| # taz.de -- Ein rätselhafter Bär: Sie wollen ihre Ruhe haben | |
| > Das mongolische „Jahr des Gobibären“ geht zu Ende. Größere Aufmerksamk… | |
| > tut not. Über den kleinen Racker ist bis heute wenig bekannt. | |
| Bild: Auf der Spur des Gobibären… | |
| „Werdet selten!“ (F. Nietzsche) | |
| Man weiß nicht, ob die Absicht der mongolischen Regierung, 2013 zum „Jahr | |
| des Gobibären“ zu erklären, die internationale Gobibärforschung befördert | |
| hat oder ob es umgekehrt war. | |
| Fest steht, dass wir heuer mehr über den seltenen Gobibären wissen als noch | |
| vor einigen Jahren: unter anderem, dass es nur noch 20 bis 60 Exemplare | |
| dieses Tieres gibt, das von den Mongolen Mazaalai genannt wird. Sie leben | |
| in drei Gebirgszügen der westlichsten Ausläufer der Wüste Gobi – in der | |
| nahezu menschenleeren Umgebung der Oasen Baruun Tooroi und Shar Khulsny | |
| Bulag. Es handelt sich dabei um eine kleine Form des Braunbären, die heute | |
| den zentralasiatischen Isabellbären zugerechnet wird. Diese Bezeichnung | |
| bezieht sich auf ihr „isabellfarbenes“ Fell, eine Farbbezeichnung, die wohl | |
| auf Isabella von Kastilien zurückgeht. | |
| Sie gelobte 1601, dass sie ihr weißes Hemd nicht eher wechseln wolle bis | |
| ihr Mann, Albrecht VII. von Habsburg, die Stadt Ostende, die er belagerte, | |
| erobert habe. Da die Belagerung drei Jahre, drei Monate und drei Tage | |
| dauerte, sah ihr Hemd dementsprechend aus. | |
| Auf [1][gobibaer.de] heißt es, dass die „rotbraunen bis sandfarbenen“ Tiere | |
| erstmalig um 1900 von zwei russischen Botanikern entdeckt wurden, in ihrem | |
| „Feldtagebuch“ notierten sie: „Heute haben wir in den nördlichen | |
| Vorgebirgen des Cagan-Bogdo in einem trockenen und breiten Sajr… endlich | |
| einen Gobibären zu sehen bekommen. Er lief ohne Hast den Grund des Tales | |
| entlang, dunkelbraun, mit Fetzen von längerem und hellerem Haar, das nach | |
| dem Haarwechsel an dem dunkelbraunen Pelz hing. Der Bär beschnupperte etwas | |
| anscheinend auf der Suche nach Nahrung.“ | |
| 1943 bestätigte ein mongolisch-sowjetisches Forschungsteam ihre | |
| Beobachtungen, 1953 gelang es lokalen Wissenschaftlern, ein Jagdverbot für | |
| den Gobibären durchzusetzen, 1975 wurde sein Verbreitungsgebiet in einer | |
| Größe von 52.000 Quadratkilometern zum Naturschutzgebiet erklärt: „Great | |
| Gobi Strictly Protected Area“, heute kurz GGSPA genannt. | |
| ## Die Klmaerwärmung hat Schuld | |
| Dass die kleine Population dennoch weiter abnahm, führen Gobibärforscher | |
| auf die Klimaerwärmung zurück, was die dort ohnehin sehr geringen | |
| Wasservorkommen weiter verringere. Vertreter der „National Commission for | |
| Conservation of Endangered Species“ der Mongolei erwägen eine regelmäßige | |
| Zufütterung sowie die Züchtung der Bären in Gefangenschaft. | |
| Der amerikanische Bärenforscher Harry Reynolds, der bereits 2005 zusammen | |
| mit kanadischen Biologen ein „Mongolian-American Gobi Bear Project research | |
| program“ initiierte, meint jedoch: „Das Wichtigste ist, sie in Ruhe zu | |
| lassen. Ihre Lebensweise ist derart prekär, dass die kleinste Störung ihr | |
| völliges Aussterben bewirken kann. Sie haben allerdings bewiesen, dass sie | |
| sich an extreme Lebensbedingungen anpassen können.“ | |
| Der ehemalige mongolische Umweltminister Damdin Tsogtbaatar sieht in den | |
| Anstrengungen zum Schutz des Gobibären, die ihren Ausdruck unter anderem im | |
| „Jahr des Gobibären 2013“ finden, ein Beispiel für einen anderen Umgang m… | |
| Tierarten, die wir an den Rand des Aussterbens gebracht haben. Das | |
| beinhaltet, dass es die Menschen – Jäger – waren, die die | |
| Gobibär-Population derart reduzierten. Der Umweltminister erinnerte in | |
| diesem Zusammenhang an die wilden Przewalski-Pferde, die in den | |
| Sechzigerjahren in der Mongolei ausgerottet wurden. Nur zwölf überlebten – | |
| in europäischen Zoos, von wo aus ihre Nachkommen in den neunziger Jahren | |
| wieder in der mongolischen Steppe ausgewildert wurden. | |
| ## Der Bär, der sich entzieht | |
| Beim Gobibären halten sich die direkten Beobachtungen bis heute in Grenzen. | |
| Es existieren nur wenige Fotos und seit 2004 ein bisschen Filmmaterial – | |
| als es gelang, Aufnahmen mit einer automatischen Kamera zu machen. Die | |
| sichersten Nachweise lieferte ein amerikanischer Genetiker in den achtziger | |
| Jahren, der durch das Auslegen von Drähten an vorher eingerichteten | |
| Futterstellen Haare gewinnen konnte. Leider war es aber auch damals nicht | |
| möglich, die Tiere direkt zu beobachten. Genetische Untersuchungen | |
| erbrachten jedoch einen Beweis dafür, dass es sich um eine eigene Tierart | |
| handelt. Zweifelsfrei konnten 13 verschiedene Individuen identifiziert | |
| werden. | |
| Über die Lebensweise dieser Tiere ist noch immer wenig bekannt. „Man weiß | |
| nicht zweifelsfrei, ob die Bären tag- oder nachtaktiv sind, wo sie | |
| überwintern, ob sie in Gruppen leben oder Einzelgänger sind. Selbst über | |
| die Ernährungsweise herrscht Uneinigkeit. Während russische Zoologen vom | |
| Pfeifhasenfresser sprechen, also von einem überwiegend sich von Fleisch | |
| ernährendem Tier, sehen mongolische Forscher den Gobibären als | |
| Pflanzenfresser, welcher als Hauptnahrung Bajuun-Wurzeln (dt. Kleiner | |
| Rhabarber, lat. Rheum nanum) im Frühjahr, ansonsten Beeren und andere | |
| Pflanzen zu sich nimmt.“ Dieser wilde Rhabarber war einst auch ein | |
| begehrtes Nahrungsmittel am Hof von Tamerlan in Samarkand. | |
| Die Internetseite [2][gobibaer.de] wird vom Landesbund für Vogelschutz in | |
| Bayern geführt, dieser finanzierte auch ein „Schutz- und | |
| Informationszentrum für den Gobibären in der Mongolei“, das 2012 eröffnet | |
| wurde – zusammen mit der Nationalen Universität der Mongolei in Ulaanbaatar | |
| und der Schutzgebietsverwaltung des Großgobi-Naturschutzgebietes, | |
| Bayuntooroi. | |
| ## Hohe Akzeptanz der örtlichen Bevölkerung | |
| „Von diesem Zentrum aus sollen konkrete Schutzmaßnahmen zum Erhalt des | |
| höchst bedrohten Gobibären gestartet werden.“ Im Vorfeld hatten die | |
| deutschen Gobibärschützer 2008 und 2009 bereits zwei „Expeditionen“ in das | |
| Verbreitungsgebiet des Gobibärs unternommen: „Die Expeditionen haben klar | |
| gezeigt, dass eine dringende Notwendigkeit besteht, für den Gobibären etwas | |
| zu unternehmen. Wir konnten frische Spuren finden, was bedeutet, dass der | |
| Bär noch in der Transaltaigobi vorkommt. Wir konnten ferner eine hohe | |
| Akzeptanz der örtlichen Bevölkerung und wichtiger Entscheidungsträger in | |
| der Mongolei erfahren. Das sind die Voraussetzungen vor Ort, um eine | |
| Station aufbauen zu können, die zum Überleben des Gobibären essentielle | |
| Voraussetzung ist.“ | |
| Bei der Konkretisierung des Projekts waren sich die deutschen und | |
| mongolischen Gobibärschützer nicht immer einig: „Wir haben in allen | |
| Gesprächen deutlich gemacht, dass es sich bei unserem Projekt um den Schutz | |
| des Gobibären in seinem Lebensraum handelt. Etwa 30 Kilometer von | |
| Bayantooroi entfernt hat eine mongolische Initiative einen anderen Weg zum | |
| Erhalt des Gobibären eingeschlagen. | |
| Es wurde eine Zuchtanlage gebaut, die aus engen Betonkäfigen besteht und wo | |
| es gelingen soll, den gefährdeten Gobibären zu züchten. Dazu sollen wilde | |
| Bären gefangen und hierher verbracht werden. Da nur wenig über die Biologie | |
| der Art überhaupt bekannt ist, die Populationen sehr klein und deshalb die | |
| Auswirkungen von Wildfängen kaum vorhersehbar sind, wird dieses Vorhaben | |
| von uns strikt abgelehnt.“ | |
| 6 Oct 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://gobibaer.de | |
| [2] http://gobibaer.de | |
| ## AUTOREN | |
| Helmut Höge | |
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