# taz.de -- Keiner will Rückmeldegebühr zurück: Zu bequem fürs Kleingeld | |
> Obwohl sie Anspruch auf die Erstattung ihrer Semestergebühren haben, | |
> fordern tausende ehemalige Studenten das Geld nicht ein. Das Land spart | |
> so Millionen. | |
Bild: Könnten ein wenig mehr Knete in der Tasche haben, wenn sie denn wollten:… | |
Mehr als 100.000 ehemalige Berliner Studierende haben sich ihre zu Unrecht | |
erhobenen Semestergebühren noch nicht zurückgeholt. Das | |
Bundesverfassungsgericht hatte die Rückmeldegebühr der Jahre 1996 bis 2004 | |
vor einem Jahr als verfassungswidrig eingestuft. Die 51 Euro pro Semester | |
werden deshalb erstattet – einen entsprechenden Antrag vorausgesetzt. | |
Obwohl die Frist zum Jahresende ausläuft, haben an der Technischen | |
Universität (TU) von etwa 80.000 Berechtigten nur die Hälfte eine | |
Erstattung beantragt. An der Humboldt Universität (HU) waren in der Zeit | |
75.000 Studenten immatrikuliert, bis heute liegen der Uni aber nur 22.700 | |
Anträge vor. | |
„Ich denke der Hauptgrund ist, dass die meisten Leute gar nicht davon | |
wissen“, sagt Lucas Feicht von Asta der Freien Universität (FU), denn | |
persönlich benachrichtigt wurden die ehemaligen Studenten nicht. „Wir | |
vermuten, der bürokratische Weg ist zu lang“, sagt Olinka Bordo, Referentin | |
für Soziales im ReferentInnen-Rat der HU. Dieser „bürokratische Weg“ | |
beschränkt sich allerdings auf einen formlosen Antrag. „Hier in der | |
Beratung rufen viele an, die nicht recht wissen, wie sie das machen | |
sollen“, sagt Bordo. Womöglich habe sich die Uni mit Informationen zurück | |
gehalten, weil sie das Geld vorstrecken müsse. | |
Die Universitäten bekommen die Summe der zurückgezahlten Gebühren, die sich | |
auf mehrere Millionen Euro belaufen wird, erst im Nachhinein vom Land | |
erstattet. Für die Hochschulen bedeutet die Prüfung der Anträge viel | |
Aufwand. Die Universität der Künste (UdK) beschäftigt zwei Kräfte in | |
Vollzeitstellen allein dafür. Andere, wie die Beuth Hochschule für Technik, | |
stemmen den Aufwand mit bestehendem Personal und sind dadurch „sehr stark | |
gefordert“, sagt Beuth-Sprecherin Claudia Strohstein. So kommt es an | |
manchen Einrichtungen zu großen Stapeln und langen Wartezeiten: Bei der FU | |
liegen etwa 17.500 Anträge auf Halde, die Wartezeit beläuft sich mitunter | |
auf über drei Monate. | |
Vielleicht sei manchen ehemaligen Studenten der vergleichsweise kleine | |
Betrag den Aufwand nicht wert, vermutet Lina Möller vom Asta der TU. „Wer | |
nur zwei oder drei Semester studiert hat, bekäme nur 50 oder 100 Euro.“ | |
sagt sie. | |
Weil auch kleinere Summen zusammen einen großen Betrag ergeben, kursieren | |
inzwischen Aufrufe, das zurückerhaltene Geld zu spenden – und es zu diesem | |
Zweck erst einmal einzufordern. Auch die Hochschulen beteiligen sich an den | |
Aufrufen und liefern die Vorschläge gleich mit: Die TU schlägt ihren | |
ehemaligen Studenten vor, den Betrag für Deutschlandstipendien zu stiften, | |
an der HU sähe man das Geld gerne im Verein StudentenRat, der damit | |
Projekte für die Lehre bezahlen will. | |
Einige Asten aber fordern gemeinsam mit dem Netzwerk Selbsthilfe, das Geld | |
politischen Projekten zukommen zu lassen. Da die jahrzehntelange | |
Aufrechterhaltung der Klage gegen die Gebühr eine politische Aktion gewesen | |
sei, sollte das Geld damit wieder an politische Aktionen zurückfließen, | |
sagt Katja Grabert vom Netzwerk: „Die Kläger waren politisch engagierte | |
Einzelleute und heute profitieren alle davon.“ Beim Netzwerk Selbsthilfe | |
sind laut Grabert bis jetzt einige Tausend Euro eingegangen. Hier werden | |
die Spenden an selbstorganisierte politische Gruppen verteilt, wie etwa die | |
Medizinische Flüchtlingshilfe, die Linken Buchtage und verschiedene | |
antifaschistische Aktionen. Gibt der Spender das Schlagwort Bildung an, | |
fließe das Geld ausschließlich in Bildungsprojekte. | |
1 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Maja Beckers | |
## TAGS | |
Berlin | |
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