1][Tweets der Nutzerin @ButerasCandiess] aufmerksam gemacht
worden war, die mit einem Countdown ihren Tod ankündigte.
Zahlreiche andere Nutzer hatten bis dahin erfolglos versucht, sie
umzustimmen. Erst als die Nutzerin vom Polizeieinsatz hörte, gab sie ihre
Twittermeldungen als Scherz zu erkennen. Ihr sei es darum gegangen, mehr
Abonennten zu bekommen, gab sie in den darauffolgenden Tagen zu.
Viele Twitter-Nutzer zeigten sich empört, auch vor dem Hintergrund, dass
[2][@ButerasCandiess] in ihren Suizid-Tweets immer wieder die amerikanische
Sängerin Ariana Grande erwähnte. War das Ganze vielleicht nur eine makabere
Promotion für das neue Album von Grande?
Trotz solcher Fehlalarme rät der Geschäftsführer der Polizeilichen
Kriminalprävention Deutschland Andreas Meyer grundsätzlich Tweets ernst zu
nehmen, die auf einen bevorstehenden Selbstmord hinweisen. „Jeder hat da
eine moralische Pflicht zu reagieren. Entweder durch den Versuch, den
Nutzer umzustimmen oder indem er die Polizei informiert.“
Suizid sei zwar keine Straftat, allerdings bestehe akute Lebensgefahr,
sodass die Polizei verpflichtet sei, dem Hinweis nachzugehen. Oft gilt
dabei der Paragraf 34 im Strafgesetzbuch als Rechtsgrundlage. Demnach ist
eine Tat gerechtfertigt, wenn sie Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre
oder Eigentum abwendet. „Damit bekommen wir auch Informationen von
Providern, um Nutzer ausfindig zu machen“, erklärt Meyer.
„Menschen, die einen Suizid auf einer Plattform wie Twitter ankündigen,
zeigen vor allem, dass sie Hilfe brachen“, sagt Diplom Psychologe Georg
Fiedler, stellvertretender Leiter des Therapiezentrums für Suizidgefährdete
in Hamburg. Vor allem bei jungen Menschen sei so ein virtueller Hilferuf
sehr verbreitet. Mit anderen Menschen persönlich zu sprechen, falle
Jugendlichen oft schwer. Um Hilfe und Gleichgesinnte zu finden, scheine das
Web der passendere Ort zu sein.
Auch Fiedler rät dazu, solche Ankündigungen ernst zu nehmen. „Schon die
direkte Kontaktaufnahme kann im Ernstfall Erleichterung für den Betroffenen
bedeuten. Allerdings muss man sich für diesen Austausch Zeit nehmen.“
Zusätzlich sollte immer die Polizei informiert werden, die dann weitere
Maßnahmen ergreifen könne.
## Demi Moore verhinderte Selbstmord
Dass allein die Reaktion von anderen Twitter-Nutzern oder der Polizei von
einem Selbstmord abhalten kann, zeigt ein prominenter Fall aus dem Jahr
2010. Über Twitter erhielt die Schauspielerin Demi Moore den verzweifelten
Tweet eines jungen Mannes, der ankündigte, sich umzubringen. „Rufst du
wirklich um Hilfe?“, fragte Moore zurück und übermittelte den Satz an mehr
als 2,5 Millionen Abonnenten.
Als der Junge mit „Ja“ antwortete, schritt die griechisch-kanadische
Schauspielerin und Regisseurin Nia Vardalos ein, die die Tweets verfolgte.
Sie alarmierte ein Suizid-Präventionszentrum, das mit der Hilfe der Polizei
dafür sorgte, dass dem jungen Mann geholfen wurde.
Trotz solcher Fälle ist sich Fiedler jedoch sicher, dass eine
Kommunikationsplattform wie Twitter nicht die persönliche und
professionelle Hilfe ersetzen kann.
11 Sep 2013
## LINKS
[1] http://twitter.com/ButerasCandiess/status/372796060407562240
[2] http://twitter.com/ButerasCandiess
## AUTOREN
Louisa Wittke
## TAGS
Suizid
Twitter / X
Risiko
Suizid
Zürich
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