# taz.de -- Arte-Doku über Nan Goldin: Inside, outside | |
> Die Skandalfotografin Nan Goldin spricht offen über ihr bewegtes Leben. | |
> Dennoch bleibt am Ende der Doku das Gefühl, dass sie nicht alles | |
> preisgibt. | |
Bild: Nan Goldin erklärt ihre Fotografien in der Berlinischen Galerie. | |
„Wir hatten unsere eigene Welt. Und wir kümmerten uns umeinander.“ So fasst | |
Nan Goldin die zwanzig Jahre zwischen 1970 und 1990 zusammen, genauer | |
gesagt die Art, wie sie diese Epoche lebte und fotografierte: Und mit | |
diesen Bildern von sich und ihren FreundInnen – nackt, auf Drogen, nach dem | |
Sex, oder gezeichnet von HIV – wurde die Fotografin berühmt. | |
Ihr Freundeskreis war ihre Familie, der sich zu einem großen Teil aus der | |
Queer- und Transszene zusammensetzte und sich diese eigene Welt aufgebaut | |
hatte. Abhängigkeit und Anderssein gehörten genauso dazu wie Party und | |
Kunst machen. | |
Neugierig und fasziniert von Untergrundszenen sind Leute heute noch | |
genauso, und deswegen wohl sind Goldins Werke nach wie vor beliebt. Bei | |
ihren beiden letzten Ausstellungen in Berlin 2009 und 2010/2011 herrschte | |
großer Andrang. | |
Mittlerweile gibt es viele FotografInnen, die versuchen, Menschen aus | |
bestimmten Szenen krass-realistisch darzustellen. Was Goldin jedoch | |
besonders macht, ist ihre Nähe zum Objekt, sie war selbst Teil der Momente, | |
die sie dokumentiert. So lichtete sie sich auch oft selbst ab – etwa | |
nachdem sie von ihrem Freund verprügelt wurde. Ihr Blick kommt deswegen nie | |
von oben herab, sie bezieht keine Position des Außen. | |
Dies schafft auch die Regisseurin Sabine Lidl mit ihrer Doku: intim das | |
Leben von Nan Goldin darzustellen. Zu Beginn war Sabine Lidl die | |
Maskenbildnerin des Films. Weil sie die Person war, mit der Nan Goldin, wie | |
sie selbst sagt, arbeiten konnte, übernahm sie die Regie. An Orte ihres | |
früheren und heutigen Lebens begleitet Lidl die Fotografin. | |
## Nackt in Berlin | |
Neben New York sind das vor allem Paris und Berlin. So begegnet Goldin im | |
Film ihren FreundInnen an der Spree, die sie damals fotografierte und mit | |
denen sie noch in Kontakt ist: Zu Beginn des Films klingelt Goldin bei dem | |
Schauspieler Clemens Schick, und gemeinsam erzählen sie, wie sich einst | |
kennenlernten und eine Nacht miteinander verbrachten. | |
Auch bei Käthe Kruse von der 1980er-Jahre-Punkband [1][Die Tödliche Doris] | |
schaut sie vorbei. Kruse rückt Goldins Fotos in ihren zeitlichen Kontext, | |
als sie sagt, dass das Nacktsein damals normaler war, dass man eben einfach | |
oft zusammen nackt war. | |
## Alles wird Pointe | |
Die seitdem vergangene Zeit sieht man Goldin an. „Ich sollte tot sein von | |
dem, was ich körperlich durchlebt habe“, sagt sie. Wenn sie heiter über ihr | |
Leben spricht, sucht und findet sie immer die Pointe. Zwischendurch slidet | |
sie auf ihrem Smartphone zwischen Bildern hin und her und zeigt diese der | |
Kamera – vielleicht so etwas wie die zeitgenössische Form ihrer damals | |
berühmten Diashows. | |
Der Film ordnet die Künstlerin nicht in ihre Kunstumgebung ein, beschäftigt | |
sich nicht mit der Szene dahinter, sie als Person steht im Fokus. | |
Goldin spricht offen über intime Momente, doch erfährt man ihre wahren | |
Gedanken? Bei allem Erzählen von Sex, Liebe, Freundschaft, Familie kann man | |
sich des Gefühls nicht erwehren, dass dahinter noch eine andere Ebene ist – | |
eine, über die Goldin gerade nicht reden will. | |
12 Sep 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.die-toedliche-doris.de/ | |
## AUTOREN | |
Marion Bergermann | |
## TAGS | |
Arte | |
Dokumentation | |
Fotografie | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Schwules Museum Berlin: Im besten Sinne unpädagogisch | |
Nach langen Jahren am Berliner Mehringdamm eröffnet das Schwule Museum in | |
der Lützowstraße von Neuem. Das Konzept ist dasselbe. |